DGUV Information 209-028 - Auftreten von Dioxinen (PCDD/PCDF) bei der Metallerzeugung und Metallbearbeitung

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Abschnitt 5.1 - Erzeugung von Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen

5.1.1
Vorbehandlung der Eisenerze

Eine "Vorbehandlung" der Eisenerze erfolgt in der Sinteranlage. Sie ist ein Teil des Hochofenbetriebes. Dort wird als Vorstufe der Roheisenerzeugung Feinerz mit Koks und Kalk bei ca. 1200 °C zusammengebacken und anschließend gebrochen. Zusätzlich werden bestimmte hochwertige Kreislaufstoffe aus dem Bereich der Eisen- und Stahlindustrie eingesetzt.

Hierbei handelt es sich je nach Genehmigung um Gichtgasstaub, ölfreien Zunder und Staub aus den Filtern der Sinteranlage (über diese Filter wird die Abluft und die Raumluft der Sinteranlage geführt).

An folgenden Punkten einer ausgewählten Sinteranlage wurden Messungen der Dioxine und Furane in der Luft durchgeführt (Bild 5-3):

Bild 5-3:
Dioxin- und Furan-Messungen an einer Sinteranlage

MessortAnzahl
Außenluft an der dem Wind zugewandten Seite1
Leitwarten2
Sinterband Ofenbühne4
Sinterband Stachelbrecher1
Filteranlage1

Die Messorte in der Sinteranlage sind nach Dauerarbeitsplätzen (Leitwarten) und vorübergehenden Arbeitsplätzen zu unterscheiden.

Arbeitsplätze, an denen sich Mitarbeiter nur bei Wartung und Reparatur aufhalten, befinden sich im Elektrofilter und auf der Ofenbühne.

Dort laufen zwei Sinterbänder. An diesen befindet sich an einem Ende der Ofen, mit dem der Sinter gezündet wird und am anderen Ende der Stachelbrecher, in dem der zusammengebackene Sinter zerkleinert wird.

Bei den Messungen stand jeweils ein Band wegen Reparaturarbeiten still.

Die Messpunkte bei der ersten Messkampagne befanden sich neben dem stehenden Band und am Stachelbrecher. Aufgrund der Höhe des Messwertes am Sinterband erfolgte dort eine Wiederholungsmessung. Dazu wurden drei Messpunkte am Sinterband festgelegt:

  1. 1.

    Anfang des stehenden Sinterbandes

  2. 2.

    Ende des stehenden Sinterbandes

  3. 3.

    zwischen den beiden Sinterbändern

Zusätzlich wurde an der Sinteranlage zum Vergleich eine Außenluftmessung an der dem Wind zugewandten Seite durchgeführt.

Bild 5-4 zeigt die Messwerte in einer Tabelle. Die Berechnung der Werte erfolgte nach dem TE-Wert-Konzept (NATO/CCMS).

Bild 5-4:
Messwerte in der Luft an Arbeitsplätzen

Ort der MessungBereichMesswerte
(pg TE/m3)
Sinteranlage (1. Messserie)
Außenluft (dem Wind zugewandte Seite)bgi-722_gruen.jpg0,23
Leitwarte (Sinterband)bgi-722_gruen.jpg0,65
Leitwarte (Verladung)bgi-722_gruen.jpg0,18
Sinterband (Ofenbühne)bgi-722_gelb.jpg11,08
Sinterband (Stachelbrecher)bgi-722_gruen.jpg3,43
Elektrofilterbgi-722_gelb.jpg9,22
Sinteranlage (2. Messserie)
Sinterband (Anfang)bgi-722_gelb.jpg5,01
Sinterband (Ende)bgi-722_gruen.jpg4,45
Sinterband (zwischen den beiden Sinterbändern)bgi-722_gelb.jpg5,27

In der Sinteranlage wurden an den Dauerarbeitsplätzen (Leitwarten) nur sehr geringe Konzentrationen an Dioxinen und Furanen gefunden, die teilweise der Außenluftbelastung entsprechen.

Bei der Leitwarte "Verladung" entspricht die Kongenerenverteilung der der Außenluft.

Bei der Leitwarte "Sinterband" ist eine Kombination der Kongenerenmuster von Außenluft und Ofenbühne zu finden. Dort wurde nach der Messung die raumlufttechnische Anlage überprüft und umgebaut. Ein weiterer Handlungsbedarf bezüglich Arbeitsschutzmaßnahmen ist für die Dauerarbeitsplätze nicht gegeben.

Für die Arbeitsplätze im Elektrofilter ist die Situation durch eine Messung nicht zu klären.

Die Messung hat aber gezeigt, dass der Anteil der dampfförmigen Dioxine und Furane unter den am Tag der Messung vorherrschenden Bedingungen (kalter Filter) vernachlässigbar ist.

Technische Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer sind nicht realisierbar, und da es sich nicht um einen Dauerarbeitsplatz handelt, sind persönliche Schutzausrüstungen akzeptabel. Die Mitarbeiter tragen bei Reparaturen im Filter P2-Masken und Einwegschutzanzüge, die aufgrund der ohnehin hohen Staubbelastung von den Arbeitnehmern problemlos akzeptiert werden. Durch die Betriebsanweisung wurde sichergestellt, dass der Filter erst nach Abkühlung betreten wird.

Der zweite Bereich mit temporären Arbeitsplätzen, wo sich Mitarbeiter nur zur Wartung und Reparatur aufhalten, ist die Ofenbühne.

Die Messwerte am stehenden Band verursachten zunächst einige Erklärungsprobleme, aber aufgrund der Luftströmungen auf der Ofenbühne lassen sie sich erklären.

Das in Betrieb befindliche Sinterband wird nach Abwurf des Sinters umgelenkt und läuft dann unter dem beladenen Teil zurück. Da der unbeladene Teil noch sehr heiß ist, entsteht ein sehr starker thermischer Auftrieb, der schon ca. 30 cm über der Sinteroberfläche die nach unten gerichtete Ansaugung überwiegt und somit Staub, Dioxine und Furane durch die Halle trägt.

Die Werte am Stachelbrecher sollten aufgrund der dort vorliegenden E-Staubkonzentration (20,76 mg/m3 bei der Reparatur) höher sein. Das deutet darauf hin, dass die Exposition gegenüber Dioxinen und Furanen nicht so sehr aufgrund der am Stachelbrecher anhaftenden Stäube, sondern eher durch das benachbarte noch laufende Sinterband bestimmt wird. Da der Stachelbrecher sich unterhalb der Ebene der Sinterbänder befindet und die Dioxine und Furane sich mit dem Thermikstrom eher aufwärts bewegen, ist der niedrigere Wert erklärbar.

5.1.2
Roheisenerzeugung und -behandlung

Ein Hochofen erzeugt mit einem Möller aus Sinter, Pellets und Zuschlägen, die für eine richtige Zusammensetzung der Schlacke und Basizität sorgen, das Roheisen.

Als Reduktionsmittel für das Eisenerz dienen Koks, Kleinkoks, Öl und in einigen Hochöfen versuchsweise Kunststoffabfälle aus dem dualen System.

Im weitesten Sinne ist Eisenerz nichts anderes als oxidiertes Eisen, im alltäglichen Leben einfach als Rost bezeichnet. Im Hochofen wird das Eisenerz unter Einblasen von Heißwind mit Temperaturen bis 1350 °C zu Eisen reduziert.

Genauer: Es wird durch die Reduktionsmittel vom Sauerstoff getrennt, geschmolzen und kann letztlich als flüssiges Roheisen durch das Abstichloch den Hochofen verlassen.

Die im Eisenerz enthaltenen Gesteins- bzw. Mineralanteile werden ebenfalls geschmolzen und als Schlacke vom Roheisen getrennt.

Bild 5-5:
Messorte und Messwerte aus der Gießhalle Hochofen

MessortBereichMesswert
(pg TE/m3)
Abstichbgi-722_gruen.jpg0,072
Roheisenübergabebgi-722_gruen.jpg0,054
Steuerstandbgi-722_gruen.jpg0,071

Die bei der Reduktion des Eisenoxids zu Eisen ablaufenden Reaktionen sind kompliziert und überlagern sich gegenseitig. Daher wird hier nicht darauf eingegangen.

Die beim Abstich der Hochöfen in den Gießhallen entstehenden Gase werden durch effektiv arbeitende Entstaubungsanlagen abgesaugt und gereinigt.

Luftproben wurden in der Gießhalle eines Hochofens an drei Stellen genommen.

5.1.3
Stahlerzeugung

5.1.3.1
Blasstahlerzeugung

Bei der Oxygenstahlerzeugung, üblich ist heute das so genannte Sauerstoffaufblasverfahren (LD-Verfahren), kommt in einem Konverter (metallurgisches Gefäß) im Hochofen erzeugtes Roheisen und Schrott zum Einsatz (Bild 5-6).

bgi-722_bild13.jpg

Bild 5-6: LD-Konverter während des Frischprozesses

Über eine Lanze wird Sauerstoff eingeblasen, um die im Roheisen und Schrott enthaltenen unerwünschten Begleitelemente durch den Oxidationsprozess herauszubrennen.

Bei der Stahlerzeugung wird dieser Prozess als "Frischen" bezeichnet.

Der zugegebene Schrott kann eine mögliche Dioxinquelle darstellen, wenn er organische Anhaftungen (z.B. Lacke, Fette) enthält.

Dioxinmessungen der VMBG in verschiedenen Oxygenstahlwerken zeigten, dass bei bestimmungsgemäßem Betrieb in den Arbeitsbereichen keine Gefährdungen durch Dioxine auftreten (Messwert < 0,5 pg TE/m3 → Luft . Bereich:  bgi-722_gruen.jpg ).

5.1.3.2
Elektrostahlerzeugung

Elektrostahl wird in der Regel in Elektrolichtbogenöfen (Anteil ca. 90 %) erzeugt. Hierbei wird Stahlschrott mittels elektrischer Energie aufgeschmolzen.

Durch organische Bestandteile im Schrott (z.B. Lacke, Fette) können Dioxine während des thermischen Prozesses gebildet werden.

In modernen Elektrolichtbogenöfen werden so genannte "Dioxin-Quenchen" eingesetzt, die eine Bildung von Dioxinen im Abgasstrom unterdrücken (Bereich:  bgi-722_gruen.jpg ).

In Elektrostahlwerken ohne Maßnahmen zur Dioxinemissionsminderung kann beim Einsatz von organisch verunreinigten Schrotten eine erhöhte PCDD/PCDF-Emission nicht ausgeschlossen werden. Ein Augenmerk sollte hierbei insbesondere auf Elektrolichtbogenöfen mit Schrottvorwärmung gerichtet werden (Bereich:  bgi-722_gelb.jpg ).

5.1.3.3
Sekundärmetallurgie

Bei der Nachbehandlung von Stahl, der so genannten Sekundärmetallurgie, wird der im Oxygen- oder Elektrostahlwerk erzeugte Rohstahl

  • feinlegiert,

  • homogenisiert,

  • entgast und

auf die Gießtemperatur eingestellt (aufgeheizt). Bei diesen sekundärmetallurgischen Verfahren fehlen die Kriterien für die Bildung von PCDD/PCDF (Bereich:  bgi-722_gruen.jpg ).

Bild 5-7:
Einstufung von Verfahren der Stahlerzeugung und Sekundärmetallurgie

VerfahrenBereich
Blasstahlerzeugungbgi-722_gruen.jpg
Elektrostahlerzeugung nach dem Stand der Technikbgi-722_gruen.jpg
Elektrostahlerzeugung ohne Dioxinemissionsminderungbgi-722_gelb.jpg
Sekundärmetallurgiebgi-722_gruen.jpg