DGUV Information 209-009 - Galvaniseure

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Abschnitt 2.3 - 2.3 Arbeiten an Prozessbehältern/mechanische Gefährdungen

Das oberste Gebot für das Arbeiten an Prozessbehältern ist die Beachtung der Betriebsanweisung. Sie ist Kernforderung verschiedener Rechtsvorschriften, die für den Arbeitsplatz gelten:

  • Betriebssicherheitsverordnung § 12 (2) [19]

  • Gefahrstoffverordnung § 14 [1]

  • TRGS 555 "Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten" [30]

  • DGUV Information 211-010 "Sicherheit durch Betriebsanweisungen" [31]

Besondere Gefährdungen bestehen beim Ansetzen, Befüllen, Entleeren und Reinigen der Prozessbehälter.

Beim Ansetzen der Elektrolyte und Prozessflüssigkeiten ist Folgendes zu beachten:

  • Konzentrierte Säure langsam und unter Umrühren dem Wasser zugeben, nie umgekehrt.

  • Selbsterhitzung beim Zusetzen von Schwefelsäure und beim Auflösen von Alkalien und Ätzkalk berücksichtigen.

  • Zum Umrühren keine Rohre benutzen.

  • Transport- und Lagergefäße vorsichtig öffnen, weil sie aus verschiedenen Gründen unter Druck stehen können; Gesichtsschutz tragen [9]!

  • Aufgrund der Spritzgefahr beim Umfüllen von Flüssigkeiten und beim Auflösen von ätzenden Chemikalien ist Gesichtsschutz [9] und Körperschutz [7] zu tragen!

  • Beim Einfüllen staubender Stoffe, z. B. Ätznatron, Chromtrioxid, Nickelsulfat, oder staubender Zusätze, z. B. pulverförmige Entfettungs- oder Netzmittel, sind die ermittelten Schutzmaßnahmen zu treffen und anzuwenden (Betriebsanweisung).

Beim Befüllen von Prozessbehältern, zu dem auch das Nach- und Auffüllen sowie Korrekturen der Prozessflüssigkeiten gehören, können Gefahren auftreten durch

  • Verwechseln von Prozessbehältern und Zusätzen,

  • Überlaufen von Behältern und

  • nicht ausreichend befestigte Schlauchverbindungen, z. B. bei Fasspumpen.

Manuelle und nicht automatisch überwachte Befüllvorgänge sind ständig zu beaufsichtigen.

Für das Herausholen von Gegenständen, die in den Prozessbehälter gefallen sind, müssen die vorhandenen Hilfsmittel, z. B. Magnete oder Haken, verwendet werden. Dabei ist auf einen sicheren Stand zu achten.

An Handanlagen besteht die Möglichkeit der Verletzung durch Spritzer, weil sich die Bedienpersonen direkt am Prozessbehälter aufhalten und die Werkstücke von Hand einsetzen. Durch die Form der Werkstücke selbst können Spritzer oder Eruptionen auftreten. Offene Hohlkörper und Rohre sind deshalb besonders vorsichtig einzutauchen. Bei geschlossenen Hohlkörpern ist zu beachten, dass sich beim Einsetzen in heiße Prozessbehälter ein Innendruck aufbaut, der bereits bei 100 °C Betriebstemperatur etwa ein Drittel über dem Normaldruck liegt.

Beim Entleeren der Prozessbehälter in Zwischenbehälter treten zusätzliche Gefahren auf, wenn das Behältermaterial nicht beständig gegen die Prozessflüssigkeit und die Temperatur ist oder sich Reste von anderen Chemikalien darin befinden. Kann der Zwischenbehälter nicht den gesamten Inhalt des Prozessbehälters aufnehmen, ist der Umfüllvorgang ständig zu beobachten, um rechtzeitig gestoppt werden zu können.

Beim Reinigen von Behältern können Gefahren auftreten, besonders

  • durch Restmengen (z. B. Elektrolyt, Beize usw.) im Behälter,

  • durch Rückstände mit gefährlichen Eigenschaften (z. B. Schlamm, Ablagerungen, Auskristallisation),

  • bei der Entsorgung der Rückstände,

  • in nicht völlig geschlossenen Behältern und

  • beim Reinigen der Abluftanlage.

Wenn aufgrund der Größe der Behälter in diese eingestiegen werden muss, sind Schutzmaßnahmen zu treffen, die abhängig von den durchzuführenden Arbeiten und eingesetzten Stoffen sind, zum Beispiel:

  • sicheres Stillsetzen der Anlage

  • besondere Unterweisung

  • Freigabe und Befahrerlaubnis

  • umgebungsluftunabhängiger Atemschutz [10]

  • Schutzanzug [7]

  • Gummistiefel [32]

  • Schutzhandschuhe [8]

  • Gesichtsschutz [9]

  • Überwachung der Arbeiten durch einen Sicherheitsposten

  • keine Alleinarbeit

Prozessbehälter, über denen Arbeiten stattfinden, müssen tragfähig abgedeckt sein oder es müssen Absturzsicherungen verwendet werden.

2.3.1 Manuelle Anlagen

Bei manuellen Anlagen werden die Warenträger von Hand in die einzelnen Prozessbehälter gesetzt. Da die einzelnen Prozessschritte händisch durchgeführt werden, kann es aus ergonomischer Sicht zu einer erheblichen Belastung des Körpers, besonders des Rückens, kommen. Die Gehwege sind frei von Gegenständen zu halten, über die man stolpern könnte.

Weitere Gefährdungen:

  • Thermische Gefährdungen durch heiße Elektrolyte

  • Absturz in die Prozessbehälter (z. B. aufgrund geringer Wannenrandhöhe des Prozessbehälters)

  • Verletzung durch Spritzer der Elektrolyten (Hineinfallen des Trägers; Eintauchen/Herausnehmen von Hohlkörpern und Rohren)

  • Mechanische Gefährdung durch Warenträgerbewegungen

  • Stolpern/Ausrutschen

  • Elektromagnetische Felder in der Nähe von Wechselrichtern oder Gleichrichtern

Nach den technischen Maßnahmen, wie einer Absaugeinrichtung, und organisatorischen Maßnahmen, wie das Beschränken der Aufenthaltsdauer am Prozessbehälter, ist das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung, wie Augen- oder Gesichtsschutz [9], Schutzhandschuhen mit Stulpe [8], Schürze [7], Sicherheitsschuhen oder Gummistiefeln [32], eine Schutzmaßnahme gegen Gefahrstoffe.

2.3.2 Halbautomatische Anlagen

Die Bedienperson führt das Werkstück mit dem Beschickungsgerät oder dem Kran zum Prozessbehälter. Mit dem Kran erfolgt dann das Eintauchen großer Werkstücke, zum Beispiel Walzen oder Wellen, in den Elektrolyten. Bei Massenartikeln kann das auch mit Gestellen oder mit Einhängetrommeln geschehen. Der Verfahrweg kann dabei teil-automatisiert erfolgen.

Auch bei den halbautomatischen Anlagen befindet sich die Bedienperson relativ nahe an den Prozessbädern, deshalb sind die unter Abschnitt 2.3.1 genannten Gefährdungen zu beachten und Schutzmaßnahmen festzulegen. Zusätzlich treten hier mechanische Gefahrstellen auf, zum Beispiel Zahnradantriebe an Trommeln oder Scher- und Quetschstellen an den Warenträgeraufnahmen. Die Gehwege sind frei von Gegenständen zu halten, über die man stolpern könnte.

2.3.3 Galvanikautomaten

Die Anlagenbeschickung erfolgt automatisch gesteuert, das heißt programmiert. Die Bedienpersonen arbeiten nicht direkt am Elektrolyten. Die Werkstücke werden entweder außerhalb der Anlage auf spezielle Warenträger (Gestelle) aufgesteckt, oder alternativ in Trommeln gefüllt. Das Gestell oder die Einhängetrommel wird vom Beschickungsgerät der Anlage aufgenommen und programmgesteuert zu den Prozessbädern transportiert.

Um die geforderte Oberflächenqualität zu erzielen, können Warenträgerbewegungen notwendig sein, die zu mechanischen Gefährdungen führen können. Mit einer Elektrolytbewegung kann mit höheren Stromdichten gearbeitet werden Das erfolgt durch Umpumpen oder durch das Einblasen von gereinigter Druckluft. Alternativ werden auch Seitenkanalverdichter eingesetzt.

2.3.4 Umgang mit Beschickungseinrichtungen

Zu den Beschickungseinrichtungen zählen vor allem Hub- und Schwenktrommelanlagen, Schienenlaufkatzen, Querumsetzer, Transportwagen in vielfältiger konstruktiver Ausgestaltung.

An den Beschickungseinrichtungen, die zum Teil automatisch anlaufen, treten mechanische Gefahrstellen auf, zum Beispiel Zahnradantriebe an Trommeln oder großräumige Scher- und Quetschstellen an Automaten (z. B. mit festen Teilen der Umgebung, Gebäudestützen und Pfeilern).

Diese Gefahrstellen müssen gesichert sein, zum Beispiel durch Not-Halt-Schaltbügel oder ähnlich wirkende Schutzeinrichtungen.

Schutzeinrichtungen (Verkleidungen, Lichtschranken, Positionsendschalter usw.) dürfen nicht abgebaut oder unwirksam gemacht werden (Abb. 2.6).

Beschädigungen an Sicherheitseinrichtungen sind umgehend zu melden. Schutzeinrichtungen, die für Reinigungs-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten demontiert wurden, sind vor Inbetriebnahme der Anlage wieder anzubringen.

Beschickungseinrichtungen sind aufgrund der betrieblichen Abläufe und der Belastungen durch Chemikalien erfahrungsgemäß einem erhöhten Verschleiß unterworfen.

Das gilt auch für die an ihnen angebrachten Sicherheitseinrichtungen. Schaltelemente dürfen nicht verbiegen, Bügel nicht korrodieren, Reißleinen nicht schlaff werden (Abb. 2.7 und Abb. 2.8).

Die Gefahrstoffverordnung [1] nennt für Sicherheitseinrichtungen ein Prüfintervall von maximal 3 Jahren. Die konkreten Prüfintervalle von Schutzeinrichtungen werden in Abschnitt 11 definiert. Schutzeinrichtungen, die sich in Bereichen befinden, in denen regelmäßig gearbeitet wird, sollten häufiger auf Funktion geprüft werden.

Beispiele für arbeitstägliche Überprüfung:

  • Notendhalteeinrichtungen, Anfahrbügel, Reißleinen, Not-Befehlseinrichtungen und

  • Wirksamkeit von Absaugungen

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Abb. 2.6
Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen, z. B. zur Absicherung der Gefahrstellen an Querumsetzern von Galvanoautomaten

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Abb. 2.7
Reißleine, mit Sicherheitseinrichtung gegen Schlaffseil

Diese Anforderungen werden zweckmäßigerweise in der Betriebsanweisung festgelegt, und die Prüfungen sind zu dokumentieren. Mängel sind unverzüglich den Vorgesetzten zu melden.

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Abb. 2.8
Anfahrbügel mit Abdeckplatte am Transportwagen