DGUV Information 209-074 - Industrieroboter

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Abschnitt 3.1 - 3 Betriebsanleitung und Technische Dokumentation
3.1 Technische Dokumentation für Maschinen

Die technische Dokumentation für Maschinen setzt sich zusammen aus den technischen Unterlagen und der Betriebsanleitung.

3.1.1 Technische Unterlagen für Maschinen

Die technischen Unterlagen beinhalten alle Dokumente, die zur Beurteilung der Übereinstimmung der Maschine mit den Anforderungen der Maschinenrichtlinie notwendig sind. Sie müssen den zuständigen Behörden auf begründetes Verlangen vorgelegt werden und sind nach Fertigstellung der Maschine 10 Jahre bereitzuhalten. Bei Serienfertigung beginnt dieser Zeitraum nach Fertigstellung der letzten Maschine der Serie.

3.1.2 Betriebsanleitung

Die Betriebsanleitung muss in der (den) Amtssprache(n) des Landes, in dem die Maschine zum ersten Mal in Verkehr gebracht wird, und in der Ursprungsversion mitgeliefert werden. Die Informationen müssen eine eindeutige Zuordnung zum Maschinentyp haben. Sie sollten so einfach und knapp wie möglich gehalten sein. Begriffe sollten durchgängig verwendet und spezielle Fachbegriffe sollten erklärt werden.

Wird die Betriebsanleitung auf Datenträger weitergegeben, sind zumindest die sicherheitsbezogenen Informationen zusätzlich in Papierform zur Verfügung zu stellen.

Schaltpläne, außer den schon erwähnten Schnittstellenplänen, die für das Einrichten und die Installation erforderlich sind, müssen nicht mitgeliefert werden.

Die vom Roboterhersteller oder von anderen Teilmaschinenherstellern mitgelieferten Benutzerinformationen werden vom Systemintegrator zur Erstellung der Betriebsanleitung verwendet oder werden direkt Bestandteil davon.

3.1.3 Technische Dokumentation für unvollständige Maschinen

Industrieroboter gelten, da sie meist ohne externe Schutzeinrichtungen geliefert werden, als unvollständige Maschine oder Teilmaschine.

In der Maschinenrichtlinie 98/37/EG, die bis Ende 2009 gültig war, wurde für solche unvollständigen Maschinen keine Dokumentation gefordert, die Pflicht zur Mitgabe einer Benutzerinformation ergab sich lediglich, wenn in der Herstellererklärung die Einhaltung von Normen bestätigt wurde, die eine solche forderten. Die seit 30.12.2009 anzuwendende Richtlinie 2006/42/EG hat diesen Mangel beseitigt und die Anforderungen für unvollständige Maschinen denen für vollständige angeglichen.

Das Verfahren für unvollständige Maschinen ist nahezu genauso umfangreich wie das Konformitätsbewertungsverfahren für Maschinen und fordert neben einer Risikobeurteilung vom Hersteller oder Inverkehrbringer eine Reihe von Dokumenten.

Den größten Teil bildet die Nachweisdokumentation, die die Maschinenrichtlinie als "Technische Unterlagen" bezeichnet. Diese technischen Unterlagen müssen nicht an den Kunden weitergegeben werden. Sie verbleiben beim Hersteller, außer wenn die Lieferung dieser Unterlagen vertraglich vereinbart wurde.

3.1.4 Spezielle Technische Unterlagen für unvollständige Maschinen

Die Maschinenrichtlinie legt fest, welche Unterlagen für die Beurteilung der Übereinstimmung mit den angewandten grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen notwendig sind. Der Umfang erstreckt sich auf die Konstruktion, den Bau und die Funktionsweise der unvollständigen Maschine.

Eine Auflistung der erforderlichen Dokumente für die Nachweisdokumentation finden Sie im Anhang 3: Checkliste Technische Unterlagen (Nachweisdokumentation).

Auszug aus der Richtlinie 2006/42/EG:
ANHANG VII

B Spezielle technische Unterlagen für unvollständige Maschinen

Die speziellen technischen Unterlagen sind nach dem Tag der Herstellung der unvollständigen Maschine - bzw. bei Serienfertigung nach dem Tag der Fertigstellung der letzten Einheit - mindestens zehn Jahre lang bereit zu halten und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auf Verlangen vorzulegen. Sie müssen sich nicht unbedingt im Gebiet der Gemeinschaft befinden und auch nicht ständig körperlich vorhanden sein. Die in der Einbauerklärung benannte Person muss die Unterlagen jedoch zusammenstellen und der zuständigen Behörde vorlegen können.

Werden die speziellen technischen Unterlagen den zuständigen einzelstaatlichen Behörden auf begründetes Verlangen nicht vorgelegt, so kann dies ein hinreichender Grund sein, um die Übereinstimmung der unvollständigen Maschine mit den angewandten und bescheinigten grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen anzuzweifeln.

Auszug aus der Richtlinie 2006/42/EG:
ANHANG VI

Montageanleitung für eine unvollständige Maschine

In der Montageanleitung für eine unvollständige Maschine ist anzugeben, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit die unvollständige Maschine ordnungsgemäß und ohne Beeinträchtigung der Sicherheit und Gesundheit von Personen mit den anderen Teilen zur vollständigen Maschine zusammengebaut werden kann.

Die Montageanleitung ist in einer Amtssprache der Europäischen Gemeinschaft abzufassen, die vom Hersteller der Maschine, in die die unvollständige Maschine eingebaut werden soll, oder von seinem Bevollmächtigten akzeptiert wird.

Die Maschinenrichtlinie fordert für unvollständige Maschinen über die Montageanleitung hinaus keine weitere Benutzerinformation, Das heißt, die Verpflichtung eine Betriebsanleitung mitzuliefern, wie es bei kompletten Maschinen der Fall ist, gibt es für unvollständige Maschinen nicht.

3.1.5 Montageanleitung

Der Hersteller oder Inverkehrbringer der unvollständigen Maschine ist verpflichtet, neben einer Einbauerklärung auch eine Montageanleitung mitzuliefern. Die Montageanleitung verbleibt bei demjenigen, der die unvollständige Maschine in eine Maschine einbaut oder mit anderen Teilen zu einer Maschine zusammenbaut. Sie wird Teil der technischen Unterlagen der Maschine.

3.1.6 Benutzerinformation

Eine Verpflichtung für den Roboterhersteller, zusätzliche Informationen bereitzustellen, die über den Inhalt der Montageanleitung hinausgehen, ergibt sich durch die Anwendung der EN ISO 10218-1.

Eine Auflistung der Mindestangaben für diese "Benutzerinformation" finden Sie im Anhang 2: Checkliste Benutzerinformation. Die Benutzerinformation wird meist vom Systemintegrator zur Erstellung der Betriebsanleitung verwendet oder ist direkt Bestandteil davon.

3.1.7 Anhaltezeit und Anhalteweg

Die EN ISO 10218-1 fordert im Anhang B vom Roboterhersteller Angaben zu Anhaltezeit und Anhalteweg. Diese Informationen werden vor allem zur Berechnung des Sicherheitsabstands bei der Anwendung von Schutzeinrichtungen benötigt. Auch für die Festlegung des eingeschränkten Raums muss die tatsächliche Halteposition unter Berücksichtigung des Anhalteweges ermittelt werden.

Als Anhaltezeit wird die Gesamtzeit vom Einleiten eines Stopps bis zum Stillstand der Roboterachsen verstanden. Das Gleiche gilt im übertragenen Sinne auch für den Anhalteweg.

Die Anhaltezeit setzt sich zusammen aus der Reaktionszeit und der Bremszeit. Die Reaktionszeit ist abhängig von der Übertragungszeit, der Verarbeitungszeit innerhalb der Steuerung und den Schaltzeiten von Relais, Schützen und Bremslüftern. Sie ist annähernd konstant und hat nur eine geringe Toleranz. Der Bremsweg ist von den Faktoren Last, Geschwindigkeit und Auslenkung abhängig. Bei "Stoppkategorie 0" kommt auch noch die Temperatur der Bremsen und der Verschleiß und Verschmutzungsgrad der Bremsbeläge hinzu. Bei "Stoppkategorie 1" dient die Bremse nur als Haltebremse und hat deswegen keinen Einfluss auf die Bremszeit. Zur Erläuterung von Stoppkategorie 1 und Stoppkategorie 0 siehe auch Abschnitt 4.1.9.

Die Angaben, die der Hersteller nach EN ISO 10218-1 in seiner Anwenderdokumentation machen muss, beschränken sich auf den Anhalteweg und die Anhaltezeit nach einem Stopp für die drei Achsen mit der größten Auslenkung. Der Weg kann dabei je nach Zweckmäßigkeit in Linear- oder Winkeleinheiten angegeben werden. Für Stoppkategorie 0 müssen diese Werte für maximale Last, maximale Geschwindigkeit und maximale Auslenkung angegeben werden. Verfügt ein Roboter über eine Stoppkategorie 1-Funktion, müssen dafür die Bremswege bei 100 %, 66 % und 33 % Last, Geschwindigkeit und Auslenkung angegeben werden.

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Abb. 22 Anhaltezeit [G]
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Abb. 23 Beispiel für die Anhaltewege der drei Hauptachsen eines Knickarmroboters bei Maximallast und Maximalgeschwindigkeit [G]
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Abb. 24 Beispiel für die Angaben in der Benutzerinformation nach EN ISO 10218-1, Anhang B [G]

Die vom Hersteller in der Anwenderdokumentation zur Verfügung gestellten Werte können nur Richtwerte sein. Sie müssen unter realen Bedingungen validiert werden. Dafür hat der Hersteller Angaben dazu zu machen, wie der Integrator die Messung der Anhaltewege und -zeiten am realen Robotersystem durchführen kann.

Für die Messung der Anhaltewege und -zeiten werden die einzelnen Roboterhersteller unterschiedliche Methoden angeben. Das kann sein:

  • eine integrierte Trace-Funktion mit der ausgelöst durch einen Stopp der Anhalteweg und die Anhaltezeit aufgezeichnet und am Display des Programmierhandgeräts angezeigt werden

  • ein Tool, das speziell für die Ermittlung von Anhalteweg und -zeit entwickelt ist und die gewünschten Daten numerisch oder grafisch am Display des Programmierhandgeräts oder als Ausdruck zur Verfügung stellt

  • externe Messeinrichtungen wie z. B. Fadentacho oder Lasermesseinrichtung

  • Lichtschranke und Maßband