DGUV Information 214-022 - Industriereinigung Schutzmaßnahmen und arbeitsmedizinische Vorsorge

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Abschnitt 9.1 - 9 Arbeitsmedizin und Erste Hilfe

9.1 Arbeitsmedizinische Vorsorge

9.1.1
Einleitung

Für die Tätigkeiten in der Industriereinigung gelten uneingeschränkt die staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Rechtsvorschriften zur arbeitsmedizinischen Vorsorge und die damit verbundenen Untersuchungen. In der Praxis ergeben sich gelegentlich Umsetzungsprobleme durch die Vielfalt möglicher Gefährdungen, die Unterschiede in deren Ausprägung und durch Unsicherheiten bei der Beurteilung ihrer Bedeutung für die arbeitsmedizinische Prävention. Aus der Gefährdungsbeurteilung lässt sich individuell die Notwendigkeit von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen, vorrangig auf der Basis der derzeit noch gültigen Unfallverhütungsvorschrift "Arbeitsmedizinische Vorsorge" (BGV A4), sowie der Gefahrstoffverordnung und der Biostoffverordnung, bei ermächtigten Ärzten bzw. Ärzten mit besonderen Fachkenntnissen ableiten. Nicht immer sind die Auswahlkriterien nach der BGI 504 oder besonderen Rechtsvorschriften eindeutig erfüllt. Dennoch macht das Zusammenwirken der im Hauptteil dieser Arbeitshilfe genannten Faktoren eine gezielte arbeitsmedizinische Untersuchung in der Mehrzahl der Fälle erforderlich. Es ist nicht zielführend, wenn diese Untersuchungen nur im Hinblick auf die vorgegebenen Untersuchungsabstände geplant und möglicherweise auch noch bei verschiedenen Untersuchern durchgeführt werden. Um eine sinnvolle Beratung von Versicherten und Unternehmern durchführen zu können, müssen die verschiedenen Untersuchungen in einer Hand zusammengeführt und aufeinander abgestimmt werden. Im Folgenden werden daher Möglichkeiten aufgezeigt, wie die arbeitsmedizinische Vorsorge, vorrangig die erforderlichen Untersuchungen, durchgeführt werden kann. Ein Vorgehen nach diesen Empfehlungen setzt die zugrundeliegenden Rechtsvorschriften nicht außer Kraft.

9.1.2
Anforderungen

Aus den im Hauptteil aufgeführten Gefährdungen lassen sich vorrangig besondere Anforderungen an folgende Organsysteme ableiten:

  • Atemwege

  • Haut

  • Stütz- und Bewegungsapparat

  • Gehör

Darüber hinaus können sich abhängig von der individuellen Gefährdung weitere Anforderungen ergeben.

Die Erfüllung der Auswahlkriterien für folgende arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen wird unter Berücksichtigung von Tätigkeit und Gefährdung vorausgesetzt:

  • G 24 Haut

  • G 26 Atemschutzgeräte

Je nach individueller Gefährdung können hinzukommen:

  • G 20 Lärm

  • G 23 Obstruktive Atemwegserkrankungen

  • G 25 Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten

  • G 30 Hitzearbeiten

  • G 41 Arbeiten mit Absturzgefahr

  • G 42 Infektionskrankheiten, Untersuchung gem. Biostoffverordnung

  • auf einzelne Gefahrstoffe abgestimmte Untersuchungen, Untersuchungen gem. Gefahrstoffverordnung

Insbesondere die letzten Punkte machen deutlich, dass man zwar einen Untersuchungsrahmen setzen kann, dass letztendlich die Inhalte der Untersuchungen und des Biomonitorings nur individuell, in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden können.

9.1.3
Ablauf

Die genannten Untersuchungen sind durchzuführen als

  • Erstuntersuchung vor Aufnahme der Tätigkeit zum Ausschluss von Gesundheitsstörungen, die eine zusätzliche Gefährdung des Versicherten oder Dritter begründen könnten (Eignung), und die alle Gefährdungen abdeckt, die im Regelfall auf den Versicherten zukommen können,

  • Zwischenuntersuchungen incl. Biomonitoring, die die aktuelle Gefährdungssituation berücksichtigen und eventuelle Veränderungen des Gesundheitszustandes und der Eignung sowie die Wirksamkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen festzustellen haben,

  • Abschlussuntersuchung, die den Gesundheitszustand nach Beendigung eines längerfristigen Auftrages oder eines Tätigkeitsabschnittes zu dokumentieren hat.

Die folgende Untersuchungsmatrix berücksichtigt die Inhalte folgender arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen

  • als Tätigkeitsvoraussetzung und damit Pflichtuntersuchung gem. § 3 BGV A4, bzw. einer nachfolgenden Rechtsvorschrift:

    • G 20

    • G 26

    • G 30

    • G 42, sofern nicht Angebotsuntersuchung

  • als Angebotsuntersuchung:

    • G 23

    • G 24

    • G 25

    • G 41

    • G 42, sofern nicht Pflichtuntersuchung

Der Unternehmer beauftragt mit der Untersuchung einen Arbeits- oder Betriebsmediziner, möglichst den Betriebsarzt. Dieser hat sicherzustellen, dass die Untersuchung von einem Arzt durchgeführt wird, der die besonderen Fachkenntnisse bzw. Ermächtigungen für die o.g. Untersuchungen besitzt und mit den besonderen Verhältnissen des Arbeitsplatzes vertraut ist. Die Untersuchungsanteile, die sich ausschließlich auf Untersuchungen beziehen, die nicht Tätigkeitsvoraussetzung nach einer besonderen Rechtsvorschrift sind, dürfen nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Versicherten durchgeführt werden. Sie dienen vorrangig der Beratung des Versicherten. Die arbeitsmedizinischen Stellungnahme bezieht sich auf die o.g. Pflichtuntersuchungen. Ausnahmen:

  • der Versicherte wünscht die Berücksichtigung der Befunde aus den Angebotsuntersuchungen ausdrücklich

  • der Unternehmer hat durch die Gefährdungsbeurteilung die Notwendigkeit einer umfassenden Stellungnahme nachgewiesen und der Versicherte ist ausdrücklich damit einverstanden (Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag, schriftliche Zustimmung)

Alle weiteren, möglicherweise erforderlichen Untersuchungen sind vom ermächtigten Arzt in die Untersuchungsmatrix einzubauen. Dies betrifft vorwiegend Untersuchungen nach Biostoff- und Gefahrstoffverordnung und das Biomonitoring.

Erstuntersuchung:vor Aufnahme der Tätigkeit
Erste Nachuntersuchung:nach Ablauf von 6 Monaten
weitere Nachuntersuchungen:nach 36 Monaten, ab 50 nach 12 Monaten, spätestens vor Aufnahme einer Tätigkeit mit neuem Einsatzspektrum oder nach Abschluss eines Projektes mit besonderem Gefährdungspontenzial
nachgehende Untersuchung:sofern nach Gefahrstoff- oder Biostoffverordnung, § 15 BGV A4 bzw. einer nachfolgenden Rechtsvorschrift vorgesehen
InhaltGrundlage
Anamnesealle
Untersuchung im Hinblick auf die Tätigkeitalle
UrinstatusG 25, G 30
Röntgenaufnahme des Thorax im Groß- oder Mittelformat bzw. Berücksichtigung eines Röntgenbefundes nicht älter als zwei JahreG 26 (G 30)
Spirometrie gem. Vorgaben des G 26 und LeitfadenG 23, G 26
Ergometrie gem. Vorgaben des G 26 und LeitfadenG 26, G 30, G 41
Audiometrie gem. G 20G 20, G 2,
(G 25, G 41)
OtoskopieG 20, G 26
Stehversuch nach Romberg, Tretversuch nach Romberg nach Möglichkeit mit Cranio-Corpo-Grafie23G 41
kleines Blutbild, Blutzucker, Gamma-GT, Kreatinin24G 41 erwünscht
Sehschärfe FerneG 25, G 26, G 41
Sehschärfe Nähe25G 25
räumliches Sehen (tätigkeitsbezogen)26G 25
Farbsinn (tätigkeitsbezogen)27G 25
Gesichtsfeld (tätigkeitsbezogen)28G 25, (G 41)
Dämmerungssehen/Blendungsempfindlichkeit (tätigkeitsbezogen)29G 25
Untersuchung des Hautorgans gem. G 2430G 24

Die Angaben in Klammern weisen auf geringgradig abweichende Anforderungen in den genannten Grundsätzen hin.

Es ergibt sich eine Untersuchung, die erstmalig nach max. 6 Monaten, anschließend nach max. 36 Monaten, sowie ab dem 50. Lebensjahr nach max. 12 Monaten durchzuführen ist. Nach Einschätzung des ermächtigten Arztes können die Untersuchungsabstände auch verkürzt werden. Ebenso sind Zwischenuntersuchungen, Biomonitoring und Nachuntersuchungen in wesentlich kürzeren Abständen aufgrund ergänzender Grundsatzuntersuchungen (z.B. G 8 - Benzol, 3-6 Monate) denkbar. Bei Betrachtung einzelner Grundsätze sind abweichende Untersuchungsabstände denkbar. Gegebenenfalls können aus der o.g. Tabelle einzelne Maßnahmen entfallen.

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Angebotsuntersuchung, keine Tätigkeitsvoraussetzung

Angebotsuntersuchung, keine Tätigkeitsvoraussetzung

Angebotsuntersuchung, keine Tätigkeitsvoraussetzung

Angebotsuntersuchung, keine Tätigkeitsvoraussetzung

Angebotsuntersuchung, keine Tätigkeitsvoraussetzung

Angebotsuntersuchung, keine Tätigkeitsvoraussetzung

Angebotsuntersuchung, keine Tätigkeitsvoraussetzung

Angebotsuntersuchung, keine Tätigkeitsvoraussetzung