DGUV Information 209-054 - Tätigkeiten mit Kontakt zu Biostoffen in der Holz- und Metallindustrie

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Abschnitt 2.1 - B1 Wässrige Umlaufsysteme

Wässrige Systeme sind bei industriellen Prozessen häufig zu finden, zum Beispiel als

  • wässrige Reinigungssysteme,

  • offene und geschlossene Kühlkreisläufe,

  • wässrige Abschreckmedien,

  • Prozesswässer (z. B. bei Druckprüfung von Schiebern) und

  • wässrige Bearbeitungssysteme (z. B. wassergemischte Kühlschmierstoffe).

Informationen zur Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV

Wässrige Systeme, vor allem Umlaufsysteme, bieten Bakterien und Pilzen gute Lebensbedingungen. Neben der Grundvoraussetzung Wasser für ein Wachstum von Mikroorganismen spielen auch der Nährstoffgehalt, der Sauerstoffgehalt, die Temperatur, der pH-Wert, der mögliche Biozidgehalt und anderes eine entscheidende Rolle.

Grundsätzlich lässt sich sagen: Je weiter die Bedingungen des wässrigen Mediums in extremen "Randbereichen" liegen - zum Beispiel sehr hohe Temperaturen (über 60 °C), stark alkalischer (unter 3) oder saurer (über 11) pH-Wert -, desto geringer wird die Anzahl der Mikroorganismenarten, die dort noch wachsen können. Diese wenigen "Spezialisten" sind darüber hinaus oftmals so stark an ihr "extremes Milieu" angepasst, dass sie außerhalb davon nicht mehr existieren können und somit in der Regel auch keine Gesundheitsgefahr mehr für Beschäftigte darstellen.

Tabelle 5 Wachstumsbedingungen für biologische Arbeitsstoffe

ParameterEinflussBeispiele für Arbeitsbereiche/Verfahren
mitohne/geringe
Besiedlung durch biologische Arbeitsstoffe
Wasser, Feuchtigkeitzwingende Voraussetzung für mikrobielles WachstumAnwendung wassergemischter KühlschmierstoffeEinsatz nicht wassermischbarer Kühlschmierstoffe
Nährstoffezwingende Voraussetzung für mikrobielles WachstumLackiereinrichtungen mit Nassauswaschungin der Praxis nicht anzutreffen (teilweise reichen bereits sehr niedrige Nährstoffkonzentrationen aus, z. B. in VE-Wasser)
Temperaturoptimaler Temperaturbereich für die meisten Bakterien/Pilze:
20 bis 40 °C
Hochdruckreinigung mit wässrigen MedienReinigung mit Dampfstrahler
(> 80 °C)
pH-Wertca. pH 3 bis 11;
optimaler pH-Wert um den Neutralpunkt
wässriger Neutralreinigerwässrige, (heiße) alkalische Teilereinigung (pH 13)
Biozidgehaltbei Unterschreiten der minimalen Hemmkonzentration mangelhafte Biozid-Wirkungnicht konserviertes Befeuchterwasser in raumlufttechnischen Anlagen (RLT)sachgemäß konserviertes Befeuchterwasser
(z. B. Wasserstoffperoxid mit Metallkatalysator)

In diesen industriellen genutzten wässrigen Systemen werden überwiegend Bakterien aus der Umwelt nachgewiesen, die häufig im Wasser, im Boden und in der Luft vorkommen; das Infektionspotenzial ist in der Regel gering (Risikogruppen 1 und 2). Schimmelpilze siedeln sich bevorzugt an Oberflächen in "feuchten" Randbereichen, zum Beispiel Filtern, Rohrleitungssystemen, Anlagengehäusen an, wohingegen Hefen auch im wässrigen Medium vorkommen können. Schimmel- und Hefepilze zeichnen sich durch ein geringes Infektionspotenzial aus, allerdings kann ein Risiko für eine Sensibilisierung über die Atemwege bestehen.

Um einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten, werden dem Umlaufwasser unterschiedliche Chemikalien, wie Flockungsmittel und Biozide, zugegeben, um zum Beispiel schleimbildende Bakterien ("Biofilmbildung") zu vermeiden. Daher muss auch zusätzlich eine mögliche Gefährdung durch Gefahrstoffe berücksichtigt werden.

Besonders in betriebsfreien Zeiten (z. B. übers Wochenende, in Betriebsferien) kann es zu längeren Stillständen des wässrigen Umlaufsystems kommen. Das führt zwangsläufig zu sauerstoffarmen Verhältnissen im System und damit einem vermehrten Wachstum, besonders von anaeroben Bakterien ("Fäulnisbakterien"). Deshalb treten nach längeren Stillstandzeiten des Systems faulige Gerüche auf, die ein Zeichen für eine starke Besiedlung des Systems mit Bakterien sein können.

Eine mögliche Schimmelbildung ist meist schon mit bloßem Auge zu erkennen.

Eine erhöhte Gefährdung kann besonders dann vorliegen, wenn Beschäftigte bei Reinigungs- und Wartungsarbeiten (z. B. an Abscheidern) Hochdruckreiniger einsetzen und ungeschützt den "keimbelasteten" Sprühnebeln (Aerosole) ausgesetzt sind.

Gesundheitliche Aspekte

Für Tätigkeiten mit mikrobiell belasteten wässrigen Systemen sind keine Grenz- oder Richtwerte aus Sicht des Arbeits- und Gesundheitsschutzes aufgestellt .

Den Unfallversicherungsträgern sind bislang auch keine Infektionserkrankungen für diesen Tätigkeitsbereich angezeigt worden.

Bei umfangreichen Untersuchungen von wässrigen Betriebsproben ließ sich feststellen, dass ein Großteil der nachgewiesenen Schimmelpilze zu den Mycelia sterilia (sterile, unfruchtbare Pilze) gehören. Dabei handelt es sich um sterile Pilzgeflechte, die keine Sporenkörper ausbilden. Daher sind diese Pilze nicht in der Lage, sich über Sporen zu vermehren und aufgrund der fehlenden Sporenbildung ist auch kein oder nur ein geringes allergisches Potenzial vorhanden.

Eine Gefährdung durch Endotoxine (siehe auch Abschnitt A3) im Aerosol kann bestehen; eine inhalative Exposition kann sich durch Fieber und grippeartige Symptome äußern.

Maßnahmen

Die beste Methode zur Verringerung einer Gefährdung durch Biostoffe ist eine Belüftung durch Umwälzen auch in arbeitsfreien Zeiten sowie die regelmäßige und sorgfältige Wartung und Pflege des Systems. Die besonders bei wässrigen Systemen oftmals eingesetzte unbedarfte und häufig unkontrollierte Nutzung von Bioziden ist nicht das Mittel der Wahl. Vielmehr dürfen Biozide nur so gehandhabt werden, dass keine chemischen Gefährdungen entstehen. Nur sachkundiges Personal darf nach Angabe der Herstellfirma Biozidzugaben vornehmen.

Bei der Reinigung und Wartung von Anlagen sind die allgemeinen Hygienemaßnahmen der TRBA 500 einzuhalten. Je nach Gefährdungsbeurteilung sind geeignete persönliche Schutzausrüstungen in Form von flüssigkeitsdichten Chemikalienschutzhandschuhe und Schutzkleidung sowie Gesichtsschutz zu tragen.

Weiterführende Informationen zum Thema Hautschutz finden Sie in der TRGS 401.

Bei Tätigkeiten mit bereits sichtbarem Schimmelpilzbefall sollte darüber hinaus mindestens FFP2-Atemschutz getragen werden, bei längerfristigen Arbeiten und/oder starkem Befall FFP3.

B1.1
Tätigkeiten mit wassergemischten Kühlschmierstoffen

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Wassergemischte Kühlschmierstoffe werden bei der Metallzerspanung und -umformung als Hilfsstoffe eingesetzt. Die Anwendungspalette reicht von der offenen Anwendung an nicht gekapselten Maschinen mit entsprechenden Expositionsmöglichkeiten der Beschäftigten bis hin zu weitgehend gekapselten und mit Absaugungen versehenen Maschinen mit nur sehr geringer Kontaktmöglichkeit zum verwendeten Kühlschmierstoff.

Informationen zur Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV

Aufgrund ihrer Zusammensetzung unterliegen wassergemischte Kühlschmierstoffe bei der Anwendung zwangsläufig einer mikrobiellen Besiedlung.

Dabei handelt es sich überwiegend um typische "Umweltkeime", die häufig im Wasser, im Boden oder in der Luft vorkommen. Einige sind normale Besiedler der Haut des Menschen und werden über Abschilferungen in den Kühlschmierstoff eingetragen.

Zu den häufigsten Bakterienarten im Kühlschmierstoff gehören die Pseudomonaden (z. B. Pseudomonas oleovorans (übersetzt "Ölfresser") oder Pseudomonas alcaligenes (übersetzt "das Alkalische liebend"). An typischen Schimmelpilzen sind häufig Fusarien (fadenförmige Pilze) oder Arten nachweisbar, die in der Außenluft vorkommen.

Im Hinblick auf die mikrobielle Besiedlung von wassergemischten Kühlschmierstoffen gibt es keine Grenz- oder Richtwerte, ebenso lässt sich kein Zusammenhang zwischen Höhe der "Keimbelastung" und möglichen Erkrankungen feststellen.

Untersuchungen von Unfallversicherungsträgern der metallverarbeitenden Branchen zeigen, dass in der Luft an Kühlschmierstoffarbeitsplätzen die Belastung mit Bakterien in der Regel leicht erhöht ist, aber noch im Bereich der üblichen Hintergrundbelastung liegt.

Dahingegen ist eine Belastung mit Schimmelpilzen an Kühlschmierstoffarbeitsplätzen im Vergleich zur Außenluft nicht nachweisbar.

Gesundheitliche Aspekte

Neben einer möglichen Infektionsgefahr können im Einzelfall Gesundheitsgefährdungen durch allergene Wirkungen bestehen, besonders bei Tätigkeiten mit verstärkter Aerosolbildung ("Bioaerosole"), zum Beispiel Reinigungsarbeiten mit Hochdruckreinigern, Ausblasen von Werkstücken, Schleifarbeiten an nicht gekapselten Maschinen.

Beim Einatmen können toxisch-entzündliche Effekte der Atemwege mit grippeähnlichen Symptomen durch Endotoxine oder ähnlich wirkende Substanzen auftreten, die vorwiegend beim Absterben bestimmter Bakterien freigesetzt werden (z. B. nach Biozideinsatz).

Den Unfallversicherungsträgern sind bislang keine Infektionskrankheiten durch den Umgang mit wassergemischten Kühlschmierstoffen bekannt.

Allergien können als Einzelfallgeschehen in Form der "Maschinenarbeiterlunge" auftreten (EAA, siehe auch Abschnitt A3).

Maßnahmen

Die konkreten Schutzmaßnahmen zur Minimierung einer Gefährdung durch Biostoffe sind weitgehend identisch mit denen zur Verminderung der Belastung durch Gefahrstoffe. Sie werden in der DGUV Regel 109-003 "Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen" ausführlich beschrieben.

Die Maßnahmen konzentrieren sich auf

  • eine regelmäßige Wartung und Pflege,

  • hygienische Maßnahmen,

  • die Vermeidung von Hautkontakt,

  • emissionsmindernde Maßnahmen sowie

  • Betriebsanweisungen und Unterweisungen.

Bei Tätigkeiten mit nicht wassermischbaren Kühlschmierstoffen oder bei der Minimalmengenschmierung besteht kein Kontakt zu Biostoffen; sie fallen daher nicht in den Anwendungsbereich der BioStoffV.

Nach derzeitigem Wissensstand ist davon auszugehen, dass bei Einhaltung aller bereits bestehenden Vorschriften und Regelungen für den Bereich der Kühlschmierstoff-Anwendung ein sicherer Umgang mit keimbelasteten wassergemischten Kühlschmierstoffen gewährleistet und daher kein gesundheitlicher Schaden zu befürchten ist.

Weiterführende Literatur

  • DGUV Information 209-051 "Keimbelastung wassergemischter Kühlschmierstoffe"

  • Fachbereich Aktuell FBHM-056 "Richtiger Umgang mit Dip-Slides - Wachstumsverlaufskontrolle von Mikroorganismen in wassergemischten KSS"

B1.2
Tätigkeiten mit Neutralreinigern

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Wässrige Neutralreiniger werden zur Reinigung von Leichtmetallen eingesetzt, zum Beispiel von Aluminium- oder Magnesiumlegierungen. Sie sind frei von organischen Lösemitteln und reduzieren somit nicht nur die Luftbelastung und Brandgefahr im Arbeitsbereich, sondern auch gesundheitliche Gefährdungen durch sensibilisierend und toxisch wirkende Gefahrstoffe. Daraus ergibt sich der Vorteil einer guten biologischen Abbaubarkeit der Reiniger, jedoch verbunden mit dem Nachteil eines unerwünschten mikrobiellen Befalls mit verkürzter Standzeit und möglichen Gesundheitsgefährdungen der Beschäftigten durch Biostoffe.

Informationen zur Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV

Aufgrund des hohen Wasseranteils und des neutralen pH-Bereichs bieten wässrige Reiniger für die meisten Mikroorganismen ideale Wachstumsvoraussetzungen.

Einige Teilereinigungsanlagen ("Waschmaschinen") sind nicht vollautomatisiert und/oder gekapselt und müssen noch von Hand bestückt und entladen werden. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass Beschäftigte Kontakt zum Reinigungsmittel haben und besonders beim Öffnen der Maschine, nach Beendigung des Reinigungsvorgangs, auch mikrobiell belasteten Aerosolen ("Bioaerosolen") ausgesetzt sind.

Auch Anlagen mit fehlender Absaugung führen zu einer insgesamt höheren Belastung der Luft im Arbeitsbereich.

Bei sogenannten Heißreinigern wird die Reinigungsflüssigkeit auf etwa 65 °C erhitzt. Dadurch wird die Anzahl der Mikroorganismen zwar automatisch reduziert, aber auch bei diesen Temperaturen können noch bestimmte Bakterienarten (z. B. thermophile [= wärmeliebende] Actinomyceten) überleben, aufgrund ihrer Fähigkeit, Sporen als widerstandsfähige Dauerformen auszubilden.

Gesundheitliche Aspekte

Mögliche Gesundheitsgefährdungen können vor allem durch Einatmen der "keimbelasteten" Aerosole/Dämpfe entstehen. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn es sich bei den Reinigungstätigkeiten um Dauerarbeitsplätze handelt, oder bei Instandhaltungsarbeiten innerhalb gekapselter Anlagen (z. B. Filterreinigung in Teilereinigungsanlagen). Auch sind entzündliche Atemwegsreaktionen durch Endotoxine nicht ausgeschlossen.

Maßnahmen

Zur Vermeidung oder Reduzierung einer starken Aerosolbildung sollten Teilereinigungsanlagen möglichst gekapselt sein und/oder über eine geeignete Absaugung verfügen (Schwadenkondensatoren).

Das Reinigungsmedium und die Anlage müssen regelmäßig gewartet und gepflegt werden.

Bei Instandhaltungsarbeiten innerhalb gekapselter Anlagen sollten flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe und Atemschutz (bei Aerosolbildung) sowie Schutzkleidung benutzt werden.

Bei Tätigkeiten an Pinselwaschtischen mit wässrigen Reinigungsmedien kommt es in aller Regel zu einem intensiven Hautkontakt mit der Reinigungsflüssigkeit. Aufgrund der entfettenden Wirkung müssen geeignete Schutzhandschuhe getragen werden, die auch die mögliche Gefahr einer Hautinfektion verhindern.

B1.3
Tätigkeiten an Lackiereinrichtungen mit Nassauswaschung

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Zum Abscheiden von Aerosolen beim Spritzlackieren können Lackiereinrichtungen mit Nassauswaschung eingesetzt werden. Die nicht am Werkstück anhaftenden Lacktröpfchen werden durch eine gerichtete Luftströmung erfasst und durch Aufprall auf wasserumströmte Bleche im Umlaufwasser abgeschieden. Um einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten, werden dem Umlaufwasser unterschiedliche Chemikalien, wie Flockungsmittel und Biozide, zugegeben. Der Betrieb erfolgt meist unregelmäßig, sodass das Umlaufsystem in der arbeitsfreien Zeit (nach Schichtende, am Wochenende) nicht bewegt wird.

Informationen zur Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV

Umlaufwasser werden in der Regel von Mikroorganismen der Risikogruppen 1 und 2 besiedelt.

Gefährdet sind jedoch weniger die Spritzlackierer und Spritzlackiererinnen selber, da diese in den meisten Fällen ohnehin aufgrund der Gefahrstoffproblematik Atemschutz tragen, sondern vielmehr diejenigen, die Reinigungs- und Wartungsarbeiten am Abscheider durchführen.

Eine starke Verkeimung der Abscheider tritt vorwiegend bei langen Stillstandszeiten und unzureichender Pflege auf. Besonders das Auftreten von fauligen Gerüchen nach Stillstandszeiten ist ein Zeichen für eine starke Besiedlung des Systems mit Bakterien. Bei stark mikrobiell belasteten Anlagen und nachfolgender Biozidzugabe muss auch von einer erhöhten Endotoxin-Belastung ausgegangen werden. Eine mögliche Schimmelbildung ist häufig schon mit bloßem Auge zu erkennen.

Gesundheitliche Aspekte

Bei Reinigungs- und Wartungsarbeiten an stark mikrobiell belasteten wässrigen Kreisläufen besteht grundsätzlich eine Infektionsgefahr. Beim Einatmen können darüber hinaus toxisch-entzündliche Effekte der Atemwege mit grippeähnlichen Symptomen durch Endotoxine oder ähnlich wirkende Substanzen auftreten, die vorwiegend beim Absterben bestimmter Bakterien freigesetzt werden, (z. B. nach Biozideinsatz).

Eine erhöhte Erkrankungsrate bei Beschäftigten, die Reinigungs- und Wartungsarbeiten an Lackiereinrichtungen mit Nassauswaschung ausführen, ist bislang bei den Unfallversicherungsträgern nicht dokumentiert worden.

Maßnahmen

Die beste Methode zur Verringerung einer Gefährdung durch Biostoffe ist eine Belüftung durch Umwälzen auch in arbeitsfreien Zeiten sowie die regelmäßige und sorgfältige Wartung und Pflege des Systems. Nur sachkundiges Personal darf nach Angabe der Herstellfirma Biozidzugaben vornehmen.

Bei der Reinigung und Wartung der Anlagen sollten, zusätzlich zur Beachtung der allgemeinen Hygienemaßnahmen der TRBA 500, geeignete persönliche Schutzausrüstung in Form von flüssigkeitsdichten Chemikalienschutzhandschuhe, Schutzkleidung sowie Atemschutz (mindestens FFP2) und bei Bedarf Gesichtsschutz getragen werden.

Bei Lackiereinrichtungen mit Nassauswaschung und Abluftführung in die Außenluft muss die 42. Bundesimmissionsschutzverordnung (42. BImSchV) berücksichtigt werden (siehe auch Abschnitt B1.5). Damit sind entsprechend hohe Anforderungen an die Überprüfung des Abscheidewassers verbunden, weshalb eine Umrüstung gerade kleinerer Anlagen auf Trockenabscheidung sinnvoll sein kann.

Von einer Rückführung aerosolhaltiger Luft in den Arbeitsbereich muss abgeraten werden.

B1.4
Tätigkeiten an Fahrzeugwaschanlagen

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Betriebliche und gewerbliche Fahrzeugwaschanlagen stellen in aller Regel kreislaufgeführte wässrige Systeme dar. Das Fahrzeugwaschwasser wird mit Hilfe physikalischer, chemischer und/oder biologischer Verfahren aufbereitet und wiederverwendet. Die Aufbereitung dient vorwiegend dem Entfernen von Schmutzpartikeln, Ölresten und anderen Verunreinigungen. Bei dem aufbereiteten Wasser handelt es sich somit um Brauchwasser, das einer Besiedlung mit Mikroorganismen unterliegt.

Informationen zur Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV

Bei Tätigkeiten in Fahrzeugwaschanlagen können Beschäftigte mit mikrobiell belastetem Waschwasser oder entsprechend benetzten Anlagenteilen in Kontakt kommen, zum Beispiel bei

  • der manuellen (Vor-)Wäsche von Fahrzeugen,

  • Reinigungs-, Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten an Fahrzeugwaschanlagen und

  • Aufenthalten in direkter Nähe von laufenden Waschanlagen, z. B. zu Kontrollzwecken, Störungsbeseitigung.

Beschäftigte sind besonders gefährdet, wenn sie Tätigkeiten im Bereich der Fahrzeugwaschanlage ausüben, die mit einer starken Aerosolbildung verbunden sind oder im Bereich einer starken Vernebelung von mikrobiell belastetem Brauchwasser erfolgen, zum Beispiel:

  • Wartungs- und Reinigungsarbeiten mit Hochdruckreinigern an Teilen der Brauchwasseraufbereitungsanlage oder in der Waschhalle

  • Vorreinigung der Kraftfahrzeuge mit Hochdruckreinigern, die, entgegen der grundsätzlichen Empfehlung, nicht mit Frischwasser befüllt sind.

Untersuchungen von Luft- und Waschwasserproben aus Portalwaschanlagen und Waschstraßen für PKW, Nutzfahrzeuge und Bahnen haben gezeigt, dass die im Waschwasser vorkommenden Bakterien, Hefen und Schimmelpilze zu den typischen Umweltorganismen gehören und in die Risikogruppen 1 und 2 eingestuft sind.

In Anlagen mit biologischer Aufbereitung (z. B. Belebungsbecken, Füllkörper) konnten keine höheren mikrobiellen Belastungen festgestellt werden als in Anlagen mit anderen Aufbereitungsverfahren. Ein unerwünschter zusätzlicher Eintrag von Mikroorganismen in das Waschwasser findet somit nicht statt.

Durchgeführte Luftmessungen in Fahrzeugwaschanlagen zeigten weiterhin, dass die Luft im Arbeitsbereich der Waschanlage im Vergleich zur Außenluft höher mit Bakterien belastet ist. Durch den Waschprozess werden folglich hauptsächlich Bakterien aus dem Waschwasser als Bioaerosol in die Luft eingetragen.

Die im Arbeitsbereich nachgewiesenen Schimmelpilze sind in Art und Menge weitgehend identisch mit denen in der Außenluft.

Ein Grenz- oder Richtwert für die mikrobielle Belastung von Waschwasser in Fahrzeugwaschanlagen existiert in Deutschland nicht.

Gesundheitliche Aspekte

Vom Organismenspektrum her dominieren im Regelfall Bakterien; Schimmelpilze spielen keine, Hefen nur eine untergeordnete Rolle.

Häufig in der Diskussion stehende Mikroorganismen, wie Salmonellen, Legionellen oder Candida albicans (Hefepilz), waren in den Untersuchungen verschiedener Unfallversicherungsträger nicht nachweisbar.

Darüber hinaus liegen auch keine Hinweise auf eine Häufung von Infektionskrankheiten oder Allergien bei Fahrzeugpflegerinnen und Fahrzeugpflegern vor.

Maßnahmen

Die grundlegenden Hygienemaßnahmen der TRBA 500 sind anzuwenden.

Manuell betriebene Hochdruckreiniger, zum Beispiel zur Vorreinigung von Fahrzeugen, dürfen nur mit Trinkwasser befüllt und betrieben werden. Sofern die Geräte über längere Zeit nicht genutzt werden, ist darauf zu achten, dass im Gerät vorhandene Wasserreservoirs vollständig entleert werden.

Dauerarbeitsplätze sollten nicht im Bereich der Waschhalle mit starken Vernebelungen von Brauchwasser (Bioaerosolbildung) eingerichtet sein.

Bei Service-, Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten in Fahrzeugwaschanlagen mit Gefahr einer Durchnässung ist auf flüssigkeitsdichte persönliche Schutzausrüstung zu achten.

Bei starker Vernebelung von Brauchwasser, beispielsweise bei Wartungs- und Reparaturarbeiten an laufenden Anlagen sowie bei der Gefahr von Spritzwasserbildung, sollten zusätzlich auch Schutzbrille und Atemschutzmaske (mindestens FFP2) getragen werden.

Weiterführende Literatur

B1.5
Tätigkeiten mit möglichem Kontakt zu Legionellen

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Legionellen sind in der Umwelt natürlich vorkommende wärmeliebende Bakterien. Sie kommen in geringer Zahl in Oberflächengewässern, wie Flüssen und Seen, im Grundwasser aber auch im Trink- und Brauchwasser vor. Es gibt über 60 verschiedene Arten; einige von ihnen sind Infektionserreger, allen voran die Art Legionella pneumophila (Serogruppe 1).

Bei Instandhaltungen und Servicetätigkeiten an Warmwassersystemen oder wässrigen Kühl- und Abscheidesystemen muss mit dem Vorkommen von Legionellen gerechnet werden.

Neben betriebseigenen Beschäftigten, die Tätigkeiten an Warmwassersystemen ausführen, sind vor allem Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Sanitär-, Heizung-, Klima (SHK)-Handwerks betroffen.

Ebenfalls betroffen sind Beschäftigte, die Überwachungstätigkeiten nach der 42. Bundesimmissionsschutz-Verordnung (BImSchV) an Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern ausführen.

Darüber hinaus muss beachtet werden, dass bei entsprechenden Tätigkeiten im Ausland oftmals von häufigeren und stärkeren Legionellen-Belastungen auszugehen ist, zum Beispiel aufgrund klimatischer Bedingungen.

Informationen zur Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV

In Warmwassersystemen und bei Tätigkeiten mit kreislaufgeführtem Warmwasser besteht das Risiko eines Legionellenwachstums.

Die Legionellen können sich in "Biofilmen", die an Rohrleitungen und an den Wänden von Wasserspeichern haften, und vor allem in Amöben (tierische Einzeller), die im Wasser vorkommen, vermehren. Dabei spielt die Wassertemperatur eine entscheidende Rolle.

Auch wenn Legionellen wärmeliebend sind, können sie bei niedrigen Temperaturen überleben, ihre Wachstumsfähigkeit (Vermehrung) ist aber eingeschränkt.

Ab 20 °C nimmt die Wachstumsrate deutlich zu mit einem Optimum im Bereich zwischen 30 °C - 45 °C. Oberhalb einer Wassertemperatur von 60 °C erfolgt allmählich, in Abhängigkeit von der Zeitdauer, ein Absterben: je höher die Temperatur ist, desto kürzer ist die Absterbephase. Bei 70 °C werden Legionellen bereits nach wenigen Sekunden abgetötet.

Ein vermehrtes Wachstum von Legionellen wird beispielsweise begünstigt durch:

  • Warmwassersysteme mit dauernden Betriebstemperaturen im Risikobereich zwischen 25 ° - 55 °C

  • ungenügend fließendes, stehendes Wasser (Stagnation), zum Beispiel aufgrund von Verzweigungen, Ablagerungen, Blindleitungen, selten oder längere Zeit nicht genutzten Wasserleitungen und Wassersysteme, auch Wasser in Schläuchen

  • nicht ausreichend wärmeisolierte Wasserleitungen in Gebäuden

  • ein überdimensioniertes Wassersystem (mangelnde Durchströmung des Leitungssystems)

  • mangelnde Wartung (z. B. Biofilmbildung und/oder hohe Gesamtkoloniezahl).

Besonders Bereiche in denen Wasser fein "zerstäubt" wird (z. B. durch Duschen, Klimaanlagen, Luftbefeuchter, Springbrunnen, Wasserberieselung) stellen Risikobereiche dar.

Gesundheitliche Aspekte

Wird mit Legionellen belastetes Sprühwasser (Bioaerosol) eingeatmet, können zwei unterschiedliche Krankheitsbilder auftreten: eine schwere Lungenentzündung (Legionellose), die unbehandelt sogar zum Tod führen kann, oder das häufiger vorkommende "Pontiac-Fieber", eine grippeähnliche Erkrankung mit selten schweren Verläufen. Eine Infektionsdosis ist nicht bekannt, auch gibt es bislang keine Schutzimpfung. Besonders gefährdet sind Menschen mit Grunderkrankungen oder geschwächtem Immunsystem und (ehemalige) Raucher; Männer erkranken häufiger.

Ein versehentliches Verschlucken von legionellenbelastetem Wasser oder ein Hautkontakt stellt keine Infektionsgefahr dar, ebenso erfolgt keine Übertragung von Mensch zu Mensch.

Maßnahmen

Grundsätzliches

Bei der regelmäßiger Instandhaltung und Reinigung der Warmwassersysteme ist die Bildung einatembarer Bioaerosole unbedingt zu vermeiden. Ist das nicht möglich, sollte unbedingt Atemschutz (mindestens FFP2) getragen werden (siehe auch Abschnitt A7).

Die Einzelkomponenten der Systeme sollten dem Stand der Technik entsprechen und leicht zu reinigen und bei Bedarf zu desinfizieren sein. Geräte und Anlagen sollten bei Nichtbenutzung gereinigt und in trockenem Zustand aufbewahrt werden.

Ein langfristiger Biozideinsatz sollte vermieden werden, da er zur Ausbildung von Resistenzen führen kann; oxidierende Desinfektionsmittel sind zu bevorzugen (z. B. Chlor, Wasserstoffperoxid).

Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) regelt die Untersuchungen von Wasserproben auf Legionellen in Großanlagen zur Trinkwassererwärmung und unterscheidet zwischen gewerblichen Anlagen und Anlagen zur öffentlichen Abgabe von Warmwasser. Hier sind Untersuchungsfristen vorgegeben, in denen der technische Maßnahmewert von maximal 100 KBE/100 ml an Legionellen zu kontrollieren ist.

Bei Überschreitung besteht Meldepflicht an das Gesundheitsamt und die Verpflichtung zu Abhilfemaßnahmen (z. B. Ortsbesichtigung, Überprüfung des Stands der Technik, Gefährdungsbeurteilung, Festlegung von Schutzmaßnahmen; Kontrollprobenahme).

Anlagen, bei denen es zu Legionellenbefall oder anderen hygienischen Problemen gekommen ist, sollten mit einem Maßnahmenpaket entsprechend den Vorgaben aus der DIN 1988-200 (Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen) und nachfolgender thermischer oder chemischer Desinfektion gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 551 und DVGW-Arbeitsblatt W 557 saniert werden.

Eine Verbreitung Legionellen-kontaminierter Aerosole kann auch von Verdunstungskühlanlagen (VKA), Nassabscheidern oder Kühltürmen ausgehen. Mit der 42. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (42. BImSchV) ist am 19.07.2018 die Anzeigepflicht für VKA, Nassabscheider und Kühltürme in Kraft getreten. Darunter fallen sowohl kleinere Rückkühlwerke, wie sie zur Klimatisierung von Hotels, Bürogebäuden oder Krankenhäusern verwendet werden, als auch Kühlsysteme und Nassabscheider großer Industrieanlagen.

In der 42. BImSchV sind Referenz-, Prüf- und Maßnahmenwerte festgelegt, die nach Überschreitung ein abgestuftes Vorgehen an weiteren Maßnahmen erforderlich machen. Der Nachweis von Legionellen im Rahmen der regelmäßigen vierteljährlichen Untersuchungen des Nutzwassers ist dabei kein technischer Kontrollwert, sondern ein hygienisch relevanter Parameter, da ein erhebliches Gesundheitsrisiko besteht.

Zum Vorkommen von Legionellen in Raumlufttechnische Anlagen mit Luftbefeuchtung siehe Abschnitt B2.3 Instandhaltung von raumlufttechnischen Anlagen.

Weiterführende Literatur

  • Robert Koch Institut - Primärprävention von Legionellosen (RKI - Legionellose - Primärprävention von Legionellosen

  • Fachartikel "Handlungshilfe zur Umsetzung der 42. Bundes-Immissionsschutzverordnung (42. BImSchV)", veröffentlicht in Gefahrstoffe Reinhaltung der Luft , VDI Fachmedien, Ausgabe 11-12 / 2020, S. 427-431.