DGUV Information 208-016 - Die Verwendung von Leitern und Tritten

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Abschnitt 2 - 2 Wofür ist der Unternehmer bei der Zurverfügungstellung und Verwendung von Leitern und Tritten verantwortlich?

Bevor eine Leiter oder ein Tritt als hoch gelegener Arbeitsplatz oder als Zugang zu hoch gelegenen Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt und verwendet wird, muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden, welches Arbeitsmittel für die auszuführende Arbeit geeignet und sicher ist.

Die Betriebssicherheitsverordnung fordert in Anhang 1, Abschnitt 3.1.4:

"Die Verwendung von Leitern als hoch gelegene Arbeitsplätze [...] ist nur in solchen Fällen zulässig, in denen

  1. a)

    wegen der geringen Gefährdung und wegen der geringen Dauer der Verwendung die Verwendung anderer, sichererer Arbeitsmittel nicht verhältnismäßig ist und

  2. b)

    die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass die Arbeiten sicher durchgeführt werden können."

In der Gefährdungsbeurteilung sind insbesondere das Arbeitsmittel, das Arbeitsverfahren sowie die Arbeitsumgebung zu berücksichtigen.

Sicherere Arbeitsmittel/-verfahren zu Leitern können z. B. sein:

  • Kleingerüste

  • Fahrbare Arbeitsbühnen

  • Gerüste

  • Hubarbeitsbühnen

  • Arbeitsbühne in Verbindung mit Gabelstaplern

  • Alternative Arbeitsverfahren (z. B. das Arbeiten mit teleskopierbarer Verlängerung in der Gebäudereinigung oder Hochentastung)

  • Am Kran hängende hochziehbare Personenaufnahmemittel

  • Arbeitspodeste

Leitern können zum Einsatz kommen, wenn bauliche Gegebenheiten vorliegen, die der Unternehmer nicht ändern kann.

Beispiele für bauliche Gegebenheiten können sein:

  • enge Treppenhäuser (z. B. Wendeltreppen)

  • enge Räume (z. B. Toilettenräume, Haustechnikräume)

  • enge Regalgänge

  • beengte Verhältnisse beim Zugang zu Dächern/Dachöffnungen

  • Unzugänglichkeiten für Befahranlagen (Fahrgerüste oder Hubarbeitsbühnen) auf Grund von Treppen, Absätzen oder der Beschaffenheit des Untergrunds

Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) wird durch die Technische Regel für Betriebssicherheit TRBS 2121 Teil 2 "Gefährdung von Beschäftigten bei der Verwendung von Leitern" konkretisiert.

In der TRBS 2121 Teil 2 werden zwei Arten der Verwendung von Leitern unterschieden.

  1. 1.

    Leiter als Zugang zu/Abgang von hoch gelegenen Arbeitsplätzen (Verkehrsweg 1)

"Die Verwendung von Leitern als Zugang zu oder zum Abgang von hochgelegenen Arbeitsplätzen ist zulässig, wenn der zu überwindende Höhenunterschied maximal 5 m beträgt und

  • wegen der geringen Gefährdung und der geringen Verwendungsdauer die Verwendung anderer, sichererer Arbeitsmittel nicht verhältnismäßig ist und

  • die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass der Zugang und Abgang sicher durchgeführt werden können.

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind die baulichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Wird die Leiter als Zugang zum Erreichen von Arbeitsplätzen sehr selten benutzt, darf der zu überbrückende Höhenunterschied auch mehr als 5 m betragen.

Leitern, die als Aufstieg verwendet werden, müssen so beschaffen sein, dass sie mindestens 1 m über die Austrittsstelle hinausragen, sofern nicht andere Vorrichtungen ein sicheres Festhalten erlauben."

Nach § 5(4) der Betriebssicherheitsverordnung hat "der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Beschäftigte nur die Arbeitsmittel verwenden, die er ihnen zur Verfügung gestellt hat oder deren Verwendung er ihnen ausdrücklich gestattet hat."

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Abb. 1
gesicherte Leiter als Verkehrsweg mit 1 m Überstand

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Abb. 2
eingehängte Leiter als Verkehrsweg mit der Möglichkeit zum Festhalten am Geländer

Beispiele für sichere Alternativen als Zugang zu bzw. Abgang von hoch gelegenen Arbeitsplätzen sind:

  • Personenaufzüge

  • Rampen und Laufstege

  • Treppen

  • Treppentürme

  • Steigleitern

Bei der Auswahl der geeigneten Zugänge zu hoch gelegenen Arbeitsplätzen sind zu berücksichtigen:

  • die Dauer und Häufigkeit der Verwendung

  • der zu überwindende Höhenunterschied

  • die Fluchtmöglichkeit bei drohender Gefahr

  • Werkzeug- und Materialtransport

Dabei dürfen keine zusätzlichen Absturzgefahren entstehen.

Beispiele für zusätzliche Absturzgefahren sind:

  • Aufstellung der Leiter neben einer nicht verschlossenen Öffnung

  • In Bereichen mit inner- und außerbetrieblichem Verkehr Aufstellung neben Geländern oder an Absturzkanten zu tieferliegenden Ebenen (z. B. Reinigungsbalkone)

  • Aufstellung von Leitern auf ungeeigneten, nicht durchbruchsicheren Abdeckungen

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Abb. 3
Leiter als Verkehrsweg

  1. 2.

    Leiter als hoch gelegener Arbeitsplatz

"Die Verwendung von Leitern als hoch gelegener Arbeitsplatz ist nur zulässig

  • bis zu einer Standhöhe von 2 m und

  • bei einer Standhöhe zwischen 2 m und 5 m, wenn nur

  • zeitweilige Arbeiten ausgeführt werden,

wenn

  • wegen der geringen Gefährdung und der geringen Verwendungsdauer die Verwendung anderer, sichererer Arbeitsmittel nicht verhältnismäßig ist

und

  • die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass die Arbeiten sicher durchgeführt werden können.

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind die baulichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

Aufgrund der Absturzgefährdung und der höheren ergonomischen Belastung dürfen tragbare Leitern als hoch gelegener Arbeitsplatz nur verwendet werden, wenn der Beschäftigte mit beiden Füßen auf einer Stufe oder Plattform steht und der Standplatz auf der Leiter nicht höher als 5 m über der Aufstellfläche liegt.

In besonders begründeten Ausnahmefällen (z. B. Arbeiten in engen Schächten oder bei der Ernte im Obstbau) ist ein Arbeiten auf tragbaren Leitern mit Sprossen zulässig. Die besonderen Gründe sind vom Arbeitgeber in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren.

Zeitweilige Arbeiten 2 sind Arbeiten, die einen Zeitraum von zwei Stunden je Arbeitsschicht nicht überschreiten, wie z. B. Wartungs-, Instandhaltungs-, Inspektions-, Mess- und Montagearbeiten.

Zeitweilige Arbeiten an hoch gelegenen Arbeitsplätzen im Freien unter Verwendung von Leitern dürfen nur ausgeführt werden, wenn die Umgebungs- und

Witterungsverhältnisse die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen.

Insbesondere dürfen Arbeiten nicht begonnen oder fortgesetzt werden, wenn witterungsbedingt, z. B. durch starken oder böigen Wind, Vereisung oder Schneeglätte, die Möglichkeit besteht, dass Beschäftigte abstürzen oder durch herabfallende oder umfallende Teile verletzt werden."

Die Verwendung von Stufen- und Plattformleitern erfüllt die Bedingungen der TRBS 2121 Teil 2 bei Verwendung einer Leiter als Arbeitsplatz.

Einhängepodeste und Aufsetzstufen können die Bedingungen ebenfalls erfüllen, sind aber nur bedingt zu empfehlen.

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Abb. 4
Stufenleiter

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Abb. 5
Stufenstehleiter mit größerer Plattform und höherem Sicherheitsbügel

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Abb. 6
Einhängepodest

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Abb. 7
Aufsetzstufen für Sprossenstehleiter

Unterscheidung Stufe/Sprosse:

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Abb. 8
Stufe

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Abb. 9
Sprosse

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Abb. 10
Leiter als Arbeitsplatz

Können als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung Leitern und Tritte verwendet werden, ergeben sich für den Unternehmer insbesondere folgende Pflichten:

  • Nur Leitern und Tritte zur Verfügung stellen oder selbst verwenden, die den in Anhang 1 aufgeführten Regeln der Technik entsprechen und nach ihrer Bauart für die jeweils auszuführende Arbeit geeignet sind (siehe Abschnitt 3). Leitern sollten mindestens die Anforderungen der jeweils gültigen Normen erfüllen (z. B. die DIN EN 131 für tragbare Leitern).

Von der Verwendung nicht normkonformer Leitern wird abgeraten.

Bei Leitern und Tritten, die das GS-Zeichen ("Geprüfte Sicherheit") oder das DGUV Test Zeichen tragen, hat eine Baumusterprüfung durch eine hierfür zugelassene Prüf- und Zertifizierungsstelle ergeben, dass die geltenden Sicherheitsanforderungen eingehalten sind.

Können als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung Leitern und Tritte benutzt werden, ergeben sich für den Unternehmer folgende Pflichten:

  • Sich über die Gefährdungen bei der Verwendung von Leitern und Tritten zu informieren und die Beschäftigten angemessen zu unterweisen (siehe Abschnitte 4 und 5).

  • Sicherstellen, dass Leitern und Tritte auf einer ausreichend großen und tragfähigen sowie unverschiebbaren und rutschhemmenden Fläche aufgestellt werden.

  • Sicherstellen, dass Leitern nicht hinter Türen, auf Gerüsten oder fahrbaren Arbeitsbühnen aufgestellt werden.

  • Sicherstellen, dass Leitern und Tritte wiederkehrend auf ihren ordnungsgemäßen Zustand überprüft werden (siehe Abschnitt 6).

Der Begriff Verkehrsweg wird in der vorliegenden Informationsschrift nicht i.S. der ASR 1.8 Verkehrswege verwendet, da tragbare Leitern keine Verkehrswege sein können. Verkehrsweg bezeichnet hier den Zugang zu bzw. Abgang von hoch gelegenen Arbeitsplätzen.

Unter zeitweiligen Arbeiten versteht man Tätigkeiten auf der Leiter, die insgesamt nicht länger als 2 Stunden je Arbeitsschicht dauern.

Beispiel: Für Reparaturarbeiten in einer Anlage (Höhe >2 m) werden 8 Stunden veranschlagt. Da diese Zeitspanne die 2 Stunden-Grenze deutlich überschreitet, darf diese Tätigkeit nicht mit einer Leiter ausgeführt werden. Auch eine Aufteilung auf mehrere Tage mit jeweils 2 Stunden oder auf verschiedene Personen je 2 Stunden ist unzulässig, da dies eine Umgehung der 2-Stunden-Grenze bedeuten würde.