DGUV Information 203-001 - Sicherheit bei Arbeiten an elektrischen Anlagen

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Abschnitt 8.2 - 8.2 Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA)

Arbeiten auf Dächern und Masten bergen ein hohes Unfallrisiko. Das liegt nicht nur im "Absturz" begründet, sondern gerade bei Arbeiten auf Dächern im "Durchsturz" durch nicht tragende Dachflächen wie Wellplatten oder Lichtkuppeln. Vor allem die Wellplatten vermitteln aufgrund der geschlossenen Dachfläche den trügerischen Eindruck eines tragfähigen Untergrundes. Zu Durchstürzen durch Kuppeln oder Lichtbänder kommt es vor allem, weil ihre Tragkraft falsch eingeschätzt wird oder diese, durch Schmutz oder Schnee bedeckt, nicht zu erkennen sind. Bei allen Arbeiten mit Absturzgefahr gilt es, die erforderlichen Schutzmaßnahmen richtig zu organisieren. Dies schließt erforderlichenfalls die Auswahl der entsprechenden PSAgA ein. Selbstverständlich dürfen solche Arbeiten nur von höhentauglichen Personen ausgeführt werden. Ob der Mitarbeiter für diese Tätigkeiten geeignet ist, muss vor Aufnahme der "Arbeiten mit Absturzgefahr" ermittelt werden.

Als Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz kommen Auffanggurte mit entsprechenden Verbindungsmitteln in Frage. Sie bilden zusammen mit einem ausreichend tragfähigen Anschlagpunkt ein Auffangsystem. Bei einem Sturz in das Auffangsystem werden die auftretenden Kräfte über den Auffanggurt auf lastaufnahmefähige Körperteile übertragen, wobei die Person in einer aufrechten Lage gehalten wird. Unzulässig hohe Kräfte werden durch ein falldämpfendes Element absorbiert.

Da die PSAgA vor tödlichen Gefahren schützen soll, muss dem Mitarbeiter die bestimmungsgemäße Verwendung gemäß Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 1 (BGV A1) § 31 durch besondere Unterweisung vermittelt und die bestimmungsgemäße Benutzung durch praktische Übungen sichergestellt werden.

Die Mitarbeiter müssen danach in der Lage sein, die Sichtkontrolle vor jeder Benutzung durchzuführen, um Schäden zu erkennen, die die PSAgA unbrauchbar machen.

Es hat sich bewährt, gerade die Angaben zur Benutzung, Reinigung, Pflege und Aufbewahrung für die Benutzer übersichtlich strukturiert in Form einer Betriebsanweisung zusammen zu fassen und anhand dieser die Unterweisung/Übung durchzuführen.

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Auffanggurt nach DIN EN 361 mit Verbindungsmittel und Falldämpfer

Mindestens einmal jährlich muss die PSAgA durch einen Sachkundigen geprüft werden. Auffanggurte sind in der Regel spätestens nach 6 - 8 Jahren (auch bei Nicht-Benutzung) ablegereif (der Nutzung zu entziehen); Seite und Bänder sind in der Regel spätestens nach 4 - 6 Jahren ablegereif, d. h. sie dürfen nicht mehr verwendet werden. Diese Angaben können den Herstellerinformationen entnommen werden.

Die PSAgA kann einen Absturz nicht verhindern, jedoch die Verletzungsschwere mindern. Damit ist es unerlässlich, Maßnahmen für einen Notfall bereits vor der Benutzung von PSAgA festzulegen.

So kann in dem einen Fall der Einsatz einer Hubarbeitsbühne zur Rettung möglich sein, z. B. beim freien Hängen in der PSAgA in einer Halle, und im anderen Fall der Einsatz eines Rettungshubgerätes nach einem Sturz in eine Steigleiter erforderlich sein. In allen Fällen ist zu bedenken, dass Personen nach einem Sturz in die PSAgA schnellstmöglich aus dieser Notlage zu retten sind, denn je nach Konstitution des Betroffenen ist bereits nach einer "Hängezeit" von 10 bis 30 Minuten die Möglichkeit des Eintretens eines Hängetraumas (Orthostatischer Schock) gegeben. Dieser Schockzustand kann den Tod zur Folge haben. Somit ist eine Planung der Notfallmaßnahmen und die praktische Rettungsübung vor dem Einsatz unerlässlich.

Verhalten bei einem Unfall nach einem Sturz in das Auffangsystem

Nach einem Sturz in das Auffangsystem muss sichergestellt sein, dass der Mitarbeiter möglichst schnell aus dieser Situation befreit wird.

Das Absetzen eines Notrufes mit dem Hinweis auf einen Absturzunfall ist vor der Ergreifung weiterer Notfall- und Rettungsmaßnahmen erforderlich.

Ein Sturz in das Auffangsystem führt möglicherweise bereits nach kurzer Hängezeit in einem Auffanggurt zu einem Zusammenbruch des Kreislaufes. Es ist mit schweren gesundheitlichen Schäden zu rechnen.

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Abseilgerät

Die geplanten und geübten Rettungsmaßnahmen sind unverzüglich einzuleiten. Der in das Auffangsystem gestürzte und im Auffanggurt hängende Mitarbeiter kann je nach festgelegter Rettungsmaßnahme z. B. mittels eines auf dem Servicefahrzeug mitgeführten und an der Arbeitsstelle bereitgehaltenen Rettungshub- und Abseilgerätes aus dieser Situation befreit werden. Dabei erfolgt die Rettung üblicherweise in Richtung der Schwerkraft.

Nach der Rettung ist auch ohne Anzeichen auf eine größere Verletzung der bei Bewusstsein befindliche Mitarbeiter für mindestens 20-30 Minuten in die sogenannte "Kauerstellung", eine Art Hockstellung, zu bringen. Der Auffanggurt darf nur langsam geöffnet werden und ein Überführen in eine flache Lage darf nur allmählich geschehen, damit das in den Beinen versackte Blut nur langsam zurückströmen kann. Bei plötzlicher Flachlagerung besteht akute Lebensgefahr! Bei eingetretener Bewusstlosigkeit ist der Verletzte in die stabile Seitenlage mit stark überhöht gelagertem Oberkörper zu bringen. Bei Herz-Kreislaufstillstand sind Wiederbelebungsmaßnahmen durchzuführen. Eine notärztliche Behandlung ist immer und schnellstmöglich erforderlich.

Eine herkömmliche Schocklagerung ist in beiden Fällen nicht anzuwenden!

Selbstverständlich sind anderweitige Verletzungen nicht außer acht zu lassen.

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Kauerstellung