DGUV Information 209-076 - Sicherheit und Gesundheitsschutz beim Hufbeschlag

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Abschnitt 10.1 - 10 Beschlagplätze
10.1 Anforderungen an Beschlagplätze

Rund 60 % der Unfälle von Hufbeschlagschmiedinnen und -schmieden werden mit dem bzw. durch das Pferd verursacht. Arbeitsplatz ist der Beschlagplatz, auch Beschlagbrücke genannt. Durch eine sichere Gestaltung des Beschlagplatzes können Verletzungen der an den Hufbeschlagarbeiten Beteiligten (Hufbeschlagschmied, Aufhalter, ggf. auch Pferdebesitzer oder Pferdewirtin) vermieden oder zumindest minimiert werden. Im Falle eines schweren Unfalles kann es für die Verantwortlichen (Stallbetreiber als Bereitsteller des Beschlagplatzes, Hufbeschlagschmiedin oder -schmied mit eigener Schmiede usw.) zu Schadensersatzansprüchen und Regressforderungen kommen, wenn der Beschlagplatz Sicherheitsmängel aufweist oder gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht und dies ursächlich für den Unfall ist.

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Abb. 10-1 Beispiel für einen geeigneten Beschlagplatz

Um die Sicherheit für Beschlagschmiedinnen und -schmiede und ihrer Helferinnen und Helfer, aber auch für das Pferd selbst, gewährleisten zu können, ist es notwendig die folgenden 16 Gestaltungsmerkmale möglichst vollständig zu beachten.

  1. 1.

    Nähe zum Abstellplatz für das Schmiedefahrzeug

  2. 2.

    Nähe zur Vorführbahn

  3. 3.

    Witterungsgeschützter und überdachter Arbeitsplatz ohne direkt angrenzende Bepflanzung

  4. 4.

    Ausreichende Durchgangsbreite und -höhe von Türen, Toren und Verkehrswegen

  5. 5.

    Rutschsicherer, ebener Fußboden

  6. 6.

    Ausreichende, blendfreie und gleichmäßige Beleuchtung

  7. 7.

    Ausreichende Höhe der Beschlagbrücke

  8. 8.

    Glatte, ausreichend stark bemessene Wände

  9. 9.

    Ausreichende Belüftung in geschlossenen Räumen, ggf. ein Rauchabzug

  10. 10.

    Anbindemöglichkeit, möglichst in Widerristhöhe

  11. 11.

    Platz zum Anbinden eines zweiten Pferdes

  12. 12.

    Ausreichender Sicherheitsabstand hinter angebundenen Pferden

  13. 13.

    Gewährleistung von Störungsfreiheit sowie ausreichendes Blickfeld für das Pferd

  14. 14.

    Frei von brennbaren Stoffen und Hindernissen

  15. 15.

    Stromanschluss (16 A) für Schweißgeräte usw.; Absicherung durch RCD

  16. 16.

    Elektrische Leitungen und Anschlüsse außerhalb der Reichweite der Pferde

Diese Anforderungen können kurz wie folgt beschrieben werden:

  1. 1.

    Nähe zum Abstellplatz für das Schmiedefahrzeug

    Benötigt wird eine befestigte Zufahrt für das Fahrzeug der Hufbeschlagschmiedinnen und -schmiede zum Beschlagplatz, so dass nur kurze Wegstrecken für Material- bzw. Werkzeugtransport entstehen, insbesondere für den Amboss und das heiße Hufeisen (damit dieses nicht erkaltet).

  2. 2.

    Nähe zur Vorführbahn

    Vor und nach dem Beschlag muss die Möglichkeit zum Vorführen und Besichtigung des Pferdes auf einem ebenen, festen Boden vorhanden sein.

  3. 3.

    Witterungsgeschützter und überdachter Arbeitsplatz ohne direkt angrenzende Bepflanzung

    Arbeitsplätze, die sich nicht innerhalb von Gebäuden befinden, müssen mindestens Schutz vor Regen und Wind von zwei Seiten bieten. Beschlagplätze im Freien führen durch die Fresslust der Tiere zu Unruhe und ungewollten Bewegungen, wenn sich in Reichweite des Pferdes Pflanzen befinden.

  4. 4.

    Ausreichende Durchgangsbreite und -höhe von Türen, Toren und Verkehrswegen

    Beim Führen von Pferden sollte eine Durchgangsbreite von 2,50 m zur Verfügung stehen. Als Minimum muss die "Pferdebreite" und jeweils 0,5 m auf jeder Seite angesehen werden, um ein Pferd ohne Gefährdung führen zu können. Die Höhe beträgt min. 2,5 m für Großpferde bzw. 2,0 m für Ponys. Für Personen ist mindestens eine Tür- und Verkehrswegbreite von 0,8 m zu vorzusehen. Eine Breite von 1,0 m ist vorteilhafter.

  5. 5.

    Rutschsicherer, ebener Fußboden

    Für den Beschlag ist ein waagerechter und ebener Boden erforderlich, um die Fesselstellung und der Sitz des Eisens am herabgelassenen Fuß kontrollieren zu können. Der Boden muss rutschsicher sein, damit weder Mensch noch Tier ausgleiten können. Hierzu eignen sich Beton, Holzparkett und Stallbodenmatten (mit einer Bewertungsgruppe der Rutschgefahr von R 11). Die Feuerfestigkeit von Stallbodenbelägen ist insbesondere wegen glühender Hufeisen zu gewährleisten.

  6. 6.

    Ausreichende, blendfreie und gleichmäßige Beleuchtung

    Um die am Pferdehuf notwendige Qualitätsarbeit leisten zu können, ist künstliche Beleuchtung mit einem Wartungswert der Beleuchtungsstärke von 300 Lux erforderlich. Durch richtige Leuchtenanordnung ist eine Gleichmäßigkeit auf beiden Seiten des Pferdes anzustreben und unnötiger Schattenwurf zu vermeiden. Hierzu empfiehlt es sich, die Leuchten parallel zur Standrichtung des Pferdes anzubringen. Die Blendfreiheit ist durch Einbau von Leuchten mit einem UGR-Wert 25 oder kleiner (Unified Glare Rating - Angabe durch den Leuchtenhersteller) sicherzustellen. Eine neutralweise Lichtfarbe wird empfohlen.

  7. 7.

    Ausreichende Höhe der Beschlagbrücke

    Die Anforderung einer ausreichenden Raumhöhe ergibt sich aus der Möglichkeit des Pferdes, hoch nach hinten auszuschlagen zu können. Eine Höhe 2 - 2,5 × Widerristhöhe ist daher notwendig, woraus sich 3,5 - 4 m ableiten, was auch der Belüftung zugutekommt. Für Kleinpferde beträgt die Mindesthöhe 3 m.

  8. 8.

    Glatte, ausreichend stark bemessene Wände

    Wegen der Möglichkeit, dass ein Mensch vom Pferd gegen die Wand gedrückt werden bzw. dass das Pferd sich selbst verletzen oder beim Ausschlagen Wände beschädigen kann, sind diese glatt und zerstörungssicher, zumindest vergleichbar mit Boxenwänden, zu gestalten. Fenster und Beleuchtungselemente sind ausreichend hoch anzuordnen oder bis zu einer Höhe von 2,5 m vergittert/geschützt auszuführen.

  9. 9.

    Ausreichende Belüftung in geschlossenen Räumen, ggf. ein Rauchabzug

    Beim Aufbrennen von Hufeisen und beim Umgang mit Klebstoffen (2-Komponenten-Klebern - Kunsthorn) wird eine gute Belüftung und ein schneller Luftaustausch benötigt. Auf Grund der Rauchentwicklung beim Aufbrennen von Hufeisen können Brandmelder ohne ausreichende Belüftung einen Fehlalarm auslösen.

  10. 10.

    Anbindemöglichkeit, möglichst in Widerristhöhe

    Die Möglichkeit zum Anbinden in verschieden Höhen, entsprechend der Pferdegröße bzw. auch zur Sicherung gegen Ausschlagen, ist erforderlich um Verletzungen von Mensch und Tier zu vermeiden. Anbindehaken sind so anzubringen, dass die Wände glatt sind (vergl. 8.). Hierzu sind Anbindehaken in die Wand einzulassen oder so zu gestalten, dass sie nicht vorstehen.

  11. 11.

    Platz zum Anbinden eines zweiten Pferdes

    Zur Beruhigung eines Pferdes kann das Anbinden eines zweiten Pferdes (Stallgenosse, Mutterstute und Fohlen) während des Beschlages notwendig sein. Hierfür muss ausreichend Platz (min. 5 × 5 m) vorhanden sein.

  12. 12.

    Ausreichender Sicherheitsabstand hinter angebundenen Pferden

    Damit Personen sich aus dem Gefahrenbereich eines nach hinten ausschlagenden Pferdes entfernen können, ist hinter dem angebunden Pferd ein Freiraum von 2,5 - 3 m einzuhalten.

  13. 13.

    Gewährleistung von Störungsfreiheit sowie ausreichendes Blickfeld für das Pferd

    Das Pferd reagiert als Fluchttier auf Störungen und plötzliche Bewegungen mit Erschrecken bzw. unerwarteten Reaktionen, wodurch alle an den Hufbeschlagarbeiten Beteiligten gefährdet werden. Daher sind Störungen wie Durchgangsverkehr (Pferde, Personen, Fahrzeuge), Lärm und ungewohnte Geräusche am Beschlagplatz grundsätzlich zu unterbinden. Des Weiteren ist dem Pferd die Möglichkeit zu geben, seine Umgebung beobachten zu können. Hierzu kann das Pferd auch mit zwei Leinen zwischen Pfosten o. ä. gestellt werden. Die Leinen dürfen aber den Zugang für Hufschmiedinnen und Hufschmiede nicht behindern. (Achtung: Bei zwei Leinen oder Ketten, keine "Gummianbinder" verwenden!)

  14. 14.

    Frei von brennbaren Stoffen und Hindernissen

    Beim Schmieden (Funken) und Aufbrennen von Hufeisen besteht immer eine Brandgefahr - auch auf dem Weg vom Amboss zum Pferd (Herabfallen). Daher muss dieser feuergefährdete Bereich frei von brennbaren Stoffen (Heu, Einstreu, usw.) sein, ggf. zuvor gründlich gefegt werden. Feuerlöscher sind sowohl von den Hufbeschlagschmiedinnen und Hufbeschlagschmieden als von Seiten der Stallung bereit zu halten.

    Zur Vermeidung von Verletzungsgefahren (Stolpern, Stürzen) ist der Fußboden im Umkreis von mindestens 5 m um den Anbindepunkt des Pferdes von nicht für den Beschlag benötigten Materialien und Geräten freizuhalten.

  15. 15.

    Stromanschluss (16 A) für Schweißgeräte usw.; Absicherung durch RCD

    Für Schweißgeräte wird meist ein Stromanschluss mit einer Absicherung von 16 A benötigt. Dieser muss in der Nähe des Schmiedefahrzeuges zur Verfügung stehen, ebenso auch ein 230 V-Anschluss zum Betreiben von Beleuchtung, Schleif- und Bohrgeräten im Fahrzeug des Hufbeschlagschmiedes/der Hufbeschlagschmiedin. Seit 2009 wird ein Fehlerstromschutzschalter (RCD, früher FI genannt) mit 30 mA gebäudeseitig für alle Steckdosen gefordert.

  16. 16.

    Elektrische Leitungen und Anschlüsse außerhalb der Reichweite der Pferde

    Muss am Pferd mit elektrischen Geräten gearbeitet werden und ist dies nicht mit Akku-Geräten oder Geräten mit Schutzkleinspannung möglich (z. B. Schleifwerkzeuge zum Bearbeiten von Hufhorn) sind elektrische Anschlussleitungen vor dem Pferd zu schützen (mögliches Drauftreten oder Hineinbeißen). Für Beschlagplätze, an welchen tiermedizinischen Behandlungen vorgenommen werden, wird ein Trenntransformator empfohlen, damit das Pferd bestmöglich geschützt ist.