DGUV Information 250-001 - Berufliche Beurteilung bei Epilepsie und nach erstem epileptischen Anfall

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Abschnitt 5 - 5 Tätigkeitsbezogene Gefährdungseinschätzung nach erstem epileptischen Anfall

Eine von 1000 -2000 Personen erleidet pro Jahr einen ersten epileptischen Anfall. Bei etwa der Hälfte handelt es sich um ein Ereignis, das durch eine akute gesundheitliche Störung hervorgerufen wird, z. B. eine Intoxikation (Vergiftung) oder eine Gehirnverletzung (sog. "akut symptomatische Anfälle"), bei der anderen Hälfte um Anfälle ohne akute Ursache (sog. "unprovozierte Erstanfälle") (15, 16).

Die Wahrscheinlichkeit, nach einem ersten Anfall noch einmal einen Anfall zu erleiden, hängt bei akut symptomatischen Anfällen vom auslösenden Faktor und der Möglichkeit, diesen auszuschalten, ab. Bei unprovozierten Erstanfällen beträgt das Rezidivrisiko etwa 30 - 40 %, wobei etwa 2/3 der Rezidive innerhalb des ersten Jahres nach dem Erstereignis auftreten, die meisten im ersten halben Jahr (6).

Einteilung von Erstanfällen:

aErstmaliger provozierter Anfall (ohne Hinweise für beginnende Epilepsie) mit vermeidbarem Provokationsfaktor, z. B. prokonvulsiv wirkende Medikamente
bErstmaliger unprovozierter Anfall (ohne Hinweise für beginnende Epilepsie)
cErstmaliger Anfall (provoziert oder unprovoziert) mit Hinweisen für beginnende Epilepsie

Bei fachgerechter Diagnostik und anschließender Einordnung in die Gruppen a, b oder c lässt sich das Risiko für das Auftreten weiterer Anfälle recht gut abschätzen. Allerdings kann nach einem ersten epileptischen Anfall nicht vorhergesagt werden, ob bei einem Rezidivanfall der Anfallstyp gleich bleibt oder sich ändert. Z. B. könnte als erstes ein Anfall der Gefährdungskategorie A und später als Rezidivanfall ein Anfall der Gefährdungskategorie C auftreten. Auch ist nicht sicher davon auszugehen, dass nach einem ersten Anfall aus dem Schlaf heraus ein weiterer Anfall wiederum an den Schlaf gebunden auftreten wird.

Die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung tragen diesen Erkenntnissen über epileptische Erstanfälle Rechnung, indem sie provozierten und unprovozierten Erstanfällen unterschiedliche anfallsfreie Beobachtungszeiten zuordnen. Die in Abbildung 17 ausgesprochenen Empfehlungen für anfallsfreie Beobachtungszeiten bei unterschiedlicher Schwere des Verletzungsrisikos bzw. Fremdgefährdung in der beruflichen Tätigkeit orientieren sich an den Begutachtungsleitlinien für die Kraftfahreignung von 2009 (14).

Ganz anders ist die Situation nach einem ersten Anfall, wenn bereits eine berufliche Tätigkeit ausgeübt wird. Es muss dann rasch entschieden werden, ob die Tätigkeit weiter ausgeübt werden kann. Möglicherweise müssen besonders gefährdende Einzeltätigkeiten ausgeschlossen werden oder eine zeitlich befristete Umsetzung in eine weniger gefährdende Umgebung erfolgen. Eventuell ist auch eine berufliche Um- oder Neuorientierung ratsam, z. B. im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe. Es wird empfohlen, sich bei diesen Entscheidungen an Abbildung 17 zu orientieren.