BGI 761 - Lärmschutz-Arbeitsblatt LSA 04-602 Geräuschminderung im Bauwesen; Lärmminderung bei der Betonfertigteilherstellung

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Abschnitt 2 BGI 761 - Entwicklung

In der Vergangenheit angewendete Lärmminderungsmaßnahmen, wie Bedämpfung und Abschirmung der Schalungsflächen oder Frequenzvariation der Rüttler führten nur zu Teilerfolgen, deren Entlastungswirkung für die Beschäftigten in den Fertigteilwerken positiv, aber nicht ausreichend waren.

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Bild 1: Schüttelanlage zur Herstellung von Doppelwandelementen

Der erste wirklich durchgreifende Erfolg der Bemühungen um Lärmminderung bei der Betonfertigteilherstellung wurde mit der Entwicklung eines konstruktiv vollkommen neukonzipierten Kipptisches im Rahmen eines bereits 1985 abgeschlossenen Forschungsvorhabens erreicht [2]. Mit diesem Kipptisch, der unter der Bezeichnung "NUCRI I" in Produktion ging, konnte erstmals während der Verdichtung ein Schallpegel unterhalb von 85 dB(A) erreicht werden.

Als hemmend bezüglich der Verbreitung dieser lärmgeminderten Konstruktion erwiesen sich jedoch anfänglich die relativ hohen Anschaffungskosten des neuen Kipptisches, die vorwiegend auf die große Zahl der erforderlichen Rüttler zurückzuführen waren. Da sich die bei der Neukonstruktion zugrunde gelegten Erkenntnisse zudem nicht auf vorhandene Kipptische oder andere Schalungen in Form einer Nachrüstung übertragen ließen, hat sich lange Zeit an der Lärmsituation in den Fertigteilwerken wenig geändert.

Erst durch die Neuentwicklung der Unwuchterregung und die Weiterentwicklung der Konstruktion des "NUCRI"-Kipptisches zum Modell "NUCRI II" konnten die Herstellungskosten des lärmgeminderten Kipptisches deutlich gesenkt werden. Mit Unterstützung der Bau-Berufsgenossenschaften wurden in der Vergangenheit einige dieser lärmgeminderten Kipptische in Fertigteilwerken aufgestellt und damit die Lärmbelastung der Beschäftigten deutlich verringert.

Parallel zu dieser Entwicklung wurden im Rahmen von zwei vom damaligen Bundesministerium für Forschung und Technologie geförderten Forschungsvorhaben [3], [4], in enger Zusammenarbeit mit einem Fertigteil-Hersteller und mit Unterstützung der Bau-Berufsgenossenschaft Frankfurt am Main, eine Reihe von Lärmminderungsmaßnahmen entwickelt und erprobt, die unabhängig vom Schalungstyp sowohl bei der Neukonstruktion berücksichtigt als auch an bestehenden Schalungen nachträglich realisiert werden können.

Eine für die Herstellung von Betonfertigteilen vollkommen neue Verdichtungsmethode, stellt die "Schütteltechnik" dar, bei der die Unwuchterregung in horizontaler Richtung erfolgt. Zwar wurde bereits in den 60-iger Jahren in mehreren Arbeiten über Untersuchungen an horizontal angeregten Vordichtungsanlagen berichtet, jedoch wurden erst ca. 25 Jahre später in Schweden die ersten serienreifen Schüttelanlagen realisiert [5] und wenig später auch in Deutschland auf den Markt gebracht. Wiederum durch die Unterstützung der Bau-Berufsgenossenschaften aber auch durch das Engagement einiger Fertigungsbetriebe hat diese geräuscharme Technik zunehmend Anwendung in den Betonfertigteilwerken gefunden. Bild 1 zeigt eine moderne Schüttelanlage zur Herstellung von Doppelwandelementen.

Der Einsatz der lärmarmen Rüttel- und Schütteltechnik beschränkte sich allerdings bisher im Wesentlichen auf die Herstellung von plattenförmigen Bauteilen wie Wand- und Deckenelementen. Jedoch wird die Entwicklung von Schüttelsystemen zur Fertigung anderer, z.B. stabförmiger Fertigteile oder Rohre stetig vorangetrieben, so dass sich die Produktpalette für die Anwendbarkeit der Schütteltechnik ständig vergrößert. Bemerkenswerte Erfolge an einer 72 m langen Pi-Bahn mit Pendelrüttler-Antrieb werden in [6] beschrieben.

Trotz der beachtlichen Lärmminderungserfolge, die durch den Einsatz von lärmgeminderten Rütteltischen und Schütteltischen erzielt werden, ist es noch immer notwendig, auch Lärmminderungsmaßnahmen an herkömmlichen Schalungen zu beschreiben, da sich die lärmarmen Verdichtungs-Prinzipien bisher noch nicht für jede Art der Fertigteilproduktion einsetzen lassen. Außerdem müssen viele Bauteile noch mit den bestehenden herkömmlichen Anlagen produziert werden. Zudem ist auf Grund der langen Nutzungsdauer der Schalungen davon auszugehen, dass selbst bei sukzessiver Umrüstung innerhalb eines Betriebes noch lange Zeit herkömmliche Anlagen neben den lärmarmen Anlagen betrieben werden. Deshalb ist es weiterhin erforderlich, auch die Möglichkeiten der Lärmminderung an herkömmlichen Rüttelanlagen zu nutzen, um die Lärmbelastung der Arbeitnehmer in den Fertigteilwerken auf ein möglichst niedriges Niveau senken zu können.