DGUV Information 201-028 - Gesundheitsgefährdungen durch Biostoffe bei der Schimmelpilzsanierung

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Anhang 2 - Ermittlung der Expositionsstufen

In der nachfolgenden Tabelle sind typische Tätigkeiten bei der Sanierung von Schimmelpilzschäden und die zu erwartende Höhe der Exposition gegenüber Schimmelpilzen ("erhöht", "hoch" oder "sehr hoch") aufgeführt. Die Zuordnungen der Tätigkeiten beruhen sowohl auf Expositionsmessungen als auch auf Abschätzungen. Unter den bei der Sanierung auftretenden Biostoffen machen Schimmelpilze den größten Anteil aus. Aus diesem Grund wird für die Zuordnung der Sanierungstätigkeiten zu den Expositionsstufen die Schimmelpilzkonzentration in der Luft als Beurteilungskriterium herangezogen.

Die Exposition gegenüber luftgetragenen Biostoffen mit sensibilisierender oder toxischer Wirkung kann beispielsweise über einen Vergleich der Konzentration am Arbeitsplatz mit der Konzentration in der Außenluft beurteilt werden. Jahreszeitlich bedingt können die Hintergrundkonzentrationen für Schimmelpilze schwanken: Sie liegen bei ca. 200-800 KBE/m3 (Winter/Frühjahr) bzw. 1000-4000 KBE/m3 (Sommer/Herbst) in der Außenluft (Kolk et al., 2009).

Die Einteilung der Expositionsstufen bezieht sich auf einen Vergleich mit der Hintergrundkonzentration. Unterschieden werden Konzentrationsbereiche, die gegenüber der Hintergrundkonzentration als erhöht, hoch oder sehr hoch bezeichnet werden. Als weiteres Zuordnungskriterium wird die Staubexposition (A- und E-Staub) berücksichtigt.

Die Expositionshöhen werden wie folgt unterteilt:

Exposition "Erhöht"
Schimmelpilzexposition< 50 000 KBE/m3 und
StaubexpositionA-Staub < 1,25 mg/m3
E-Staub < 10 mg/m3
Exposition "Hoch"
Schimmelpilzexposition50 000-500 000 KBE/m3 oder
Staubexposition:A-Staub 1,25-12,5 mg/m3
E-Staub 10-100 mg/m3
Exposition "Sehr hoch"
Schimmelpilzexposition> 500 000 KBE/m3 oder
StaubexpositionA-Staub > 12,5 mg/m3
E-Staub > 100 mg/m3

Bei der Zuordnung wurde folgendes berücksichtigt:

  • Die Zuordnung bezieht sich, wenn nicht explizit anders dargestellt, auf die übliche Ausführungsweise dieser Tätigkeit ohne besondere technische Maßnahmen zur Verringerung der Sporenausbreitung (z. B. lokale Absaugung).

  • Für die Exposition gegenüber Schimmelpilzen existiert kein gesundheitsbasierter Grenzwert. Bei der Sanierung werden i.d.R. die Hintergrundwerte überschritten. Tätigkeiten mit einer erhöhten Exposition liegen im Sinne dieser Handlungsanleitung dann vor, wenn 50 000 KBE/m3 in der Atemluft der Beschäftigten unterschritten werden. Dieser Wert beruht auf Erfahrungen aus dem Abfallbereich und ist dort als technischer Kontrollwert (TKW) eingeführt.

  • Bei der Zuordnung der Tätigkeiten wurde neben der Schimmelpilzexposition auch die Staubbelastung am Arbeitsplatz berücksichtigt. Als Voraussetzung für die Zuordnung einer Tätigkeit zu der Exposition "Erhöht" ist gleichzeitig die Einhaltung des allgemeinen Staubgrenzwertes (TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte") zu gewährleisten. Die Zuordnung einer Tätigkeit zu Exposition "Hoch" erfolgt, wenn eine maximal 10-fache Überschreitung des allgemeinen Staubgrenzwertes vorliegt. Tätigkeiten mit einer höheren Staubexposition sind der Exposition "sehr hoch" zuzuordnen.

  • Der Überschreitungsfaktor von 10 ergibt sich aus der Schutzwirkung der Atemschutzgeräte (Halbmaske mit P2-Filter/partikelfiltrierende Maske FFP2), die bei Tätigkeiten mit hoher Exposition einzusetzen sind. Diese Geräte bieten Schutz bis zu einer 10-fachen Grenzwertüberschreitung (DGUV Regel 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten").

  • Da eine mögliche Korrelation zwischen Staub- und Schimmelpilzsporenkonzentration nicht für alle Tätigkeiten hinreichend belegt werden kann, kann die Unterschreitung des allgemeinen Staubgrenzwertes nicht zwangsläufig mit einer geringen Sporenkonzentration gleichgesetzt werden und umgekehrt.

  • Bei der Zuordnung der Tätigkeiten wurden Gebäudeschadstoffe (z. B. alte Mineralwoll-Dämmstoff, Asbest, teerhaltige Produkte) nicht berücksichtigt. Diese sind bei der Gefährdungsbeurteilung zusätzlich zu berücksichtigen.

Beispielhafte TätigkeitenZu erwartende Schimmelpilz- und Staubexposition
erhöhthochSehr hoch
Sanierung im Wandbereich
Fugendichtstoff (Silikon, Acryl) nach der Reinigung/Absaugung entfernenerhöht
Tapete trocken entfernenSehr hoch
Raumseitig befallene Tapete nach Absaugen der Oberfläche und Anfeuchten entfernenerhöht
Putz trocken entfernen - Abstemmen ohne staubbindende MaßnahmenSehr hoch
Betonschleifer/Putzfräse mit Absaugunghoch
Betonschleifer/Putzfräse mit Absaugung und lokaler Absaugung im Arbeitsbereicherhöht
Putz entfernen mit gekapseltem Hochdruckwasserstrahlverfahrenhoch
Trockenbauwände entfernenSehr hoch
Sanierung im Deckenbereich
Tapete trocken entfernenSehr hoch
Zwischendecken, abgehängte Decken öffnen und befallene Materialien (u. a. Dämmung) entfernenSehr hoch
Sanierung im Fußbodenbereich
Teppichboden (verklebt) nach dem Absaugen trocken entfernenSehr hoch
Ausbau verklebter Bodenbeläge (z. B. Parkett, PVC, Linoleum)Sehr hoch
Ausbau nicht verklebter, glatter Bodenbeläge (z. B. Parkett, Laminat)hoch
Aufgeständerte Bodenkonstruktion entfernenSehr hoch
Estrich und Dämmung trocken entfernenSehr hoch
Estrich und Dämmung trocken entfernen mit zusätzlicher Lüftung des unmittelbaren Arbeitsbereicheshoch
Sonstige Tätigkeiten
Entrümpeln/Räumen stark verunreinigter BereicheSehr hoch
Archivgut reinigen/räumen
(siehe auch TRBA 240)
Sehr hoch
Dämmmaterial (Mineralwolle/Zellulose/Holzfaserplatten) ausbauenSehr hoch
Schüttmaterial in Hohlraumkonstruktionen ausräumenSehr hoch
Bohren mit abgesaugten Gerätenerhöht