DGUV Information 201-027 - Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung

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Anhang 2 - Begriffsbestimmungen (Glossar)

Anomalie (Störpunkt/Störkörper)

Eine beim Sondieren mit Messgeräten (→ Sonde) durch einen physikalischen Kontrast festgestellte Abweichung von der zu erwartenden Regel.

Maßgeblich ist, dass die Anomalie in der Fläche als solche festgestellt werden kann, also eine "Ortsbestimmung" eines Störpunkts erfolgen kann. Die Anomalie kann einen Verdacht auf Kampfmittel begründen. Auf kampfmittelverdächtigen Flächen müssen Anomalien mit geeigneten Verfahren bzgl. des Kampfmittelverdachts verifiziert werden.

Die Abbildung der Anomalie in der geophysikalischen Detektion wird als Störpunkt bezeichnet. Ursache dafür sind die sogenannten Störkörper, d. h. die die Anomalie verursachenden Objekte.

Der Störpunkt kann durch:

  • einen kleinen Störkörper (z. B. einen Splitter, eine 2 cm Granate),

  • einen großen einzelnen Störkörper (z. B. eine 10,5 cm Granate oder eine Radfelge),

  • eine Zusammenballung bzw. Zusammenlage von mehreren Störkörpern (z. B. mehrere Splitter oder Geschosse/Granaten),

  • oder auch Schrauben/Nägel, Kistenbeschläge oder Ähnliches,

verursacht werden.

Inhaberin oder Inhaber eines Befähigungsscheins/Verantwortliche Person

Das SprengG unterscheidet zwischen mehreren Verantwortlichen Personen. Diese sind gemäß § 19 des SprengG

  • der Erlaubnisscheininhaber/Betriebsinhaber (§ 19 Abs.1 Nr.1),

  • die mit der Leitung des Betriebes, einer Zweigniederlassung oder einer unselbstständigen Zweigstelle (Räumstelle) beauftragte Person (§ 19 Abs. 1 Nr. 2),

  • das Fachtechnische Aufsichtspersonal (§ 19 Abs. 1 Nr. 3).

Verantwortliche Personen nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 müssen zur Ausführung ihrer Tätigkeit einen gültigen behördlichen Befähigungsschein gemäß § 20 SprengG zum Umgang mit Kampfmitteln besitzen und nach § 21 SprengG in einem Unternehmen mit Erlaubnis nach § 7 SprengG bestellt sein. Die Bestellung ist der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen (§ 21 Nr. 4 SprengG).

Verantwortliche Personen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 sind der zuständigen Behörde mit der Anzeige nach § 14 SprengG anzugeben.

Detektion

Sondierung mit einem geophysikalischen Verfahren.

ohne Aufzeichnung (Analog)

Die Messwerte werden unmittelbar bewertet.

Anwendung bei der vollflächig, punktuell bodeneingreifenden Kampfmittelräumung, bei der keine zeitliche Trennung zwischen Sondieren und Freilegen besteht.

mit Aufzeichnung (Digital)

Die Messwerte werden im Hinblick auf die spätere Aus- und Bewertung mittels elektronischer Datenerfassung auf einem Speichergerät gesichert (zeitliche Trennung von Sondierung und Freilegung).

Diese Anwendung ist besonders geeignet zur Dokumentation bei schrittweisem Vorgehen sowie zur Abschlussdokumentation.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer Modellierung der gefundenen Anomalien im Hinblick auf Tiefe, Lage und Gewicht des Störkörpers.

Bei Bohrlochsondierungen (Tiefensondierungen) ist die digitale Aufzeichnung obligatorisch.

Fundmunition (→ Kampfmittel)

Gefährdungsabschätzung (Pflicht des Auftraggebenden)

Die Gefährdungsabschätzung hat zum Ziel, eine kampfmittelverdächtige Fläche oder eine einzelne Fundstelle entweder aus dem Verdacht zu entlassen oder als kampfmittelbelastete Fläche oder Einzelfundpunkt festzustellen, zu charakterisieren sowie die Entscheidung über die zu ergreifenden Maßnahmen vorzubereiten.

Im Fall der Bestätigung des Kampfmittelverdachts ist im Rahmen der Gefährdungsabschätzung das Gefährdungspotential einer möglicher Explosions- und Detonationswirkung auf die im Wirkradius betroffenen Schutzgüter einzelfallbezogen und abschließend zu bewerten.

Die Gefährdungsabschätzung wird vor der Ausschreibung/Auftragsvergabe von den Auftraggebenden durchgeführt.

Gefährdungsbeurteilung (Pflicht der Unternehmerin oder des Unternehmers)

Die Gefährdungsbeurteilung beschreibt den Prozess der systematischen Ermittlung und Bewertung aller relevanten Gefährdungen, denen die Beschäftigten bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit ausgesetzt sind. Ziel ist es, Gefährdungen bei der Arbeit frühzeitig zu erkennen und mit Maßnahmen vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Unfällen präventiv entgegenzuwirken.

Handhabungsfähig

Sicherheit der Kampfmittel gegen ungewollte Wirkung ihrer gefährlichen Stoffe bei ordnungsgemäßer Handhabung unter Berücksichtigung der handhabungsbedingten Einwirkungen. Kampfmittel sind grundsätzlich als nicht handhabungsfähig zu betrachten, bis ein fachtechnisches Aufsichtspersonal das Kampfmittel als handhabungsfähig erklärt.

Historisch-genetische Rekonstruktion (HgR)

Ermittlung einer möglichen Belastung durch Kampfmittel durch Recherche der Verursachungsszenarien auf der Grundlage von Archivalien, Zeitzeugenbefragungen, Analyse von Kriegsluftbildern, bisher durchgeführten Räummaßnahmen und dergleichen.

Kampfmittel

Kampfmittel sind gewahrsamslos gewordene zur Kriegsführung bestimmte Stoffe und Gegenstände militärischer Herkunft und Teile solcher Gegenstände, die Explosivstoffe oder chemische Kampf-, Nebel-, Brand-, Reiz- oder Rauchstoffe enthalten; außerdem Kriegswaffen oder wesentliche Teile von Kriegswaffen.

Kampfmittel, die dieser Definition entsprechen, werden in anderen Dokumenten auch als Fundmunition bezeichnet (z. B. SprengG).

Kampfmittelfreiheit, Kampfmittelfreigabe, Frei von Kampfmittelverdacht

Beschreibt gemäß Kapitel 2 der BFR KMR die Situation der überprüften Fläche nach erfolgten Räum- und Beseitigungsarbeiten. Sie wird nach Abschluss der Arbeiten oder erfolgter Absuche unter Hinweis auf das Räumziel und die eingesetzte Technik erklärt (z. B. nach ATV DIN 18299 Abschnitt 0.1.17 VOB/C).

Ebenso wird hierdurch die Situation beschrieben, dass aufgrund des Ergebnisses einer HgR oder einer Auskunft der zuständigen Behörde das Antreffen von Kampfmitteln unwahrscheinlich ist.

KMBD, KMRD, KBD, MBD, KRD, ...

Abkürzungen für die mit der Beseitigung von Kampfmitteln beauftragten Dienststellen der Länder.

Räumstelle

Eine Räumstelle bezeichnet die mit Kampfmitteln belastete und zu räumende Fläche sowie zusätzliche Flächen, die zur Abwicklung der Räummaßnahme benötigt werden.

Im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 SprengG ist eine Räumstelle eine unselbständige Zweigstelle des ausführenden Unternehmens.

Separation, Separieranlage, Separieren des Aushubs

bezeichnet den Prozess der gezielten Abtrennung von Störkörpern aus Aushubmassen. Für die Trennung der "Bodenbestandteile" bzw. auch "Schuttbestandteile" und dergleichen werden in dafür mit besonderen Sicherheitseinrichtungen ausgestatteten Separieranlagen, Siebe, Magnetabscheider, Wirbelstromabscheider und ähnliche Geräte genutzt.

Schutzabstände

nach Anlage 1 zum Anhang der 2. SprengV sind dies zur Allgemeinheit (Verkehrswege) oder Nachbarschaft (Wohnbebauung) einzuhaltende Abstände.

Verkehrswege sind hierbei alle Straßen, Schienen- und Schifffahrtswege, die uneingeschränkt dem öffentlichen Verkehr zugänglich sind. Wohnbereich ist der außerhalb der Räumstelle befindliche Bereich bewohnter oder nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Personen bestimmte Gebäude.

Sicherheitsabstände (Nahbereich)

nach Anlage 2 zum Anhang der 2. SprengV sind dies die innerhalb der Räumstelle einzuhaltenden Abstände zwischen sich gegenseitig gefährdenden Bereichen. Zum Beispiel zwischen Separieranlage und Bereitstellungslager mit explosionsgefährlichen Kampfmitteln.

Sondieren (Sondierungsarbeit)

Vorgang der Messung von geophysikalischen Kennwerten zur Ermittlung von Anomalien mit dem Verdacht auf Kampfmittel mit Hilfe von Sonden (siehe auch "Sonde").

Sonde

ein technisches Gerät, mit dessen Hilfe Anomalien (→) mit Verdacht auf Kampfmittel erkannt und möglichst nicht nur in ihrer Lage, sondern, je nach Verfahren, auch in ihren Objekteigenschaften bestimmt werden können.

Transportfähig

durch das fachtechnische Aufsichtspersonal nach der Identifizierung des Kampfmittels getroffene Feststellung, ob oder unter welchen Auflagen dieses Kampfmittel transportiert werden kann.

Neben der Art des Kampfmittels sind dabei bereits erfolgte Zustandsveränderungen (z. B. durch Abschuss, Brandereignisse oder Alterung) sowie transportbedingte Einflüsse und Beanspruchungen zu berücksichtigen.

Die Transportfähigkeit von Kampfmitteln hinsichtlich der Beförderung/Verbringung nach den gefahrgutrechtlichen Bestimmungen ist nur von den zuständigen staatlichen Stellen festzustellen.