Abschnitt 3 - Arbeiten mit Lösemitteln
Im Etikettendruck kommen Druckfarben, Lacke und Klebstoffe zum Einsatz, die Lösemittel enthalten können. Insbesondere werden Lösemittel aber auch zum Entfernen von Farb- und Lackresten sowie von Fettrückständen und Klebstoffablagerungen eingesetzt.
Gesundheitsgefahren durch Lösemittel
Gelangen größere Mengen Lösemittel in den menschlichen Körper, rufen sie akute Beschwerden wie z.B. Schleimhautreizungen, Übelkeit und Schwindel hervor. Bei regelmäßiger Aufnahme von Lösemitteln über Jahre sind auch chronische Schädigungen des Nervensystems, der Leber und der Nieren möglich. Unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und Gedächtnisschwund haben mitunter ihre Ursache in einem jahrelangen Umgang mit Lösemitteln. Hauptaufnahmewege sind Einatmen und direkter Hautkontakt.
Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) regeln die maximal zulässige Konzentration an Lösemitteln in der Atemluft. Wenn diese Grenzwerte eingehalten werden, ist der menschliche Körper in der Lage, die aufgenommenen Lösemittelmengen ohne Nebenwirkungen wieder abzugeben.
Beim offenen Arbeiten mit leichtflüchtigen Lösemitteln werden Grenzwerte in der Regel überschritten. Der Einsatz schwerflüchtiger Lösemittel ermöglicht dagegen grundsätzlich die Einhaltung der Grenzwerte. Darüber hinaus ist jeder Mitarbeiter gefordert, selbst auch etwas für seine Gesundheit zu tun. Das bedeutet, Lösemittel sparsam zu verwenden und konsequent Schutzhandschuhe zu tragen.
Anforderungen an Druckfarben und Reinigungsmittel
Traditionell kommen im Etikettendruck leichtflüchtige Lösemittel zum Einsatz. Im Rahmen der hier beschriebenen "Guten Praxis" wird aufgezeigt, wie durch geeignete Substitution und einen sachgerechten Umgang weitgehend auf leichtflüchtige Lösemittel verzichtet werden kann.
Geeignet sind Reinigungsmittel mit guter Wirksamkeit und möglichst keinen oder zumindest wenigen Gefahrklassen-Piktogrammen auf dem Etikett
Der Einsatz geeigneter, schwerflüchtiger Lösemittel reduziert die Gesundheitsgefahren und die eingesetzte Lösemittelmenge deutlich. Die Verringerung der VOC-Emissionen (Volatile Organic Compounds) entspricht auch den Forderungen der 31. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) und des Brand- und Explosionsschutzes.
Der Einsatz von leichtflüchtigen Lösemitteln ist nur noch für ganz spezielle Reinigungstätigkeiten oder als Zusatz zum Feuchtwasser in Offsetdruckwerken zulässig.
Reinigungsmittel mit einem hohen Flammpunkt belasten die Atemluft wesentlich weniger
Bei der Verarbeitung von lösemittelhaltigen Flexo- und Tiefdruckfarben, Lacken sowie beim Einsatz von Isopropanol als Feuchtwasserzusatz in Offsetdruckwerken sind die Branchenregelungen zu den jeweiligen Druckverfahren zu beachten. In diesem Zusammenhang wird auf die → BG-Information 790-018 "Verpackungstief- und Flexodruck mit Lösemittelfarben" verwiesen.
Im Sinne der "Guten Praxis" sollen Druckfarben und Reinigungsmittel folgende Eigenschaften besitzen:
geringe Gesundheitsgefährdung
geringe Umweltbelastung
geringe Brand- und Explosionsgefahr
niedriges Freisetzungsverhalten
Die folgenden Kriterien sind direkt beim Einkauf von Druckfarben und Reinigungsmitteln zugrunde zu legen:
Entsprechend der Ausschlussliste der Europäischen Druckfarbenindustrie (EuPIA) dürfen nicht enthalten sein:
- A
Krebserzeugende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Stoffe und Zubereitungen, die als giftig (T) mit den Risikosätzen R 45, R 46, R 49, R 60, R 61 eingestuft und gekennzeichnet sind.
- B
Stoffe und Zubereitungen, die als sehr giftig (T+) oder giftig (T) mit den Risikosätzen R 23, R 24, R 25, R 26, R 27, R 28, R 39 und R 48 in Kombination mit R 23, R 24, R 25, R 26, R 27 oder R 28 eingestuft und gekennzeichnet sind.
- C
Lösemittel: Flüchtige Chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW) und Flourchlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW)
Als Reinigungsmittel ausgeschlossen werden zudem Zubereitungen mit besonderen Gefährdungen:
- A
Ausschluss von Zubereitungen mit hohen Gesundheitsgefahren mit den Risikosätzen R 33, R 34, R 35, R 40, R 41, R 42, R 43 sowie Lösemittel mit einem Arbeitsplatzgrenzwert kleiner 40 mg/m3.
- B
Ausschluss von Zubereitungen, die als umweltgefährlich (N) und gleichzeitig mit den Risikosätzen R 50, R 51, R 53, R 54, R 55, R 57, R 58, R 59 eingestuft und gekennzeichnet sind. Ebenefalls ausgeschlossen sind Zubereitungen, die der Wassergefährdungsklasse 3 (WGK 3) zugeordnet sind.
- C
Ausschluss von Zubereitungen mit erhöhten Brand- und Explosionsgefahren mit den Risikosätzen R 11, R 10, (Flammpunkt kleiner 55°C, im Siebdruck sind auch Produkte mit einem Flammpunkt größer 40°C zulässig).
Verwendung von Reinigern mit einem Flammpunkt größer 55°C bei manueller Anwendung und in automatischen Waschanlagen
In automatischen Wascheinrichtungen, mit Sprühdrucken größer 70 kPa und/oder Verwendung von bewegten Bürsten, muss das Waschgut leitend mit den Anlagenteilen verbunden sein und die Waschflüssigkeit eine ausreichende Leitfähigkeit (größer 10-9 S/m) aufweisen.
Das Sicherheitsdatenblatt muss detaillierte Informationen über die erforderlichen Schutzmaßnahmen, insbesondere hinsichtlich eines geeigneten Haut- und Handschutzes, enthalten.
Beispiele geeigneter Reinigungsmittel, ihre möglichen Einsatzbereiche sowie Ergebnisse von Praxistests sind im → BG-Infoblatt 542 zusammengefasst.
Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Lösemitteln
Auswahl der Arbeitsstoffe
Es sind nur Verfahren und Arbeitsstoffe einzusetzen, die dem Stand der Technik entsprechen. Ohne spezielle Explosionsschutzmaßnahmen dürfen nur Druckfarben, Lacke und Reinigungsmittel mit einem Flammpunkt größer 55° C (Siebdruck größer 40°C) zum Einsatz kommen (→ siehe Tabelle).
Technische Maßnahmen
Bevorzugter Einsatz von Waschmaschinen und Waschanlagen anstelle von Handreinigung
Auswahl von Reinigungsmitteln in Waschmaschinen und Waschanlagen nur gemäß den Herstellervorgaben zur bestimmungsgemäßen Verwendung
(→ siehe auch Kapitel 4 "Brand- und Explosionsschutz")
Einsatz von Waschmaschinen mit Verriegelung und Zuhaltung des Deckels
Die Lüftung der Arbeitsräume muss mindestens den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung(→ siehe dort Punkt 3.6 des Anhangs) entsprechen
Organisatorische Maßnahmen
Erstellung von Betriebsanweisungen und Gefahrstoffkataster
Regelmäßige Unterweisung der Mitarbeiter
Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit den Ersatzreinigungsmitteln
Keine Getränke und Lebensmittel am Arbeitsplatz
Rauchverbot einhalten
Reinigungsmittel stets sparsam verwenden
Vorratsbehälter für Reinigungsmittel geschlossen halten
Gebrauchte Putztücher in geschlossen gehaltenen Behältern sammeln
Putztuchbehälter bei einem Reinigungsmittel mit einem Flammpunkt kleiner 55° C täglich aus dem Arbeitsraum entfernen
Reinigungsmittel nicht mit heißen Oberflächen in Berührung bringen
Lagerung von lösemittelhaltigen/wassergefährdenden Stoffen in geeigneten Räumlichkeiten gemäß Betriebssicherheitsverordnung und Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS)
Geregelte Entsorgung nicht mehr benötigter, verbrauchter oder verschütteter Arbeitsstoffe sicherstellen
Die vorgegebene Gestaltung unterstützt die Mitarbeiter auch unter Praxisbedingungen, den Arbeitsplatz sauber und ordentlich zu erhalten
Persönliche Schutzmaßnahmen
Kontakt mit der Haut vermeiden und geeignete Schutzhandschuhe tragen (Durchbruchzeit/ Beständigkeit gemäß Herstellerinfo berücksichtigen)
Hautschutz- und Hautpflege beachten
Bei Spritzgefahr Schutzbrille tragen
Verschüttete Mengen sofort mit einem Putztuch aufnehmen
Mit Farben und Reinigungsmitteln durchtränkte Kleidung umgehend wechseln
Weitere Informationen
- →
BG-Information 790-018"Verpackungstief- und Flexodruck mit Lösemittelfarben"
- →
BG-Infoblatt 542 "Reinigungsmittel für den Etikettendruck"