DGUV Regel 103-011 - Arbeiten unter Spannung an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln

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Anhang 4 - Informationen zu Werkzeugen, Ausrüstungen, Schutz- und Hilfsmitteln für Arbeiten unter Spannung

Wiederholungsprüfungen

Schutz- und Hilfsmittel unterliegen durch die beim Gebrauch auftretende Abnutzung einem Verschleiß. Aber auch witterungsbedingte Einflüsse und eine reine natürliche Alterung verändern die isolierenden Eigenschaften. Auf wiederkehrende Prüfungen kann daher nicht verzichtet werden.

Die Sichtkontrolle auf äußerlich erkennbare Schäden und Mängel vor jeder Benutzung von isolierenden Schutz- und Hilfsmitteln stellt einen wichtigen Aspekt der Arbeitssicherheit dar. Beschädigte oder verschmutzte Ausrüstungen bergen ein großes Risiko und müssen einer weiteren Benutzung entzogen werden.

Für die Wiederholungsprüfungen sind die in der folgenden Tabelle wiedergegebenen Fristen zu empfehlen:

PrüfobjektPrüffristArt der PrüfungPrüfer
Isolierende Schutzbekleidung
(soweit benutzt)
vor jeder Benutzungauf augenfällige MängelBenutzer
12 Monate
6 Monate für isolierende Handschuhe
auf Einhaltung der in den elektrotechnischen Regeln vorgegebenen GrenzwerteElektrofachkraft
Isolierte Werkzeuge, Kabelschneidgeräte; isolierende Schutzvorrichtungen sowie Betätigungs- und Erdungsstangenvor jeder Benutzungauf äußerlich erkennbare Schäden und MängelBenutzer
Spannungsprüfer, Phasenvergleicherauf einwandfreie Funktion
Spannungsprüfer, Phasenvergleicher und Spannungsprüfsysteme (kapazitive Anzeigesysteme) für Nennspannungen über 1 kV6 Jahreauf Einhaltung der in den elektrotechnischen Regeln vorgegebenen GrenzwerteElektrofachkraft

Der Umfang und die einzuhaltenden Grenzwerte dieser Prüfungen können in der Regel den jeweiligen Normen entnommen werden. Schutzausrüstungen, die erfolgreich die Wiederholungsprüfung bestanden haben, sind entsprechend zu kennzeichnen. Für den Benutzer gibt die Angabe des Termins für die nächste wiederkehrende Prüfung eine zusätzliche Sicherheit.

Isolierender Handschutz

Als wirksamer Schutz der Hände gegen eine gefährliche Körperdurchströmung stehen isolierende Handschuhe aus Elastomeren oder Plastomeren nach DIN EN 60903 (VDE 0682-311) zur Verfügung. Diese Handschuhe weisen eine dauerhafte Isolation auch bei feuchter Umgebung auf. Für Arbeiten im Niederspannungsbereich stehen Handschuhe der Klasse 00 (bis 500 V Wechselspannung) und Klasse 0 (bis 1000 V Wechselspannung) zur Verfügung. Wenn die Teile größer sind und die Gefährdung durch raue und spitze Kanten zunimmt, können die etwas dickeren Handschuhe der Klasse 0 oder Kombinationshandschuhe für mechanische Beanspruchung eingesetzt werden. Des Weiteren besteht auch die Möglichkeit, Schutzhandschuhe aus Leder überzuziehen, um die isolierenden Handschuhe bei sehr grober mechanischer Beanspruchung vor Beschädigung zu schützen.

Elektrische Wiederholungsprüfungen sind an isolierenden Handschuhen für den Niederspannungsbereich nicht vorgesehen. Zur Prüfung genügt die Dichtheitsprüfung durch Aufblasen vor jeder Benutzung. Isolierende Handschuhe für den Einsatz über 1 kV (Klasse 1 bis 4) bedürfen besonderer Pflege und Wartung. Die erforderlichen elektrischen Wiederholungsprüfungen sind in mit dem Hersteller abgestimmten Zeitabständen durchzuführen.

Der Tragekomfort lässt sich durch Baumwoll-Unterhandschuhe wesentlich erhöhen, da diese gerade bei kürzeren Montagezeiten den Schweiß vollständig aufnehmen können.

Lederhandschuhe dürfen als isolierende Schutzausrüstung nicht eingesetzt werden, da sie nur im trockenen Zustand eine Spannungsfestigkeit erreichen. Laborversuche haben gezeigt, dass bei einwirkender Feuchte von außen oder innen entweder unzulässig hohe Ableitströme oder sogar ein Spannungsdurchbruch auftreten kann.

Isolierende Handschuhe unterliegen keiner Prüfpflicht bezüglich des Schutzes gegen Einwirkung eines Störlichtbogens. Prüfungen haben aber gezeigt, dass Klasse 1-Handschuhe Störlichtbögen im Niederspannungsnetz (Prüfparameter: 7 kA/0,5 s/30 cm Abstand) überstehen können. Auch bei stärkeren Lichtbogeneinwirkungen mindern isolierende Handschuhe das Ausmaß möglicher Unfallfolgen.

Isolierender Kopfschutz

Isolierende Schutzhelme müssen der DIN EN 50365 (VDE 0682-321) entsprechen. Auch die Basisnorm für Industrieschutzhelme DIN EN 397 enthält elektrische Anforderungen (Kennzeichnung mit "440 V∼"). Die darin aufgeführten Prüfungen entsprechen aber nicht der bekannten Systematik bezüglich der Spannungsfestigkeit und der Kennzeichnung zum Arbeiten unter Spannung.

Geprüfte und der DIN EN 50365 (VDE 0682-321) entsprechende isolierende Eigenschaften besitzen im Allgemeinen nur Schutzhelme aus thermoplastischen Materialien, die weitaus leichter als duroplastische Schutzhelme sind. Der Nachteil ist die geringere Störlichtbogenfestigkeit. Gerade in älteren NH-Verteilungen ohne teilweisen Berührungsschutz kann leicht ein Lichtbogen entstehen, weshalb dort den duroplastischen Helmen der Vorzug gegeben werden sollte. Einzelne Helmhersteller bieten aber auch thermoplastische Helme aus Spezialmischungen an, die auch größeren Lichtbogenintensitäten standhalten können.

Für isolierende Helme sind keine Fristen für Wiederholungsprüfungen festgelegt. Soweit eine elektrische Nachprüfung erforderlich ist, muss diese entsprechend der Stückprüfung durchgeführt werden. Da thermoplastische Schutzhelme einer natürlichen Alterung unterliegen, sollen diese grundsätzlich nach spätestens fünf Jahren ausgesondert werden.

Gesichtsschutz

Der Gesichtsschutz dient im Gegensatz zu den anderen isolierenden persönlichen Schutzausrüstungen vorrangig dem Schutz gegen einen möglicherweise auftretenden Störlichtbogen. Die Gesichtsschutzschirme werden meist mit einem Schutzhelm kombiniert. Durch praktische Versuche wurde nachgewiesen, dass handelsübliche Gesichtsschutzschirme mit einer Dicke von 1,5 mm auch extremen Störlichtbögen standhalten können.

Gesichtsschutzschirme für elektrotechnische Arbeiten sind an der Kennzeichnung "DIN 8" entsprechend der DIN EN 166 zu erkennen. Sie bedürfen keiner Wiederholungsprüfung.

Isolierender Fußschutz

Als Fußschutz stehen zurzeit nur isolierende Schuhe und Stiefel zur Verfügung. Die Norm DIN EN 50321 (VDE 0682-331) lässt auch Stahlsohlen zu, die bei den elektrischen Prüfungen jedoch einbezogen werden müssen. Für den allgemeinen Gebrauch sind Schuhe mit diesem hohen mechanischen Schutz nicht erforderlich, da Arbeiten unter Spannung nur in einer Umgebung ausgeführt werden dürfen, die ein sicheres Arbeiten ermöglicht. Feuchte oder besonders raue Umgebung schließt das Arbeiten unter Spannung sowieso aus (siehe auch DIN VDE 0105-100 (VDE 0105-100)).

Reduzierte Anforderungen an den Fußschutz, z.B. für den Innenbereich mit sauberen, ebenen Böden, zur Arbeitserleichterung für die Monteure werden gegenwärtig erarbeitet. Denkbar ist hier der Einsatz von Halb- oder Überschuhen.

Ebenso wie bei den Handschuhen sind auch Schuhe aus Leder nicht als isolierende persönliche Schutzausrüstungen zulässig.

Die isolierenden Stiefel oder Schuhe sind jährlich einer Wiederholungsprüfung zu unterziehen. Als Grundlage für den elektrischen Teil der Wiederholungsprüfung sind die Vorgaben der in der Norm festgelegten Stückprüfung heranzuziehen.

Körperschutz

Der Einsatz von isolierender Schutzkleidung zum Schutz des Rumpfes beschränkt sich im Wesentlichen auf Arbeiten an NS-Freileitungen, bei denen die Gefahr des "Hineintauchens" zwischen unter Spannung stehende Teile besteht. Hier hat sich der Einsatz eines isolierenden Anzuges mit atmungsaktiven Eigenschaften durchgesetzt. Dieser Anzug erfüllt die Anforderungen der DIN EN 50286 (VDE 0682-301) und ist für Nennwechselspannungen bis 500 V (Klasse 00) geeignet.

Isolierende Anzüge müssen neben einer Sichtprüfung spätestens vor Ablauf eines Jahres einer Wiederholungsprüfung unterzogen werden. Diese Prüfung besteht aus einer elektrischen Prüfung an genau festgelegten, besonders beanspruchten Stellen.

Anforderungen an Kleidung mit verstärktem Schutz gegen Störlichtbogeneinwirkung sind erst in Arbeit. Vorzugsweise sollte an Arbeitsplätzen, an denen eine erhöhte Störlichtbogengefahr besteht, Kleidung aus flammhemmenden Materialien eingesetzt werden. Aber auch die Kleidung darunter sollte möglichst einen hohen Baumwollanteil haben.

Schmiegsame isolierende Abdeckungen

Die Vielfalt der schmiegsamen Abdeckungen für Anlagen bis 1000 V Wechselspannung ist recht groß. Dazu gehören neben isolierenden Tüchern, Matten, Isolator- und Leiterseilabdeckungen auch andere Formstücke (siehe auch E DIN IEC 61112 [VDE V 0682-511]). Zur Herstellung werden Elastomere oder Plastomere eingesetzt. Nach dem jeweiligen Einsatzzweck, z.B. Schutzwirkung, Einsatzdauer, Sonnenlicht, sollte auch das Material ausgewählt werden.

Zur Fixierung der Abdeckmaterialien werden isolierende Klammern eingesetzt. Holzklammern oder Klammern mit offen liegenden metallischen Federn bieten keinen ausreichenden Überbrückungsschutz und dürfen nicht eingesetzt werden.

Für diese Ausrüstungen genügt eine Sichtkontrolle vor jeder Benutzung. Beschädigte oder gealterte Materialien müssen durch neue ersetzt werden, da eine elektrische Prüfung zu aufwendig wäre. Bei isolierenden Abdeckungen der Klasse 1 und höher sind natürlich in Abstimmung mit dem Hersteller wiederkehrende elektrische Prüfungen vorzusehen.

Isolierende Matten/Standortisolierung

Eine Alternative zum isolierenden Fußschutz stellt die Standortisolierung dar. Isolierende Matten stehen meist als Rollenmaterial zur Verfügung, so dass die Arbeitsfläche ausgekleidet werden kann (ENV 61111:2001). Die Mindestarbeitsfläche sollte mindestens 1,5 m2 mit einer Mindestseitenlänge von 1 m betragen. Von Rollenmaterial sollten deshalb keine Längen unter 1 m abgeschnitten werden.

Für das Mattenmaterial gelten die gleichen Grundsätze bei Beschädigungen und bei der Festlegung der Wiederholungsprüfungen wie bei den isolierende Abdeckungen.

Isoliertes und isolierendes Werkzeug

Die für das isolierte und isolierende Werkzeug geltende harmonisierte Norm DIN EN 60900 (VDE 0682 Teil 201) lässt gegenüber der früheren VDE-Norm größere Gestaltungsfreiheiten für die Hersteller offen. Somit tauchen auf dem Markt isolierte Werkzeuge auf, die aus konstruktiven Gründen größere blanke metallische Teile haben, z.B. Sägen, Kabelschneider. Solche Werkzeuge dürfen natürlich nur in Bereichen eingesetzt werden, in denen eine Potentialüberbrückung durch ausreichenden Freiraum und entsprechende isolierende Abdeckungen unmöglich ist. Dies wird an den meisten Montagestellen, z.B. innerhalb eines Schaltschrankes, nicht gegeben sein.

Zum Schutz gegen Beschädigungen sollten die isolierenden Werkzeuge immer gesondert aufbewahrt werden. Wiederholungsprüfungen sind für Werkzeuge nicht vorgesehen. Werkzeuge mit Beschädigungen, die die elektrische Sicherheit beeinträchtigen könnten, müssen deshalb der weiteren Benutzung entzogen werden.

Isolierende Hubarbeitsbühnen

Die isolierende Hubarbeitsbühne muss auch zu den Schutz- und Hilfsmitteln gezählt werden, da sie letztlich die gleiche elektrische Funktion wie eine isolierende Matte erfüllt (siehe auch DIN VDE 0682-742 oder DIN EN 61057 [VDE 0682-741]).

Einen Unfallschwerpunkt bei den Hebebühnen bildet der Umstand, dass leitfähige Teile der Bühne eine Spannungsverschleppung hervorrufen können. Der Arbeitskorb ist deshalb unter ständiger Beachtung der Sicherheitsabstände zu anderen unter Spannung stehenden Teilen an die Arbeitsstelle heranzufahren. Das Hochziehen von Material mit Seilen bedarf wegen der Gefahr einer möglichen Überbrückung der Isolierstrecken besonderer Vorsicht.

Anzumerken ist an dieser Stelle auch die Gefahr, dass die Arbeitsbühne angefahren werden kann. Immer wieder geschehen schwere Unfälle, weil die Bühne im öffentlichen Straßenverkehr nicht ausreichend abgesperrt und gekennzeichnet ist. Wenn sich zudem der Monteur im Arbeitskorb nicht gegen Absturz sichert, sind die Unfallfolgen noch gravierender.

Die Isolierstrecken isolierender Hebebühnen müssen regelmäßig gepflegt und elektrisch geprüft werden. Die Prüfergebnisse sind in einem Prüfbuch zu protokollieren.