DGUV Information 201-005 - Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung (BioStoffV) Tätigkeiten mit Boden sowie bei Grundwasser- und Bodensanierungsarbeiten

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Abschnitt 7.4 - 7.4 Schutzmaßnahmen bei Verdacht auf Milzbranderreger (Bacillus anthracis)

Besteht aufgrund der Ermittlung der Gefahren nach Abschnitt 6.2 und 6.4 der Verdacht auf das Vorhandensein von Milzbranderregern, sind zusätzlich zu den unter Abschnitt 7.1 bis 7.3 genannten Maßnahmen die im folgenden aufgeführten Schutzmaßnahmen erforderlich.

7.4.1
PCR-Untersuchung negativ

Ergeben die Untersuchungen auf Milzbrand mittels PCR an den Untersuchungsschwerpunkten (z.B. Wäscherei, Kanalisation, Abfallbereich) keinen positiven Befund, ist von keiner erhöhten Gefährdung auszugehen und es sind keine weiteren Schutzmaßnahmen erforderlich.

Es empfiehlt sich jedoch, im Rahmen der Unterweisung auf die mögliche Gefährdungen durch Milzbranderreger einzugehen und mit einem gesonderten Aushang in der Arbeitsstätte darauf hinzuweisen.

7.4.2
PCR-Untersuchung positiv, Nachweis auf Lebensfähigkeit negativ

Bei positivem PCR-Nachweis sind zusätzlich folgende Maßnahmen zu treffen:

7.4.2.1
Organisatorische Maßnahmen

Abtrennung und Kennzeichnung des Arbeitsbereiches

Die kontaminierten Bereiche sind vor dem Zutritt Unbefugter zu schützen, einzuzäunen und mit dem Hinweis "Milzbrandgefahr" unter Verwendung des Symbols für Biogefährdung, (s. Abschnitt 7.3.4 bzw. Anhang 6) zu kennzeichnen. Die Schwarz/Weiß-Anlage ist in die Umzäunung einzubeziehen.

In kontaminierten Bereichen dürfen Sozialräume, Büros, Labors, Unterkünfte, Werkstätten und Lagerräume nicht errichtet und bereits vorhandene derartige Anlagen nicht benutzt werden.

Unterweisung

Die Beschäftigten müssen auf die mögliche Gefährdung durch Milzbranderreger besonders hingewiesen werden. Es ist darauf hinzuweisen, beim geringsten Infektionsverdacht sofort ein Krankenhaus aufzusuchen.

Memocard

Allen Personen, die mit dem kontaminierten Boden in Kontakt kommen können, ist im Rahmen der Unterweisung eine Memocard (s. Anhang 7) auszuhändigen.

Die Beschäftigten haben die Memocard auch außerhalb der Arbeitszeit bis einschließlich zwei Woche nach Abschluss der Baumaßnahmen mit sich zu führen und bei Verletzungen und bei Krankheitsverdacht einem Arzt auszuhändigen.

7.4.2.2
Schutzkleidung

Als Schutz vor Milzbrandsporen ist ein Einwegschutzanzug Kategorie III, Typ 5 oder 6 zu tragen.

7.4.2.3
Handschutz

Als Schutz vor Milzbrandsporen ist ein Einwegschutzanzug Kategorie III, Typ 5 oder 6 zu tragen.

7.4.3
Nachweis auf Lebensfähigkeit positiv

7.4.3.1
Anforderungen der Baustellenverordnung

Sind auf dem Standort lebensfähige Milzbranderreger nachweisbar, sind diese Tätigkeiten im Sinne des § 2 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang II der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung - BaustellV) als besonders gefährliche Arbeiten einzustufen. Danach ist beim Einsatz von Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber vor Einrichtung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan aufzustellen, um eine gegenseitige Gefährdung zu vermeiden. Weitere ggf. erforderliche Maßnahmen sind der Verordnung zu entnehmen.

7.4.3.2
Beschäftigungsbeschränkung

Nach § 10 Abs. 5 der BioStoffV dürfen Beschäftigte nur dann Tätigkeiten mit dem kontaminierten Boden durchführen, wenn sie ausreichend fachkundig und eingewiesen sind. Der Unternehmer hat sich vor Übertragung der Tätigkeiten über die erforderlichen Schutzmaßnahmen fachkundig beraten zu lassen, soweit er nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse verfügt.

7.4.3.3
Organisatorische Maßnahmen

Baustelleneinrichtung

Für die Schwarz-/Weiß-Trennung, s. Abschnitt 7.3.1 ist eine Mehrkammerschleuse vorzusehen.

Die Baustelleneinrichtung ist um einen Waschplatz mit Abscheideeinrichtung zur Reinigung von Fahrzeugen und Geräten sowie bei Bedarf um eine Fahrzeugschleuse zu erweitern.

Das dabei anfallende Abwasser ist fachgerecht zu entsorgen. Die Entsorgung der Materialien aus der Fahrzeug- und Gerätewäsche muss nach der:

"Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnis-Verordnung - AVV)" erfolgen (BGBl. III/FNA 2129-27-2-14). Maßgeblich ist die Herkunft der Abfälle, nicht die einzelnen Inhaltsstoffe. Spezielle Schlüssel für bakterienbelastete Böden und Wässer gibt es nicht. Folgende AVV-Schlüssel scheinen hierfür geeignet zu sein:

  • 19 13 03 Schlämme aus der Sanierung von Böden, die gefährliche Stoffe enthalten,

  • 19 13 07 wässrige flüssige Abfälle und wässrige Konzentrate aus der Sanierung von Grundwasser, die gefährliche Stoffe enthalten.

Beide Schlüssel kennzeichnen besonders überwachungsbedürftige Abfälle.

Reinigung

Im kontaminierten Bereich eingesetzte Geräte sind vor Verlassen des Schwarzbereiches gründlich zu reinigen. Bei der Reinigung der Geräte und Baumaschinen ist eine Aerosolbildung zu vermeiden. Sollte dies nicht möglich sein, ist als persönliche Schutzausrüstung Schutzanzug der Kat III, Typ 4 sowie Vollmaske zu tragen.

Notfallplan

Auf die Milzbrandproblematik ist im Notfallplan besonders einzugehen.

7.4.3.4
Einbindung weiterer Stellen

Anzeigepflicht:

Tätigkeiten mit Gefährdung durch lebensfähige Milzbranderreger sind nach § 13 (5) der BioStoffV anzeigepflichtig. Zuständige Behörden sind die staatlichen Arbeitsschutzbehörden. Es empfiehlt sich auch den zuständigen Unfallversicherungsträger zu informieren.

Unterrichtung der Krankenhäuser:

Milzbrand ist in Europa eine seltene Erkrankung. So kann es zu einer verspäteten Diagnose und somit Behandlung kommen. Deshalb sind im Rahmen der Notfallplanung die zuständigen Krankenhäuser und Ärzte rechtzeitig auf diese Problematik hinzuweisen. Es empfiehlt sich hierbei, den beratenden Betriebsarzt einzubinden.

Unterrichtung der Behörde bei Unfällen oder Betriebsstörungen:

Nach § 16 (2) der BioStoffV ist die zuständige Behörde unverzüglich über jeden Unfall und jede Betriebsstörung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zu unterrichten, die zu einer Gesundheitsgefahr der Beschäftigten führen können. Krankheits- und Todesfälle, die auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zurückzuführen sind, sind der zuständigen Behörde unverzüglich unter Angabe der Tätigkeit mitzuteilen.

7.4.3.5
Hautschutz

Der direkte Kontakt der Haut mit dem Boden ist strikt zu vermeiden. Personen mit Hautverletzungen oder Ekzemen dürfen am Standort nicht eingesetzt werden, wenn Hautkontakte auf Grund der Tätigkeit nicht sicher ausgeschlossen werden können. Die intakte Haut ist durch Hautschutz und Pflegemaßnahmen, die im Hautschutzplan festgelegt werden, zu erhalten. Die Reinigung möglicherweise kontaminierter Hautstellen ist sofort und gründlich mit viel Wasser und Seife durchzuführen. Die betroffene Hautstelle ist täglich über einen Zeitraum von 14 Tagen auf Veränderungen hin zu beobachten. Die verletzte, möglicherweise kontaminierte Haut ist steril abzudecken und unverzüglich dem Durchgangsarzt (D-Arzt) vorzustellen.

7.4.3.6
Persönliche Schutzmaßnahmen

Schutzkleidung

Bei starker Beanspruchung des Schutzanzuges sind 2 Anzüge der Kat. III, Typ 5 oder 6 übereinander zu verwenden, damit kein Erreger durch evtl. vorhandene Verschleißstellen an die Haut oder textile Unterkleidung gelangen kann. Die Kapuze ist aufzusetzen. Bei möglichem Kontakt mit Spritzwasser ist Einwegschutzkleidung Kat III, Typ 4 zu verwenden.

Handschutz

Als Schutz vor Milzbrandsporen sind 2 Schutzhandschuhe übereinander zu tragen. Dies sind z.B. Latexhandschuhe auf der Haut und darüber robuste Gummi- oder Lederhandschuhe oder z.B. für Schreibtätigkeiten leichte Vinylhandschuhe.

Atemschutz

Bei Staubentwicklung sind Vollschutzmasken mit P3-Filter einzusetzen.

Schutz vor oraler Aufnahme

Zum Schutz vor oraler Aufnahme wird Mundschutz empfohlen. Zum Schutz vor Aufnahme von Milzbrandsporen über die Augen (Tränenkanal) wird das Tragen einer Schutzbrille empfohlen. Bei Verwendung von Vollschutzmasken mit P3-Filtern ist der Schutz gegeben.

7.4.3.7
Entsorgung Persönliche Schutzausrüstung

Schutzanzüge, Filter sowie Handschutz sind nach Gebrauch im Schwarzbereich der S/W-Anlage in staubdichte Behälter zu füllen und fachgerecht zu entsorgen. Dies muss von einer Fachfirma, z.B. zur Entsorgung von Krankenhausabfällen, durchgeführt werden.

Im kontaminierten Bereich eingesetzte Geräte sind vor Verlassen des Schwarzbereiches gründlich zu reinigen.

7.4.3.8
Immunisierung

Im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist zu prüfen, inwieweit eine Immunisierung der Beschäftigen notwendig ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es keinen in Deutschland zugelassenen Impfstoff gibt. Der Impfstoff ist nur über internationale Apotheken zu beziehen.