DGUV Information 213-006 - Vermessung und Berechnung von Bohrlochsprengungen

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Abschnitt 3.4. - 3.4. Vermessung mit Handgefällmesser

Voraussetzung für die nachfolgend beschriebene Vermessung ist eine annähernd horizontal verlaufende Bruchsohle.

3.4.1.
Beschreibung des Gerätes

Der Handgefällmesser ist ein Gerät zur Durchführung einfacher Vermessungen, wie z. B. Bestimmung der Höhen von Bruchwänden und Überprüfung der Neigung von Bohrlöchern. Das Gerät NECLI besteht im Wesentlichen aus einem kompakten Fernrohr, in dessen Bildebene ein frei schwingender Teilkreis mit Neugrad-, Altgrad-, Prozent- und Reduktionsteilung angeordnet ist.

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Abb. 12 Handgefällmesser NECLI, Quelle: Breithaupt

3.4.2.
Bestimmung der Wandhöhe

Zunächst soll die Wandhöhe ermittelt werden. Hierzu visiert man von der Sohle aus die obere Bruchwandkante an. Im linken Okulareinblick wird eine Steigung P2 in Prozent für die obere Bruchwandkante abgelesen, der zugehörige Standpunkt auf der Sohle wird als Punkt P2 markiert.

Eine Messbasis SH erhält man, indem man vom Punkt P2 aus senkrecht zur Bruchwand eine Strecke zurückmisst; damit ergibt sich ein Standpunkt P1. Von dem aus wird die Steigung P1 in Prozent an der oberen Bruchwandkante abgelesen.

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Abb. 13 Ermittlung der Wandhöhe mit dem Handgefällmesser

Die Wandhöhe (auf Augenhöhe bezogen) errechnet sich dann aus folgender Gleichung:

(1)ccc_1645_20151101_14.jpg

Wird als Messbasis SH immer 10 m gewählt und P2 immer zu 100 % Steigung bestimmt, so vereinfacht sich Gleichung (1) zu:

(2)ccc_1645_20151101_15.jpg

Beispiel:

sH = 10 m; P1 = 60 %; P2 = 100 %;ccc_1645_20151101_16.jpg

Die tatsächliche Wandhöhe erhält man, wenn zu der errechneten Wandhöhe hN die Augenhöhe hA addiert wird.

(3) h = hN+ hA

Im Beispiel (Abbildung 13) ergibt sich für eine Augenhöhe von 1,6 m die Wandhöhe zu:

h = hN+ hA= 15,0 m + 1,6 m = 16,6 m

Die Augenhöhe braucht nicht berücksichtigt zu werden, wenn man einen Fluchtstab auf der oberen Bruchwandkante in Augenhöhe anvisiert.

Aus der Umstellung der Gleichung (1) ergeben sich einige Beziehungen, die zum schnellen und einfachen Bestimmen der Wandhöhe geeignet sind.

Es werden Punkte auf der unteren Sohle aufgesucht, bei denen der Handgefällmesser bestimmte Prozentzahlen (z. B. 80, 100, 120 oder 150 %) beim Anpeilen der oberen Bruchwandkante anzeigt. Jeweils zu einem zusammengehörigen Prozentpaar wird der Abstand der Standpunkte (Messbasis SH) gemessen. Die Höhe ergibt sich dann aus den Gleichungen:

(4) h = 4 × sH+ hA

bei 80 % und 100 %

(5) h = 6 × sH+ hA

bei 100 % und 120 % bzw. 120 % und 150 %

3.4.3.
Vermessung der Bruchwand von der unteren Sohle aus

Der Einsatz des Handgefällmessers zum Zeichnen eines Grundrisses und mehrerer Schnitte eines Wandbereichs ist ebenfalls möglich, dies erfordert jedoch sorgfältige und genaue Vorbereitung.

Die Vermessung kann beispielsweise von zwei Standlinien aus erfolgen, die parallel zueinander im Abstand SH (Messbasis) verlaufen (Abbildung 14). Dieses Verfahren wird im Folgenden beschrieben.

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Abb. 14 Grundriss-Vermessung mit dem Handgefällmesser

3.4.3.1.
Durchführung und Auswertung der Messung

  • Markierung der Messprofile an der oberen Bruchwandkante,

  • zwei Standlinien parallel zur Wand auf der unteren Sohle einrichten:

    • die erste Linie ungefähr im Abstand der Wandhöhe (Standlinie P2),

    • die zweite Linie im Abstand 10,0 m zurück (Standlinie P1).

  • Auf beiden Linien die Messpunkte so markieren, dass die Blickrichtung senkrecht zur Wand erfolgt und

  • Messen der Steigungen P2 und P1 sowie der Entfernungen P2-Wandfuß (su) in den markierten Profilen.

Aus den gemessenen Werten su, P1 und P2 sowie den Festwerten SH und hA werden die gesuchten Größen hN, h, b und ß berechnet.

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Abb. 15 Profilmessung mit dem Handgefällmesservon der unteren Sohle

Die Wandhöhe wird aus den Gleichungen (1) und (3) wie im vorherigen Abschnitt errechnet. Der Wert b für das Vorspringen des Wandfußes ergibt sich aus Gleichung (6):

(6)ccc_1645_20151101_19.jpg

Der Wandneigungswinkel ß ergibt sich aus Gleichung (7):

(7)ccc_1645_20151101_20.jpg

Zur Vermessung und Berechnung sollte ein Mess- und Auswerteprotokoll verwendet werden (Abbildung 16).

Mess- und Auswerteprotokoll Handgefällmesser, Einsatz auf der unteren Sohle

FestwerteAugenhöhe hA= 1,6 cmMessbasis sH= 10,0 m
Messwerte:Rechenwerte
Schnitt (Profil) Nr.Seitenabstand zwischen den Profilen a [m]Steigung P1 [%] Steigung P2 [%] Abstand P2-Wandfuß su [m] rechn. Wandhöhe hN [m]
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Wandhöhe h [m] h = hN + hAWandfußvorsprung b [m]
ccc_1645_20151101_22.jpg
tan ß = h/bWandneigung β [°]
β = tan-1h/b
1579211,3514,9816,584,933,36373,5
2589411,2015,1416,744,913,40973,5
3
Abb. 16 Mess- und Auswerteprotokoll Handgefällmesser, Einsatz auf der unteren Sohle

3.4.3.2.
Zeichnen des Grundrisses

Aus den gemessenen und errechneten Werten wird der Grundriss wie folgt gezeichnet (vgl. Abbildung 14):

  • Zeichnen der Standlinie P2 (beliebig),

  • Markierung der Messpunkte auf der Standlinie,

  • Abtragen der Abstände su und b auf einer Hilfslinie rechtwinklig zur Standlinie,

  • Die Verbindung der Endpunkte su ergibt den Verlauf des Wandfußes,

  • Die Verbindung der Endpunkte b ergibt die obere Bruchwandkante und

  • Einzeichnen der Bohrlochreihe mit der gewählten Vorgabe.

3.4.3.3.
Zeichnen der Schnitte

Die Schnitte werden aus den errechneten Werten h, b und ß gezeichnet.

Wenn die Wandneigung zeichnerisch ermittelt werden soll, wird der Schnitt aus h und b gezeichnet und die Wandneigung ß aus der Zeichnung abgegriffen.

Das Bohrloch wird mit der gewünschten Neigung und Vorgabe eingezeichnet.

3.4.4.
Vermessung der Bruchwand von der oberen Sohle aus

Mit dem Handgefällmesser kann die Bruchwand auch von der oberen Sohle aus vermessen werden (Abbildung 17).

Zusätzlich zum Winkel α muss die schräge Entfernung l von der oberen Bruchkante zum Peilpunkt sowie der Abstand su vom Peilpunkt zum Wandfuß gemessen werden.

Zum Messen der Schnurlänge l wird ein Maßband an einer Latte befestigt, deren Spitze an die obere Bruchwandkante angelegt wird. Diese wird von einer Standlinie aus eingemessen.

Bei dieser Methode ist insbesondere auf einen sicheren Stand und Schutz gegen Absturz von der oberen Sohle sowie auf die Steinfallgefahr vor der Wand zu achten.

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Abb. 17 Vermessung mit dem Handgefällmesser von der oberen Sohle aus
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Abb. 18 Bruchwandvermessung mit dem Handgefällmesser von der oberen Sohle aus (Darstellung im Grundriss)

Mess- und Auswerteprotokoll Handgefällmesser, Einsatz auf der oberen Sohle

MesswerteRechenwerte
SchnittStandlinie BruchwandkantePeilwinkelSchnurlängeAbstand Peilpunkt-Wandfußsin αWandhöhecos αWandfussvorsprungtan βWandneigung
Nr.Soαlsuh = l × sin αb = l × cos α - suh/bβ
[m][°][m][m][m][m][°]
13,504624,7014,100,71917,760,6953,075,78580
23,605023,1010,500,76617,700,6434,354,06976
Abb. 19 Mess- und Auswerteprotokoll Handgefällmesser, Einsatz auf der oberen Sohle

3.4.4.1
Durchführung und Auswertung der Messung (Abbildung 18)

  • Standlinie und Schnitte festlegen,

  • Einmessen der oberen Bruchwandkante (Werte so) von der Standlinie aus,

  • Lattenspitze auf obere Bruchwandkante ausrichten und horizontieren,

  • über die Lattenspitze Peilpunkt auf der unteren Sohle anvisieren und markieren,

  • bei allen Messungen auf senkrechtes Ausrichten zur Standlinie achten (Abbildung 18),

  • Neigungswinkel a des Handgefällmessers notieren,

  • Schnurlänge l (Lattenspitze - Peilpunkt) notieren und

  • Abstand Peilpunkt - Wandfuß (su) messen.

Aus den gemessenen Werten α, l und su werden die gesuchten Größen Wandhöhe h und Fußvorsprung b rechnerisch ermittelt:

Wandhöhe h:

(8) h = l × sin α

Wandfußvorsprung b:

(9) b = l × cos α - su

Zur Vermessung und Berechnung sollte ein Mess- und Auswerteprotokoll verwendet werden (Abbildung 19).