DGUV Information 209-008 - Einrichten von Pressen

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Abschnitt 12 - 12 Vertikale berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen (BWS) | Lichtvorhänge (LV) | Aktive optoelektronische Schutzeinrichtungen (AOPD)

BWS sind Einrichtungen, bei denen ein Schaltvorgang durch Veränderung optischer, elektromagnetischer, elektrostatischer oder anderer Felder ausgelöst wird.

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Abb. 24
LV an hydraulischer Presse

LV/AOPD sind BWS, die mit mehreren parallelen Lichtstrahlen arbeiten.

LV/AOPD (an größeren Pressen in Verbindung mit einer Steuereinrichtung pro Bedienperson!)

ccc_1517_as_32.jpgsind an funktional sicheren und an funktional unsicheren Pressen einsetzbar
ccc_1517_as_32.jpghaben fangende Wirkung
ccc_1517_as_31.jpgschützen weitere Personen außer den beim Einrichten berücksichtigten Bedienpersonen (es sei denn, die weiteren Personen halten sich dahinter auf )
ccc_1517_as_31.jpgsichern den Werkzeugeinbauraum je nach Ausführung oder Einbauort zulässigerweise auch von den Nicht-Bedienseiten ab

(Legende: ccc_1517_as_32.jpg Ist nicht erfüllt ccc_1517_as_31.jpg Ist erfüllt).

Weil LV/AOPD die Stößel-Bewegung von Pressen mit formschlüssigen Kupplungen, zum Beispiel Drehkeilkupplungen, nicht anhalten können, dürfen LV/AOPD nicht an Pressen mit solchen Kupplungen (und allgemein nicht an funktional unsichere Pressen) angebaut werden. Es ist als ein grober Fehler von Pressenprüfpersonen zu werten, das zu übersehen. An Pressen mit formschlüssigen Kupplungen (allgemein an funktional unsicheren Pressen) noch vorhandene LV/AOPD werden aufgrund vorhersehbarer Irrtümer am besten demontiert.

Für die Ausführung von LV/AOPD gilt die DIN EN IEC 61496-1/-2.

LV/AOPD als Sicherheitssystem für die Bedienperson müssen dem Typ 4 der DIN EN IEC 61496 entsprechen, das heißt, ihre Schutzwirkung muss selbst bei Auftreten von mehreren Fehlern erhalten bleiben. Wenn die erforderliche Risikoreduzierung weniger groß ist, sind LV/AOPD nach DIN EN IEC 61496 Typ 2 ausreichend, deren Schutzwirkung im Fehlerfall zwischen Tests beeinträchtigt sein kann.

LV/AOPD stoppen Pressen oder lassen ihr Ingangsetzen nicht zu, wenn ein Körper im Lichtfeld zwischen Sender und Empfänger erkannt wird.

Bei Handeinlegepressen mit LV/AOPD als Schutzeinrichtungen ist aus Gründen der Ausbringung die "Übernahme" verbreitet. Bei realisierter "Übernahme" kann im Öffnungshub der Presse eingegriffen und das Werkstück entnommen werden. Wenn eine Übernahme erfolgt, kommt es auf die korrekte Einstellung des Übernahmepunkts an.

Damit Pressen schneller stoppen als Bedienperson(en) beim reflexmäßigen Nachgreifen zum Erreichen der nächstgelegenen Gefahrstelle brauchen, muss der Sicherheitsabstand von vertikalen LV/AOPD mindestens

S = 2 m/s x Pressen-Nachlaufzeit + Zuschlag C

betragen.

(Die Pressen-Nachlaufzeit beinhaltet die LV/AOPD-Ansprechzeit.)

Tabelle 6
Zuschlag C (Eindringabstand) bei vertikalen LV/AOPD:

Erkennungsfähigkeit, dEindringbereich, CZyklusauslösung durch das AOS
d ≤ 140zulässig
14 < d ≤ 2080
20 < d ≤ 30130
30 < d ≤ 40240nicht zulässig
40 < d ≤ 70850

In Sonderfällen können bei der "Berechnung" des erforderlichen Sicherheitsabstands vertikaler LV/AOPD geringere Greifgeschwindigkeiten und Zuschläge "angesetzt" werden. (Weiterführende Informationen dazu finden Sie in der DGUV Information 209-030 "Pressenprüfung".)

Der Sicherheitsabstand vertikaler LV/AOPD muss ≥ 100 mm betragen.

Der gegenüber Zweihandschaltungen höhere Wert der angenommenen Greifgeschwindigkeit resultiert aus dem "fliegenden Start" beim reflexmäßigen Nachgreifen durch das Schutzfeld von LV/AOPD hindurch.

Der Sicherheitsabstand von vertikalen LV/AOPD wird ab Mitte LV/AOPD bis zur nächstgelegenen Gefahrstelle gemessen.

Da die Angabe des LV/AOPD-Sicherheitsabstands beim Einrichten benötigt wird, müssen Nachlaufzeit (T) und Sicherheitsabstand (S) an Pressen mit LV/AOPD als Schutzeinrichtungen angegeben sein. Fehlende Angaben von T und S stellen einen Anhaltspunkt dafür dar, dass eine Presse mit LV/AOPD als Sicherheitssystem für die Bedienperson funktional unsicher ist.

Auf der anderen Seite muss der an der Presse angegebene Sicherheitsabstand von den Einrichtpersonen auch angewendet werden. Einrichtpersonen müssen keine Sicherheitsabstände errechnen.
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Abb. 25
Typenschild mit Kenndaten, Angaben von Nachlauf und Sicherheitsabstand

Damit die Schutzwirkung von den Pressen-Bedienpersonen nicht durch Verschieben vermindert oder aufgehoben wird, müssen verschiebbare LV/AOPD nach Justage gegen Verschieben gesichert werden.

Gegen Über-/Unter-/Umgreifen oder Durchgreifen (bei ausgeblendeten Bereichen) müssen Sicherheitsabstände nach DIN EN ISO 13857 eingehalten werden

Das undetektierte Hintertreten pressenvorder- oder rückseitiger LV/AOPD darf nach "Metallpressen-Sicherheitsvorschriften" nicht möglich sein (außer durch Betreten des Pressentischs größerer Pressen oder das Daraufklettern).

LV/AOPD benötigen einen (Einzel-) Quittiertaster. Damit die Einsicht in den "Hintertretbereich" beim Quittieren sichergestellt ist, sollen Quittiertaster auf derselben Pressenseite angebracht sein wie die damit zu quittierende LV/AOPD.

Damit die Wirksamkeit von LV/AOPD unmittelbar ersichtlich ist, müssen die Leuchtmelder bei LV/AOPD-Abwahl erlöschen.

Bei manchen LV/AOPD können Teile des Schutzfelds ausgeblendet werden. Im Zusammenhang mit solchen "Lücken", die durch Schutzfeld-"Abtasten" gefunden werden können, sind zusätzliche Vorbeugungsmaßnahmen erforderlich (z. B. mechanischer Schutz).

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Abb. 26
BWS-Schutzfeld mit (mechanisch abgesichertem) ausgeblendetem Teil

Zum Abtasten des LV/AOPD-Schutzfelds liefern die Herstellfirmen Prüfstäbe im passenden Durchmesser mit. Damit sie ohne Suchen verfügbar sind, werden sie am besten an der jeweiligen Presse angekettet.

Durch Abtasten des Schutzfelds an den Rändern kann man sich vergewissern, dass dessen Auflösung dort ebenfalls ausreicht (was normalerweise gegeben sein wird).

An größeren Pressen mit LV/AOPD als Schutzeinrichtungen sind tödliche Pressenunfälle vorgekommen, deren Ursache darauf zurückzuführen war, dass nicht für jede Bedienperson eine Befehlseinrichtung zum Ingangsetzen vorgewählt war und sich die verunfallte Person beim Pressen-Ingangsetzen undetektiert im Pressen-Innenraum aufhalten konnte.
Beim Bedienen größerer (Handeinlege-) Pressen mit LV/AOPD als (primäre) Schutzeinrichtungen und
  • maximaler Hublänge größer 600 mm oder

  • Tischtiefe größer 1000 mm oder

  • Tischhöhe kleiner 750 mm


muss daher die Anzahl an (eingesteckten und) zugeschalteten Befehlseinrichtungen zum Ingangsetzen (oder äquivalenter Einrichtungen) der Anzahl der an der Presse tätigen Personen entsprechen. Pro an der Presse tätiger Person eine Befehlseinrichtung zum Ingangsetzen (oder äquivalente Einrichtung)!

Aus Sicherheitsgründen muss der Quittiertaster für den/die rückseitige LV/AOPD an einer größeren Presse ebenfalls auf der Rückseite angebaut sein.

Es besteht Lebensgefahr für nicht am Pressen-Ingangsetzen Beteiligte, wenn sie die rückseitige BWS einer größeren, vorderseitig gesteuerten Presse passieren können, ohne dass sich das durch Betriebsunterbrechung der Presse (durch zunächst erforderliches Quittieren auf der Rückseite) bemerkbar macht.

An kleinen Pressen werden LV/AOPD außer zum Schutz vor Bewegungen auch zum Ingangsetzen von Pressen verwendet (sog. Taktbetrieb).

Beim Steuern mit LV/AOPD muss das LV/AOPD-Auflösungsvermögen ≤ 30 mm sein.

Zum ersten Ingangsetzen beim Taktbetrieb muss eine Startsequenz mit Betätigen eines Befehlsgeräts durchlaufen werden; der "Taktbetrieb" muss nach spätestens 30 s Nicht-Eingriff automatisch abgeschaltet werden.

An Pressen mit "CE" darf nur mit einem/einer von mehreren angebauten LV/AOPD gesteuert werden können.

Durch Steuern mit LV/AOPD von größeren (Handeinlege-) Pressen gab es bis zum Beginn der 2000er Jahre immer wieder tödliche Pressenunfälle, deren Ursache auf Hintertreten der LV/AOPD zurückzuführen war, wobei entweder der Pressentisch betreten oder ins Werkzeug gestiegen worden ist.
Das Steuern mit LV/AOPD ist bei größeren (Handeinlege-)Pressen mit
  • maximaler Hublänge größer 600 mm oder

  • Tischtiefe größer 1000 mm oder

  • Tischhöhe kleiner 750 mm


ist daher nicht (mehr) zulässig.

Sichtprüfung von LV/AOPD:

  • Sind keine Beschädigungen/unzulässigen Veränderungen/Manipulationen erkennbar?

  • Ist der vorhandene Sicherheitsabstand grösser als der (oder gleich dem) erforderliche(n) und beträgt mindestens 100 mm?

Sichtprüfung der Werkzeugbefestigung:

  • Sind das Ober- und Unterwerkzeug nach Angabe der Pressenherstellfirma befestigt?

  • Sind vorhandene die Spannschrauben nicht zu lang?

  • Wenn vorhanden: Befinden sich die Distanzstücke nicht mehr im Pressenwerkzeug?

Wirkungskontrolle:

  • Gibt es keine "Lücken" im LV/AOPD-Schutzfeld und reicht dessen Auflösung an den Rändern aus (Abtasten mit dem Prüfstab)?

  • Wird die Pressen-Schließbewegung durch Einbringen des Prüfstabs in das LV/AOPD-Schutzfeld gestoppt?

Bei Handeinlegepressen:

  • Speziell bei BWS-Taktbetrieb (kleiner Handeinlegepressen): Kann der erste Hub in der Betriebsart BWS 1-Takt/2-Takt nur durch Eingreifen und anschließendes/vorheriges Betätigen einer Befehlseinrichtung ausgelöst werden? Kann der nächste Hub nur durch Eingreifen innerhalb der BWS-Abschaltzeit (30 s) ausgelöst werden?

  • Speziell bei Mehrpersonenbedienung größerer Handeinlegepressen mit LV/AOPD als (primäres) Sicherheitssystem für die Bedienperson: Lässt sich die Presse nur in Gang setzen, wenn alle Befehlseinrichtungen (eine pro Bedienperson) zum Ingangsetzen (oder äquivalente Einrichtungen) gemeinsam betätigt werden/wurden?

Check der Pressen-Einstellungen:

  • Ist bei variablem Hub die Hublänge korrekt eingestellt?

  • Ist bei realisierter Übernahme der Übernahmepunkt nicht zu hoch eingestellt?

  • Ist die Hublage korrekt eingestellt (Exzenter- und verwandte Pressen)?

  • Ist die Presskraft korrekt eingestellt (hydraulische Pressen)?

  • Ist die Schlagenergie korrekt eingestellt (Spindelpressen)?

  • Maschinenspezifisches

Ist der Wahlschalter (Abschließen!) oder das Betriebsarten-Auswahlsystem (Abschließen oder Passwortschützen!) dem allgemeinen Zugriff entzogen?

Bei Mängelfeststellungen darf die Maschine oder Anlage nicht für die Produktion freigegeben werden!