DGUV Information 209-070 - Sicherheit bei der Hydraulik-Instandhaltung

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Abschnitt 6.1 - 6.1 Allgemeines

Bei mobilen hydraulischen Arbeitsmitteln sind zusätzlich zu den bei der Hydraulik stationärer Anlagen bereits beschriebenen Hinweisen (siehe Abschnitt 5.1) weitere Aspekte zu beachten. Instandhaltungsarbeiten werden häufig außerhalb von Werkstätten, z. B. bei selbstfahrenden Arbeitsmaschinen im Baustelleneinsatz oder im Gelände, durchgeführt. Dabei stehen Werkzeuge und Hilfsmittel oftmals nur begrenzt oder eingeschränkt zur Verfügung.

Für die Durchführung von Instandhaltungsarbeiten sind verschiedene Betriebsdruckniveaus zu beachten. Sie reichen von ca. 60 bar bei der Niederdruckhydraulik im Land- und Erntemaschinenbau bis hin zu Drücken von mehr als 400 bar bei Erdbaumaschinen.

6.1.1 Fahrzeug sichern

Fahrzeuge sollten bei Instandhaltungsarbeiten prinzipiell auf festem Untergrund stehen. Das ist besonders bei Instandhaltungsarbeiten an Fahrzeugen zu beachten, bei denen An- oder Aufbauten, z. B. Ausleger, hydraulisch kippbare Kabinen, Förderbänder, gekippt oder geschwenkt werden.

Vor Beginn der Arbeiten an der Hydraulik sind Fahrzeuge zu sichern gegen

  • Wegrollen von unebenem Boden,

  • Wegrollen infolge von Krafteinwirkung durch die Instandhaltungsarbeiten,

  • Kippen infolge von Veränderung der Schwerpunktslage (auch bei Aufnahme auf Hebebühne).

Angehobene Teile oder Aufbauten von Fahrzeugen sind auf den Boden abzusenken, z. B. Ladeanlage, Ausleger, oder es sind die erforderlichen mechanischen Verriegelungen, wie Steckbolzen, Zylinderstütze und dergleichen, zu verwenden. Zudem sind alle notwendigen Verriegelungen, wie Knickgelenksicherung am knickgelenkten Fahrzeug (siehe Abbildung 30), einzulegen.

Die Auflageflächen für eventuell ausgefahrene Stützen müssen die auftretenden Kräfte aufnehmen können.

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Abb. 30
Eingebaute Knickgelenksicherung

Bei Auffahrbühnen sind die Räder durch Unterlegkeile zu sichern. Bei Aufnahme der Fahrzeuge auf Stempelhebebühnen mit kleiner mittiger Plattform ist das Fahrzeug auf der Plattform festzuzurren oder abzuspannen (siehe Abbildung 35).

ccc_1459_190601_01.jpgMerke
Fahrzeuge dürfen in angehobenem Zustand nicht betreten werden!

6.1.2 Druckentlasten

Vor Beginn der Arbeiten sind

  • mobilhydraulische Anlagen drucklos zu machen,

  • Fahrzeugantriebe abzustellen,

  • hydraulische Systeme abzustellen,

  • Hydrospeicher druckseitig abzusperren und zu entlasten.

Hinweis:

Vorsicht bei Restdrücken durch eingespannte Flüssigkeitsvolumina, z. B. zwischen Ventilen und Zylindern. Sie sind durch Stellhebel- oder Ventilbetätigung zu entlasten. Die Druckentlastung ist zu überprüfen, z. B. mit Manometer.

6.1.3 Auffangbehälter

Bei der Demontage hydraulischer Komponenten sind Auffangwannen (siehe Abbildung 31) in entsprechender Form und Größe unter den betreffenden Bauteilen aufzustellen, um eventuell auslaufende Restölmengen aufzufangen.

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Abb. 31
Ölauffangwanne

6.1.4 Leitungen

Anschlüsse und Befestigungen von Leitungen sind nach den Vorgaben des Herstellers zu lösen (siehe Abschnitt 4.2 und 4.3). Besteht die Gefahr, die Anschlüsse der Leitungen im engen Bauraum des Fahrzeugs zu verwechseln (siehe Abbildung 32), sind sie vor dem Lösen oder Ausbau zu kennzeichnen.

Vor dem Austausch von Schlauchleitungen ist stets die erfolgte Druckentlastung der Mobilhydraulik zu überprüfen.

Beschädigte Schlauchleitungen sind mit Schutzhandschuhen auszubauen, da durch herausstehende Metalldrähte der Geflechteinlagen eine Verletzungsgefahr besteht.

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Abb. 32
Schlauchleitungen an einer Mobilhydraulik

Häufig gewechselte Anbauten, wie Verstelleinrichtungen der Gabeln oder Dreheinrichtungen, sind meist mit Schnelltrennkupplungen versehen, die nach dem Trennen der Leitung beide Verbindungsteile (Anbau- und Leitungsseite) selbsttätig abdichten. Beim nachträglichen Umrüsten auf Schnelltrennkupplungen sind die Vorgaben des Herstellers zu berücksichtigen.

6.1.5 Ausbau schwerer Bauteile

An Hubzylindern der Fahrzeugaufbauten können erhebliche Kräfte wirken. Vor Arbeiten an den Zylindern sind diese Kräfte aufzunehmen, z. B. durch das Ablassen der An- oder Aufbauten. Ist eine mechanische Blockierung durch Bolzenverriegelung nicht vorgesehen, wird die Zuhilfenahme von Unterbaugestellen (siehe Abbildung 33) empfohlen.

Zahlreiche Hydraulikkomponenten, z. B. Fahrantriebe, Hauptpumpen, Auslegerzylinder, haben ein hohes Eigengewicht und außermittige Schwerpunktslage. Der Austausch ist daher mit Hilfe von Hebezeugen an den vorgesehenen Anschlagpunkten durchzuführen.

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Abb. 33
Unterbaugestell bei Arbeiten am Radlader

6.1.6 Druckflüssigkeit wechseln

Für den Austausch von Druckflüssigkeit eignen sich z. B. fahrbare Absaugeinrichtungen, mit denen der Tank entleert wird. Mit Hilfe einer Trichtereinrichtung (siehe Abbildung 34) können ausgewechselte Filter austropfen.

Für das Auffüllen mit neuer Druckflüssigkeit sind fahrbare Befülleinrichtungen mit integriertem Auslaufschutz/Auffangwanne besonders geeignet.

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Abb. 34
Hilfsgerät zur Entsorgung von alter Druckflüssigkeit

Beim Austausch der Druckflüssigkeit ist darauf zu achten, keinerlei Verschmutzung in den Tank oder andere Teile des Hydraulikkreislaufs einzubringen. Um die gewünschte Reinheitsklasse zu erzielen, muss auch frisch angelieferte Druckflüssigkeit gefiltert werden.

6.1.7 Brandgefahren

Druckflüssigkeit kann sich an heißen Oberflächen, z. B. Auspuffkrümmern, Turboladern, entzünden. Dämmmaterialien besitzen bei Kontamination mit Druckflüssigkeit einen Dochteffekt, wodurch sie leicht entflammbar werden.

Maßnahmen zur Verringerung der Brandgefahr sind

  • ausgetretene Druckflüssigkeit rückstandslos entfernen (siehe Abschnitt 2.2) und Bauteile trocken wischen,

  • getränktes Dämmmaterial, z. B. Lärmschutzauskleidung, erneuern,

  • externe Zündquellen, z. B. Zigaretten, vermeiden,

  • heiße Oberflächen abdecken.

6.1.8 Arbeiten bei laufendem Antrieb

Grundsätzlich sind Instandsetzungsarbeiten nur bei stillgesetztem Antrieb auszuführen. Sofern Arbeiten nur bei laufendem Antrieb durchgeführt werden können, z. B. bei Prüf- und Einstellarbeiten, sind Gefährdungen zu beachten, die sich ergeben durch

  • ungeschützte mechanische Antriebe mit drehenden Teilen,

  • heiße Oberflächen von Bauteilen,

  • Lärm.

Die Arbeiten dürfen nur von ausgebildeten und erfahrenen Instandhalterinnen und Instandhaltern durchgeführt werden. Bei der Durchführung der Arbeiten sind die entsprechenden technischen und persönlichen Schutzmaßnahmen zu treffen, wie Sicherheit durch Abstand, Abdeckungen, Gehörschutz und gegebenenfalls weitere persönliche Schutzausrüstungen.

6.1.9 Wiederinbetriebnahme

Nach Abschluss der Instandhaltungsarbeiten, einschließlich der betriebsbereiten Befüllung und Entlüftung der hydraulischen Anlage, sind die Fahr- und Arbeitsfunktionen nach Möglichkeit einzeln, mit geringer Geschwindigkeit und ohne Last zu testen. Dies sollte entweder hinter Abschirmungen oder aus sicherer Entfernung erfolgen.

Folgende Vorgehensweise wird für die Funktionsprüfung der Hydraulik empfohlen:

  1. 1.

    Überprüfen aller Ventilfunktionen auf korrekten Richtungssinn und Abschaltfunktion (Neutralstellung)

  2. 2.

    Ausführen größerer Fahrwege von Zylindern bzw. Schwenkbereiche von Motoren

Bei der Funktionsprüfung der Hydraulik hat die Maschinenbedienperson darauf zu achten, dass sich keine Person im Gefahrenbereich aufhält.

Für weitere Hinweise siehe Abschnitt 5.1.2.

6.1.10 Ersatzteile

Vorgaben oder Freigaben des Herstellers, z. B. zu Hydraulikersatzteilen, Schlauchleitungen, Materialspezifikationen, Druckflüssigkeiten und dergleichen sind einzuhalten.

ccc_1459_190601_01.jpgMerke
Die Betriebsanleitung (einschließlich Wartungs- und Instandhaltungsanleitung) sowie die Ersatzteilliste sind zur Durchführung von Instandhaltungsarbeiten an mobiler Hydraulik mitzuführen oder vor Ort bereit zuhalten!