DGUV Information 210-002 - Sichere Verwendung von Flüssiggas in Metallbetrieben

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Abschnitt 1.2 - Siedeverhalten, Dampfdruckkurve

Wichtig für das Verständnis und die Erkennung von gefährlichen Situationen sind Kenntnisse über das Siedeverhalten der Flüssiggase, die Dampfdruckkurve sowie Auswirkungen von Temperatur- und Druckänderungen auf Flüssiggase.

Wie auch das Wasser gehen Flüssiggase siedend aus dem flüssigen in den gasförmigen Zustand über, wenn bestimmte Druck- und Temperaturverhältnisse herrschen.

Der Druck bei dem der Zustandswechsel eintritt wird Dampfdruck genannt. Die Temperatur bei der der Zustandswechsel eintritt wird Siedetemperatur genannt. Der Dampfdruck ist temperaturabhängig. Die Siedetemperatur ist druckabhängig. Aus diesem Grund siedet Wasser im Hochgebirge (geringerer Luftdruck) bereits bei Temperaturen unter 100 °C.

Während Wasser bei normalem Atmosphärendruck eine Siedetemperatur von etwa 100 °C hat, liegt diese bei Atmosphärendruck für Propan bei -42,1 °C und für Butan bei -0,5 °C.

Im Umkehrschluss beträgt der Dampfdruck für Propan bei einer Siedetemperatur von -42,1 °C 0 bar Überdruck, also Atmosphärendruck. Bei einer Temperatur von 20 °C beträgt der Dampfdruck etwa 8 bar Überdruck. Propangas kann bei 20 °C erst durch eine Druckerhöhung auf mindestens 8 bar verflüssigt werden.

Werden für verschiedene Siedetemperaturen die dazugehörigen Dampfdrücke ermittelt, ergibt sich aus vielen Wertepaaren eine so genannte Dampfdruckkurve. In Bild 1-1 sind die Dampfdruckkurven von einzelnen Flüssiggasen dargestellt. In der Darstellung befinden sich die einzelnen Gase jeweils oberhalb ihrer Dampfdruckkurve im flüssigen Zustand und unterhalb im gasförmigen Zustand.

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Bild 1-1: Dampfdruckdiagramm für Flüssiggase

Die sich aus den Dampfdruckkurven ergebenden physikalischen Eigenschaften der Flüssiggase macht man sich bei ihrer Lagerung und Verwendung zunutze.

Man füllt diese Gase unter Druck und somit in flüssigem Zustand in Behälter ab. Aus Sicherheitsgründen belässt man oberhalb des Flüssigkeitsspiegels einen Freiraum. Dieser Raum ist dann mit Flüssiggasdampf im Sättigungszustand gefüllt. In Abhängigkeit von der Temperatur des Flüssiggases stehen der Dampf und damit der gefüllte Behälter unter dem der Dampfdruckkurve entsprechenden Dampfdruck.

Wird das Behälterventil zur Gasentnahme geöffnet, strömt Flüssiggas mit diesem Druck in gasförmigem Zustand aus. Während dieser Entnahme sinkt zwangsläufig der Druck im Gasraum, wodurch das Flüssiggas im Behälter zu sieden beginnt. Weiteres Flüssiggas geht in den gasförmigen Zustand über. Wird die Gasentnahme gestoppt, verdampft im Innern des Behälters noch so lange Flüssiggas, bis der zur bestehenden Temperatur gehörende Dampfdruck wieder erreicht ist. Durch die Verdampfung wird dem Flascheninhalt laufend Verdampfungswärme entzogen. Die Temperatur des Flascheninhaltes sinkt immer weiter ab, wenn nicht genügend Wärme aus der Umgebung zugeführt werden kann. Bei Unterkühlung der Flasche auf Temperaturen unter 0 °C kann sich außen auf der Flasche Reif bilden.

Bei kühler Witterung und Entnahme großer Gasmengen kann sogar der Punkt erreicht werden, an dem das Flüssiggas unter seine Siedetemperatur abgekühlt ist und eine weitere Verdampfung nicht mehr möglich ist. Beispielsweise sinkt bei einer 11-kg-Flasche die Temperatur bei der schnellen Entnahme von nur 1 kg um ca. 18 °C ab. Durch den Austausch einer dann irrtümlich als "leer" angesehenen Flasche kann sich eine gefährliche Situation ergeben. Wird an dieser Flasche das Flaschenventil nicht mehr geschlossen, setzt infolge weiterer Wärmezufuhr aus der Umgebungsluft nach kurzer Zeit die Verdampfung wieder ein und Flüssiggas in der Gasphase tritt ungehindert und unbemerkt aus.

Deshalb:

Flüssiggasflaschen immer erst schließen, dann Anschluss trennen!

Die gleiche Situation tritt ein, wenn aus einem Behälter Propan-Butan-Mischgas entnommen wird. Der Propananteil verdampft intensiver als der Butananteil. Mit der Zeit führt das zu einer allmählichen Entmischung. So enthält eine weitgehend entleerte Mischgasflasche am Ende fast nur noch Butan, welches dann bei Temperaturen unter -0,5 °C nicht mehr verdampfen kann.

Achtung:

Da Flüssiggas bei der Verdampfung erhebliche Wärmemengen verbraucht, kann es zu Erfrierungen kommen, wenn Flüssiggasspritzer auf die menschliche Haut treffen und dort verdampfen!