DGUV Information 209-008 - Einrichten von Pressen

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Abschnitt 13 - 13 Zweihandschaltungen (ZHS)

ZHS sind Einrichtungen, die mindestens die gleichzeitige Betätigung durch beide Hände erfordern, um den Betrieb einer Maschine einzuleiten und aufrechtzuerhalten, solange eine Gefährdung besteht, um auf diese Weise eine Maßnahme zum Schutz der betätigenden Person zu erreichen.

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Abb. 27
ZHS an Exzenterpresse

ZHS (eine pro Bedienperson!)

ccc_1517_as_32.jpgsind an funktional sicheren und an funktional unsicheren Pressen einsetzbar
ccc_1517_as_32.jpghaben fangende Wirkung
ccc_1517_as_32.jpgschützen weitere Personen außer den beim Einrichten berücksichtigten Bedienpersonen
ccc_1517_as_32.jpgsichern den Werkzeugeinbauraum je nach Ausführung bzw. Einbauort zulässigerweise auch von den Nicht-Bedienseiten ab

(Legende: ccc_1517_as_32.jpg Ist nicht erfüllt ccc_1517_as_31.jpg Ist erfüllt).

Weil ZHS die Stößel-Bewegung von Pressen mit formschlüssigen Kupplungen, zum Beispiel Drehkeilkupplungen, nicht anhalten können, dürfen ZHS nicht an Pressen mit solchen Kupplungen (und allgemein nicht an funktional unsichere Pressen) angebaut sein. Es ist als ein grober Fehler von Pressenprüfpersonen zu werten, das zu übersehen. An Pressen mit formschlüssigen Kupplungen (allgemein an funktional unsicheren Pressen) noch vorhandene ZHS werden aufgrund vorhersehbarer Irrtümer am besten demontiert.

Für die Ausführung von ZHS gilt die DIN EN ISO 13851.

Je nach angestrebter Risikoreduzierung werden verschiedene "Typen" von Zweihandschaltungen eingesetzt:

Tabelle 7
Typen von Zweihandschaltungen

Typ ITyp IITyp III
Für Start beide Taster drückenXXX
Vor Neustart beide Taster loslassenXX
Synchrone Taster-Betätigung innerhalb von 0,5 sX

ZHS als Sicherheitssystem für die Bedienperson müssen Typ III der DIN EN ISO 13851 entsprechen, Einricht-ZHS mindestens Typ II der DIN EN ISO 13851.

Besonderes Augenmerk legen die Herstellfirmen von sicherheitstechnisch guten Zweihand-Bedienpulten darauf, dass das Auslösen mit nur einer Hand, mit Hand und Ellenbogen desselben Arms oder mit einer Hand und mit einem anderen Körperteil, zum Beispiel dem Knie, nicht möglich ist. Die dazu erforderliche Trennung wird erreicht durch:

  • Abstand

  • Trennwände/Überdeckungen

  • Kragen

Manipulationssichere und ergonomische Zweihandschaltungen können auch mit "Safeballs" aufgebaut werden. Jeder "Safeball" besteht aus einer Kugel mit zwei eingebauten Drucktastern.

Damit nicht ein Stellteil von ZHS festgesetzt werden kann (und dadurch eine Einhandschaltung entsteht), überwachen vorschriftsmäßige ZHS für den Produktionsbetrieb die Zeit zwischen den Betätigungen der beiden Stellteile. Bei zu langer verstrichener Zeit wird der Betrieb der gesteuerten Presse nicht eingeleitet. Bei Loslassen eines Stellteils von ZHS wird die Presse gestoppt.

Damit Pressen schneller stoppen als Bedienperson(en) beim reflexmäßigen Nachgreifen zum Erreichen der nächstgelegenen Gefahrstelle brauchen, muss der Sicherheitsabstand von ZHS mindestens

S = 1,6 m/s x Pressen-Nachlaufzeit + Zuschlag

betragen.

Tabelle 8
Zuschlag

FallZuschlag mm
Überdeckte ZHS-Stellteile0
Nicht überdeckte ZHS-Stellteile250

Bei alten hydraulischen Pressen ohne "CE" muss bei der "Berechnung" des erforderlichen Sicherheitsabstands von ZHS kein Zuschlag addiert werden.

Der Sicherheitsabstand von ZHS muss ≥ 100 mm sein.

Der gegenüber Lichtvorhängen geringere Wert der angesetzten Greifgeschwindigkeit kommt daher, dass die Hände beim reflexmäßigen Nachgreifen (Loslassen der ZHS-Stellteile) erst aus der Ruhe beschleunigt werden.

Der Sicherheitsabstand von Zweihandschaltungen wird (ggf. um eine Stellteil-Überdeckung herum) mit dem Bandmaß ab Mitte Stellteil bis zur nächstgelegenen Gefahrstelle gemessen. Bei überdeckten Stellteilen stellt die Messung von der dem Werkzeugeinbauraum abgewandten Überdeckungs-Kante bis zur nächstgelegenen Gefahrstelle eine Abschätzung zur sicheren Seite dar.

Um den mindestens erforderlichen Sicherheitsabstand einzuhalten, sind "aufgeständerte" Zweihand-Bedienpulte mitunter mit Abstandsringen ausgestattet.

Damit die Schutzwirkung von den Pressen-Bedienpersonen nicht durch Verschieben vermindert oder aufgehoben wird, müssen verschiebbare ZHS nach Justage gegen Verschieben gesichert werden.

Da die Angabe des ZHS-Sicherheitsabstands beim Einrichten benötigt wird, müssen Nachlaufzeit (T) und Sicherheitsabstand (S) an Pressen mit ZHS als Schutzeinrichtungen angegeben sein. Fehlende Angaben von T und S stellen einen Anhaltspunkt dafür dar, dass eine Presse mit ZHS als Sicherheitssystem für die Bedienperson funktional unsicher ist.

Auf der anderen Seite muss der an der Presse angegebene Sicherheitsabstand von den Einrichtpersonen auch eingehalten werden. Einrichtpersonen müssen keine Sicherheitsabstände errechnen.

Bei Handeinlegepressen mit ZHS als Schutzeinrichtungen ist aus Gründen der Ausbringung die "Übernahme" verbreitet. Bei realisierter "Übernahme" kann im Öffnungshub der Presse eingegriffen und das Werkstück entnommen werden. Wenn eine "Übernahme" erfolgt, kommt es auf die korrekte Einstellung des Übernahmepunktes an.

An größeren Pressen mit ZHS als Schutzeinrichtungen sind tödliche Pressenunfälle vorgekommen, deren Ursache darauf zurückzuführen war, dass nicht für jede Bedienpersonen eine ZHS vorgewählt war und sich die verunfallte Person beim Pressen-Ingangsetzen undetektiert im Pressen-Innenraum aufhalten konnte.

Beim Bedienen von Pressen mit ZHS als Schutzeinrichtungen muss daher die Anzahl an (eingesteckten und) zugeschalteten ZHS der Anzahl der an der Presse tätigen Personen entsprechen. Pro an der Presse tätiger Person eine ZHS!

ZHS werden bei neueren/neuen Pressen der Metallbearbeitung von Schutzeinrichtungen verdrängt, die auch den Schutz "Dritter" gewährleisten. An schnell laufenden hydraulischen Gesenkbiegepressen, die ab Oktober 2001 gebaut wurden, wird man sie als Handschutzmaßnahme nicht mehr finden; dasselbe gilt für den Produktionsbetrieb für hydraulische Metall-Kaltpressen, die ab November 2011 gebaut wurden und für Metall-Kaltpressen mit anderem als hydraulischen Hauptantrieb neuester Herstellung.

Eine Möglichkeit der Ausstattung neuer/neuerer mechanischer, hydraulischer oder pneumatischer Metall-Kaltpressen mit ZHS als Sicherheitssystem für die Bedienperson eröffnet die DIN EN ISO 16092-1 aber doch:

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Abb. 28
Werkzeugeinbauraum - Absicherung einer neuen/neueren Metall-Kaltpresse mit ZHS und trennenden Schutzeinrichtungen

Die Idee dabei ist, dass die an der Presse arbeitende Bedienperson die vorderseitige Zugangsöffnung zum Werkzeugeinbauraum mit ihrem Oberkörper "verdeckt".

Sichtprüfung von ZHS:

  • Sind keine Beschädigungen/unzulässigen Veränderungen/Manipulationen erkennbar?

  • Ist der vorhandene Sicherheitsabstand grösser als der (oder gleich dem) erforderliche(n) und beträgt mindestens 100 mm?

Sichtprüfung der Werkzeugbefestigung:

  • Sind das Ober- und Unterwerkzeug nach Angabe der Pressenherstellfirma befestigt?

  • Sind vorhandene Spannschrauben nicht zu lang?

  • Wenn vorhanden: Befinden sich die Distanzstücke nicht mehr im Pressenwerkzeug?

Wirkungskontrolle:

  • Führt das Loslassen eines ZHS-Stellteils zum Stoppen der Pressen-Schließbewegung?

  • Speziell bei Mehrpersonenbedienung (meist) größerer Handeinlegepressen mit ZHS als Sicherheitssystem für die Bedienperson: Lässt sich die Presse nur in Gang setzen, wenn alle ZHS (eine pro Bedienperson) gemeinsam betätigt werden?

Check der Pressen-Einstellungen:

  • Ist bei variablem Hub die Hublänge korrekt eingestellt?

  • Ist bei realisierter Übernahme der Übernahmepunkt nicht zu hoch eingestellt?

  • Ist die Hublage korrekt eingestellt (Exzenter- und verwandte Pressen)?

  • Ist die Presskraft korrekt eingestellt (hydraulische Pressen)?

  • Ist die Schlagenergie korrekt eingestellt (Spindelpressen)?

  • Maschinenspezifisches

Ist der Wahlschalter (Abschließen!) oder das Betriebsarten-Auswahlsystem (Abschließen oder Passwort-Schützen!) dem allgemeinen Zugriff entzogen?

Bei Mängelfeststellungen darf die Maschine oder Anlage nicht für die Produktion freigegeben werden!