DGUV Information 209-042 - Gefahrstoffe in Schreinereien/Tischlereien und in der Möbelfertigung Handhabung und sicheres Arbeiten

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Abschnitt 12.2 - 12.2 Lacke, Beizen, Holzöle

Für Spritzlackierarbeiten von Hand gelten bei Verwendung branchenüblicher Lacksysteme und Beizen folgende Festlegungen:

  • Bei einer Verarbeitungsmenge von weniger als 0,5 kg pro Schicht muss entweder an einer Spritzwand mit wirksamer technischer Lüftung gearbeitet oder es müssen gleichwertige organisatorische Maßnahmen angewendet werden (zum Beispiel Sicherstellung einer wirksamen freien Lüftung und zeitliche oder räumliche Trennung von Spritzlackierarbeiten und anderen Arbeiten).

  • Bei einer Verarbeitungsmenge von mehr als 0,5 kg pro Schicht muss an einem Spritzstand oder in einer Spritzkabine mit wirksamer technischer Lüftung gearbeitet werden

    (Hilfe zur Abschätzung: Mit einer Lackmenge von 0,5 kg kann eine Fläche von ca. 4 m2 lackiert werden).

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Weitere Informationen siehe DGUV Regel 109-013 "Schutzmaßnahmenkonzept für Lackierarbeiten - Lackaerosole" und DGUV Information 209-014 "Lackieren und Beschichten". Informationen zum Brand- und Explosionsschutz siehe DGUV Information 209-046 "Lackierräume und einrichtungen für flüssige Beschichtungsstoffe - Bauliche Einrichtungen, Brand- und Explosionsschutz, Betrieb" und DGUV Regel 113-001 "Explosionsschutz-Regeln (EX-RL)".
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Abb. 12.1
Lackierer beschichtet ein Werkstück an einer Spritzwand im Sprühverfahren

12.2.1 Nitro-Lacke

Nitro-Lacke (Nitrocellulose-/NC-Lacke) haben einen sehr hohen Lösemittelanteil. Sie härten durch Verdampfen der Lösemittel aus. Gesundheitsgefahren ergeben sich durch:

  • Einatmen von Lösemitteldämpfen oder Aerosolen, wie sie beim Spritzlackieren auftreten können

  • Haut- und Augenkontakt (Reiz- oder Ätzwirkung). Zudem entfetten die Lösemittel die Haut und können sogenannte hautresorptive Stoffe enthalten, die sowohl über eine vorgeschädigte als auch eine intakte Haut in den Körper aufgenommen werden.

12.2.2 PUR-Lacke

PUR-Lacke sind überwiegend 2-Komponenten-Reaktionslacke mit Isocyanaten als Härter. Sie können zusätzlich Lösemittel enthalten. Die Isocyanate können sowohl nach Einatmen als auch bei Hautkontakt allergische Reaktionen auslösen. Bei bestehender Sensibilisierung sollten die Beschäftigten keinen weiteren Umgang mit Isocyanaten haben. PUR-Lacke wirken stark reizend auf die Haut und auf die Schleimhäute der Augen und Atemwege und schädigen innere Organe. Bei der Verwendung von stark lösemittelhaltigen PUR-Lacken (über 15 % Lösemittel) für Parkett und andere Holzfußböden ist von einer Überschreitung der Arbeitsplatzgrenzwerte auszugehen (siehe auch TRGS 617).

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Ab August 2023 muss der Inverkehrbringer oder die Inverkehrbringerin von Stoffen und Gemischen, die monomeres Diisocyanat mit einem Gehalt von mehr als 0,1 % enthalten, Schulungen zur sicheren Handhabung von Diisocyanaten anbieten. Für die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen bedeutet das, dass alle Beschäftigten, die mit diesen Stoffen arbeiten oder in Kontakt treten, nachweislich geschult werden müssen. Die verpflichtende Schulung entbindet nicht von der regelmäßigen Unterweisungspflicht durch den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin. Im Gegensatz zur Unterweisung bietet die Schulung allerdings detaillierte Inhalte, zum Beispiel zu den chemischen Eigenschaften von Diisocyanaten.

12.2.3 Polyesterlacke

  • Polyesterlacke (UP/UPE-Lacke) sind Mehrkomponenten-Reaktionslacke, die durch Polymerisation aushärten. Im Folgenden werden die typischen Hauptkomponenten und die entsprechenden Gesundheitsgefahren aufgelistet:

  • Stammlack, der in Styrol gelöste ungesättigte Polyesterharze enthält. Der Stammlack ist üblicherweise gesundheitsschädlich, reizt die Haut, Augen und Atemwege und schädigt die Organe bei längerer oder wiederholter Exposition. Er kann zudem Hautallergien verursachen. Bei bestehender Sensibilisierung sollten die Beschäftigten keinen weiteren Umgang mit Polyesterlacken haben. Aufgrund des enthaltenen Styrols wirkt der Stammlack vermutlich reproduktionstoxisch.

  • Härter, der in der Regel organische Peroxide in Lösemitteln enthält. Härter wirken insbesondere stark ätzend und können daher schwere Haut- und Augenschäden verursachen.

Die enthaltenen Peroxide sind in der Regel sehr instabil. Sie können sich bei Einwirkung von Wärme, Licht oder Verunreinigungen (zum Beispiel Rost, Metallspäne) unter Freisetzung von Sauerstoffgas schnell zersetzen. In geschlossenen Gefäßen kann es dadurch zu einem Druckaufbau und zum Bersten des Gebindes kommen.

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Die unsachgemäße Handhabung der Härter kann Brände oder Explosionen verursachen.

Härter, die Peroxide enthalten, sollten daher kühl, dunkel und in Behältern mit Überdrucksicherung gelagert werden. Verunreinigungen sind unbedingt zu vermeiden. In der Regel müssen Härter getrennt von brennbaren Stoffen gelagert werden.

  • Beschleuniger, in der Regel Kobaltverbindungen (in Lösemitteln gelöst, zum Beispiel in Kohlenwasserstoffen). Die Verbindungen sind in der Regel haut- und augenreizend, können allergische Hautreaktionen verursachen und wirken reproduktionstoxisch. Bei bestehender Sensibilisierung sollten die Beschäftigten keinen weiteren Umgang mit diesen Substanzen haben. Häufig haben Beschleuniger auch eine organschädigende Wirkung.

In vielen Stammlacken ist bereits der Beschleuniger enthalten ("vorbeschleunigte Polyesterharze"). Wird der Polyesterlack selbst angemischt, muss unbedingt zunächst der Beschleuniger in den Stammlack eingerührt und gut durchmischt werden. Erst im Anschluss darf der Härter zugegeben werden.

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Niemals Härter und Beschleuniger vormischen, da sonst die Gefahr einer heftigen Reaktion besteht (unter Umständen Explosion).

Polyesterlacke härten unter starker Wärmeentwicklung aus. Sind im Lackierraum (zum Beispiel auf Filtermatten) noch entzündbare Reste anderer Beschichtungsstoffe vorhanden (zum Beispiel Nitrolacke), kann es zur Entzündung kommen. Maßnahmen zur Vermeidung von Bränden beim wechselweisen Verarbeiten verschiedener Beschichtungsstoffe werden in der DGUV Information 209-046 "Lackierräume und -einrichtungen für flüssige Beschichtungsstoffe - Bauliche Einrichtungen, Brand- und Explosionsschutz, Betrieb" beschrieben.

12.2.4 Wasserlacke

Wasserlacke können in wasserlösliche und wasserverdünnbare Systeme eingeteilt werden.

  • Wasserlösliche Lacke

    Das Bindemittel ist ein in organischen Lösemitteln vorgelöstes Harz, zum Beispiel Acrylat, das durch Neutralisation (Salzbildung) mit Aminen in eine wasserlösliche Form gebracht wird. Der Anteil an organischen Lösemitteln kann bis zu 25 % betragen. Eine Exposition ist somit gegenüber dem Bindemittel, den Aminen und dem Lösemittel gegeben.

  • Wasserverdünnbare Lacke

    Die Bindemittel in diesen Lacken sind wasserunlöslich. Sie werden bei der Herstellung des Lacks mit Hilfe oberflächenaktiver Substanzen äußerst fein in Wasser verteilt. Durch diesen Prozess entfällt die Mitverwendung von "Hilfslösemitteln" oder Aminen. Eine Exposition ist somit gegenüber dem Bindemittel und den oberflächenaktiven Substanzen gegeben.

Gesundheitsgefährdungen können durch Einatmen der Lackaerosole und durch Haut- oder Augenkontakt mit dem Lack entstehen.

Bei Lacksystemen auf der Basis von Epoxidharzen können besonders bei Hautkontakt allergische Reaktionen ausgelöst werden. Bei bestehender Sensibilisierung sollten die Beschäftigten keinen weiteren Umgang mit Epoxiden haben.

12.2.5 UV-Lacke

UV-Lacke (UV-härtende Lacke) enthalten neben Photoinitiatoren reaktive polymerisierbare Bindemittel, zum Beispiel ungesättigte Polyester- oder Acrylatharze, die durch UV-Strahlung aushärten. Aus verfahrenstechnischen Gründen erfolgt die Verarbeitung in der Regel in weitgehend geschlossenen Anlagen mit Absaugung.

Gesundheitsgefahren können sich ergeben durch:

  • Einatmen von Lösemitteldämpfen (zum Beispiel bei Beschickungs- und Reinigungsvorgängen)

  • Haut- und Augenkontakt, wegen einer möglichen reizenden oder ätzenden Wirkung des Lacks. Bei Hautkontakt kann zudem die Gefahr einer Sensibilisierung durch allergieauslösende Inhaltsstoffe bestehen. Bei bestehender Sensibilisierung sollten die Beschäftigten keinen weiteren Umgang mit diesen Stoffen mehr haben.

  • Haut- und Augenschädigung durch aus der Anlage austretende UV-Streustrahlung

  • Einatmen von Ozon

12.2.6 Lösemittel-Beizen

Lösemittel-Beizen haben einen sehr hohen Lösemittelanteil, der bei der Trocknung verdampft. Gesundheitsgefahren ergeben sich durch:

  • Einatmen von Lösemitteldämpfen oder Aerosolen, wie sie beim Spritzlackieren auftreten können. Eine Überschreitung der Arbeitsplatzgrenzwerte ist zu erwarten.

  • Haut- oder Augenkontakt (reizende, ätzende oder gesundheitsgefährdende Wirkung)

  • Hautentfettende Wirkung

  • Sogenannte hautresorptive Stoffe, die sowohl über eine vorgeschädigte als auch über die intakte Haut in den Körper aufgenommen werden können

12.2.7 Wasser-Beizen

Wasser-Beizen werden meist mit Pinsel oder Schwamm aufgetragen. Gesundheitsgefahren können sich durch direkten Hautkontakt ergeben (zum Beispiel durch die allergisierende Wirkung von Konservierungsmitteln wie Isothiazolinonen).

Da sich die Farben nur schwer wieder von der Haut entfernen lassen, kann es beim nicht fachgerechten Händereinigen mit aggressiven Methoden zu Hautschädigungen kommen (siehe auch Abschnitt 15.3 "Persönliche Schutzmaßnahmen - Hautmittel").

12.2.8 Öle und wachshaltige Produkte

Öle ("Naturöle", "Naturhartöle") und wachshaltige Produkte (z. B. Bienenwachs) enthalten meist pflanzliche Öle (z. B. Leinöl, Citrusschalenöl, Terpentinöl); einige Systeme enthalten auch Spezialbenzine oder andere Lösemittel. Der Auftrag erfolgt typischerweise im Streich- oder Sprühverfahren. Gesundheitsgefahren können besonders beim Sprühen durch Einatmen von Lösemitteldämpfen sowie bei Hautkontakt entstehen (mögliche sensibilisierende Wirkung von einzelnen Inhaltsstoffen wie Terpentinöl, Kobaltsikkativen, Isocyanaten, Butanonoxim). Bei der Verwendung von stark lösemittelhaltigen Oberflächenbehandlungsmitteln (über 15 % Lösemittel) für Parkett und andere Holzfußböden ist von einer Überschreitung der Arbeitsplatzgrenzwerte auszugehen (siehe auch TRGS 617).

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Abb. 12.2
Oberflächenbehandlung eines Werkstücks im Streichverfahren mit einem Pinsel

Von lösemittelfreien Ölen und Wachsen gehen in der Regel keine Gesundheitsgefahren aus (siehe auch TRGS 617).

Öle und Wachse können Butanonoxim enthalten. Dieser Stoff ist hautsensibilisierend und steht im Verdacht Krebs auslösen. Es wird daher empfohlen, butanonoximfreie Produkte einzusetzen.

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Lappen, Filzpads, Tücher oder Schwämme, die mit Ölen (zum Beispiel Holz-, Hart- oder Hartwachsöle) getränkt sind, können sich unter gewissen Umständen von selbst entzünden. Die Entzündung erfolgt dabei typischerweise erst nach mehreren Stunden, manchmal sogar erst nach einigen Tagen.

Ölige Lappen, Schwämme oder Ähnliches dürfen niemals achtlos liegen gelassen werden! Während der Arbeit müssen die benutzten Lappen immer ausgebreitet abgelegt oder am besten gleich in einem luftdicht verschlossenen Metallgefäß gelagert werden. Zur Entsorgung müssen die ölgetränkten Lappen, Schwämme oder Ähnliches zunächst in einen Eimer Wasser getaucht und komplett durchnässt werden. Anschließend müssen sie ausgebreitet im Freien getrocknet werden. Erst nach vollständiger Trocknung und Aushärtung des Öls darf die Entsorgung über den Hausmüll erfolgen.

Tabelle 3 Schutzmaßnahmen

ProduktAbsaugungccc_1674_as_28.jpgAtemschutz *
Lösemittelhaltige 1-Komponenten-Lacke (z. B. Nitrolacke)JaBeim Streichen: Maske mit A2-Filter
Beim Spritzen: Maske mit A2P2-Filter
Bei Niedrigsiedern (z. B. Aceton): Isoliergerät
Lösemittelhaltige PUR-LackeJaBeim Streichen: Maske mit A2-Filter bei Grenzwertüberschreitung
Beim Spritzen: Maske mit A2P2-Filter
Bei Niedrigsiedern (z. B. Methylacetat): Isoliergerät
PolyesterlackeJaBeim Spritzen: Maske mit A2P2-Filter
Bei Niedrigsiedern (z. B. Aceton): Isoliergerät
Wasser-LackeNotwendig bei SpritzauftragBeim Spritzen: A2P2-Maske **
UV-LackeJaBeim Spritzen: A2P2-Maske
Lösemittelhaltige 1-Komponenten-BeizenJaBeim Streichen: Maske mit A2-Filter
Beim Spritzen: Maske mit A2P2-Filter
Bei Niedrigsiedern (z. B. Aceton): Isoliergerät
Wasser-BeizenNotwendig bei SpritzauftragBeim Spritzen: A2P2-Maske **
Lösemittelhaltige Öle, WachseNotwendig bei SpritzauftragBeim Streichen: Maske mit A2-Filter bei Grenzwertüberschreitung
Beim Spritzen: Maske mit A2P2-Filter

Die geeigneten Schutzhandschuhe sind dem entsprechenden Sicherheitsdatenblatt zu entnehmen. Als sehr häufig geeignet haben sich Chemikalienschutzhandschuhe aus Nitrilkautschuk erwiesen.

Augenschutz ist immer erforderlich, wenn Lackierer und Lackiererinnen durch Spritzer von Lack, Beizen oder Holzölen gefährdet werden könnten. Das kann zum Beispiel beim Mischen, Umfüllen oder Verdünnen der Fall sein. Erhöhte Spritzgefahr besteht auch, wenn Aerosole beim Auftrag vom Werkstück zurückprallen könnten. Es wird daher empfohlen, beim Verarbeiten von Lacken, Beizen oder Holzölen grundsätzlich Augenschutz zu tragen.

Schutzkleidung ist erforderlich, wenn Lackierer und Lackiererinnen einer erheblichen Verschmutzung ausgesetzt sind. Bei Spritzverfahren oder ungünstigen Arbeitsbedingungen (zum Beispiel Arbeiten über Kopf ) wird ein Chemikalienschutzanzug (Kategorie III, Typ 5/6) benötigt. Für diesen Fall haben sich Einweg-Schutzanzüge mit Kapuze bewährt. Bei Brand- und Explosionsgefahren ist ableitfähige Schutzkleidung und Fußschutz zu benutzen.

Wenn die Tätigkeiten, bei denen Atemschutzmasken zu tragen sind, länger als eine Stunde pro Arbeitsschicht dauern, sind Atemschutzgeräte ohne Tragezeitbegrenzung zu verwenden. Dafür wird die Verwendung von gebläseunterstützten Atemschutzhelmen empfohlen (siehe auch Abschnitt 15.1 "Atemschutz").

Aufgrund der unüberschaubaren Vielfalt von Oberflächenmitteln auf Wasserbasis (die zum Teil lösemittelhaltig sind) wird beim Spritzauftrag generell Atemschutz mit Filter A2P2 empfohlen.