DGUV Information 203-004 - Einsatz elektrischer Betriebsmittel bei erhöhter elektrischer Gefährdung

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Anhang 5 - Erläuterungen zu den Festlegungen des Abschnitts 5

Eine erhöhte elektrische Gefährdung kann durch besondere Bedingungen oder Gegebenheiten (begrenzte Bewegungsfreiheit mit großflächiger Berührung in leitfähiger Umgebung) im Arbeitsbereich bestehen. Daraus kann im Fehlerfall eine gefährliche Körperdurchströmung resultieren. Die Vornorm VDE V 0140-479-1 gibt hierzu nähere Angaben. Von den dort in Bild 20 angegebenen vier Zeit-Stromstärke-Bereichen werden zur Erläuterung hier nur die Bereiche AC-3 und AC-4 betrachtet.

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Abb. 5:
Konventionelle Zeit/Stromstärke-Bereiche mit Wirkungen von Wechselströmen auf Personen bei einem Stromweg von der linken Hand zu den Füßen (15 Hz bis 100 Hz) aus VDE V 0140-479-1

Bereich AC-3:

Normalerweise sind keine organischen Schäden zu erwarten. Mit zunehmender Stromstärke und Dauer der Einwirkung werden reversible Störungen der Reizbildung und der Reizleitung des Herzens möglich, die auch Vorhofflimmern und vorübergehenden Herzstillstand beinhalten, jedoch nicht zu Herzkammerflimmern führen; im Bereich lang andauernder Stromeinwirkung bei Stromstärken oberhalb der Loslassgrenze kommt es zu Muskelkontraktionen und Atembeschwerden.

Bereich AC-4:

Herzkammerflimmern ist wahrscheinlich. Mit zunehmender Stromstärke und Dauer der Einwirkung treten zusätzlich zu den für den Bereich AC-3 beschriebenen Auswirkungen auch pathophysiologische Auswirkungen wie Herzstillstand, Atemstillstand und schwere Verbrennungen auf.

Entscheidend für die Größe des Körperstroms ist die Körperimpedanz, die mit steigender Berührungsspannung abnimmt. Die Körperimpedanz ist jedoch auch abhängig von der Größe und Beschaffenheit der Berührungsfläche.

Unter normalen Bedingungen wird davon ausgegangen, dass die Körperimpedanz so groß ist, dass im Fehlerfall nur Körperströme < 500 mA zu erwarten sind. Eine gefährliche Körperdurchströmung im Bereich AC-4 wird nicht erreicht, wenn eine Unterbrechung der Körperdurchströmung durch eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) mit einem Bemessungsdifferenzstrom IΔn ≤ 30 mA erfolgt.

RCDs können im Fehlerfall die Höhe eines Fehlerstroms (Körperstrom) nicht begrenzen. Sie bewirken jedoch, dass in Abhängigkeit von der Höhe eines Fehlerstroms die Stromflussdauer auf unkritische Werte reduziert wird.

Liegen jedoch besondere Bedingungen vor, z. B. wenn eine Person ein fehlerhaftes elektrisches Betriebsmittel in der Hand hält und auf einer Metallfläche sitzt oder diese mit schweißnassem Rücken berührt, dann muss aufgrund der großflächigen Berührung mit einem niedrigen Körperwiderstand gerechnet werden. Körperströme > 500 mA (Bereich AC-4) sind dann möglich, so dass selbst bei einer schnellen Abschaltung durch eine RCD Herzkammerflimmern auftreten kann. Diese Überlegungen können als Definitionshilfe für Bereiche mit begrenzter Bewegungsfreiheit in leitfähiger Umgebung dienen.

Die Trennungslinie zwischen den Bereichen AC-3 und AC-4 liegt bei sehr kurzzeitiger Stromeinwirkung bei einem Körperstrom von 500 mA. Diese Grenze wurde zur folgenden Unterteilung herangezogen:

  1. a)

    Arbeitsbereiche mit begrenzter Bewegungsfreiheit in leitfähiger Umgebung: Hier muss bei Fehlern an elektrischen Betriebsmitteln aufgrund der oben genannten besonderen Bedingungen mit dem Auftreten eines Körperstroms von mehr als 500 mA gerechnet werden.

  2. b)

    Arbeitsbereiche mit ausreichender Bewegungsfreiheit in leitfähiger Umgebung: Hier muss bei Fehlern an elektrischen Betriebsmitteln nicht mit einem Körperstrom von mehr als 500 mA gerechnet werden.

In Bereichen mit begrenzter Bewegungsfreiheit in leitfähiger Umgebung gemäß a) ist bei einem Isolationsfehler mit Körperströmen von mehr als 500 mA zu rechnen. In dieser Situation wäre, auch bei sehr kurzzeitiger Körperdurchströmung, Herzkammerflimmern wahrscheinlich. RCDs bieten hier auch bei schneller Abschaltung keine ausreichende Sicherheit. Daher dürfen in diesem Fall nur solche Schutzmaßnahmen bei der Benutzung von ortsveränderlichen Betriebsmitteln angewendet werden, die das Auftreten eines elektrischen Schlags im Fall eines Isolationsfehlers von vornherein verhindern. Das sind Schutztrennung mit nur einem angeschlossenen Betriebsmittel und Kleinspannung SELV.

Liegen jedoch die Bedingungen von Bereichen mit ausreichender Bewegungsfreiheit in leitfähiger Umgebung gemäß b) vor (mit Körperströmen über 500 mA ist bei einem Isolationsfehler nicht zu rechnen), ist die Schutzmaßnahme "automatische Abschaltung der Stromversorgung" in Verbindung mit einer RCD ausreichend. Eine RCD mit einem Bemessungsdifferenzstrom IΔn ≤ 30 mA erfüllt dabei auch die Anforderungen für den zusätzlichen Schutz.