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Neuthinger, Arbeitssicherheitsjournal 2010, 21
Club der kreativen Denker

Eva-Maria Neuthinger

 Neuthinger: Club der kreativen Denker - Arbeitssicherheitsjournal 2010 Heft 6 - 21>>

Ob im Verkauf oder in der Arbeitssicherheit – Unternehmen profitieren davon, wenn ihre innovativen Mitarbeiter ihr Arbeitsumfeld stetig verbessern. Die größten Erfolge lassen sich mit einem professionellen Ideenmanagement erzielen. Welche Anreize für mehr Initiative aus der Belegschaft sorgen, zeigen die drei folgenden Unternehmensbeispiele.

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Der Unternehmer und Erfinder Alfred Krupp wusste, wie viel Kreativität und Ideenreichtum in den Köpfen seiner Mitarbeiter steckte. Er animierte seine Belegschaft schon um 1870 dazu, Verbesserungsvorschläge einzubringen. Sie seien gern gesehen, hieß es in der Firmenphilosophie. Führungskräfte wie Arbeiter waren angehalten, sich zu engagieren und Schwachstellen anzuzeigen.

Betriebliches Vorschlagswesen lautet dafür der Begriff, für den es bis heute keine einheitliche Definition gibt. Christiane Kersting, Bereichsleiterin Ideen- und Innovationsmanagement beim Deutschen Institut für Betriebswirtschaft in Frankfurt (www.dib.de), erklärt: „Betriebliches Vorschlagswesen hat für uns einen eher ‚zufälligen‘ Charakter. Ideen werden eingereicht, so wie sie den Mitarbeitern einfallen, ohne dass Vorgaben gemacht werden.“ Im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) werden die Ideen der Mitarbeiter zielgerichtet eingefordert. Es wird eine Problemstellung vorgegeben und die Mitarbeiter denken in moderierten Gruppen über Lösungsmöglichkeiten nach. Das Ideenmanagement (IDM) beinhaltet beides: „Ein Betriebliches Vorschlagswesen (BVW) und einen Kontinuierlichen Verbesserungsprozess“, so Kersting.

Betriebe, die dem Ideenmanagement einen hohen Stellenwert beimessen, motivieren ihre Mitarbeiter bewusst und systematisch, sich einzubringen. Die Führungsspitze wie alle Abteilungsleiter bis hin zum Gruppenleiter müssen voll und ganz dahinterstehen, damit es erfolgreich ist. Es geht darum, die Eigeninitiative der Belegschaft einzufordern und sie auch an der Umsetzung ihrer Ideen zu beteiligen. Prämien als Belohnung bieten einen Anreiz, sich zu beteiligen. Entweder fließen Geldbeträge oder die Motivation läuft über Incentives – gegebenenfalls auch über beides.

„Im Mittelstand fehlt noch häufig ein solches Ideenmanagement“, sagt Kersting. Konzerne und Großbetriebe sind in der Regel besser aufgestellt. Manche Firmen sprechen zwar von einem Ideenmanagement, haben faktisch aber nur ein BVW. In Konzernen sind mehrere Mitarbeiter in einer Stabstelle damit beauftragt, das System am Laufen zu halten und stetig zum Besseren zu verändern. Diese Teams verantworten die Koordination zwischen jenen, die einen Vorschlag einbringen und denen, die über dessen Realisierung entscheiden. Der Bereich Arbeitssicherheit fällt genauso unter das Betriebliche Vorschlagswesen bzw. Ideenmanagement wie der Bereich Vertrieb.

Sonderbonus für mehr Arbeitssicherheit

„Arbeitsschutz und -sicherheit sind Teilaspekte des Ideenmanagements“, erklärt Kersting. Sie weiß allerdings aus ihrer Tätigkeit als Unternehmensberaterin, dass der Sicherheit der Mitarbeiter in fast jedem Betrieb ein hoher Stellenwert zukommt. So starten Firmen etwa extra Aktionswochen, in denen der Fokus auf Verbesserungen der Arbeitssicherheit im Betrieb liegt. Für alle Ideen, die zur besseren Sicherheit beitragen, erhalten die Einreicher einen Sonderbonus.

Unternehmen mit einem professionellen IDM verzeichnen jedes Jahr Kosteneinsparungen in Millionenhöhe. Das Deutsche Institut für Betriebswirtschaft befragt jährlich mittelständische Firmen wie auch Konzerne zu ihren Erfolgen und Ergebnissen. Nach dem dib-Report 2008 wurden von Mitarbeitern der 277 befragten Unternehmen fast 1,4 Mio. Verbesserungsvorschläge eingereicht. Der Nutzen belief sich in der Summe für die Betriebe auf 1,55 Mrd. €.

Messbare Erfolge bei der Deutschen Post

Ein Musterbeispiel ist die Deutsche Post AG: Im vergangenen Jahr reichten die 180.000 Mitarbeiter 220.000 Vorschläge ein. Fast jeder Dritte im Unternehmen beteiligt sich am Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP). Günter Raffel ist Vice President und leitet seit zehn Jahren die Abteilung Ideenmanagement des Konzerns mit 19 Mitarbeitern. „Wir verfolgen drei große Ziele“, sagt Raffel. Zum einen geht es darum, die Kultur zu verändern und die Entwicklung messbar zu machen. Raffel: „Wie wollen die Kommunikation zwischen den Führungskräften und den Mitarbeitern dahingehend beeinflussen, dass jede Führungskraft die Vorschläge aus der Belegschaft wertschätzt und ihnen Bedeutung zumisst.“

Ziel ist es, die Quote der Mitarbeiter, die sich am Ideenmanagement beteiligen, weiter zu steigern. „Wenn sich heute jeder Dritte im Unternehmen aktiv in den KVP einbringt, möchten wir die Quote auf 60 % in den nächsten Jahren erhöhen“, sagt Raffel. Der Erfolg lässt sich auch daran messen, wie sich die Umsetzungsquote entwickelt. „Vor zehn Jahren hatten wir einen Grad der Realisierung von 16 %, heute erreichen wir 80 %“, so Raffel. Im Prinzip geht es darum, immer mehr Mitarbeiter zu gewinnen, die das Ideenmanagement beleben und das System erhalten.

Das zweite Ziel lautet kurz: Außenwirkung erzielen. Für ein Unternehmen im DAX wie die

 Neuthinger: Club der kreativen Denker - Arbeitssicherheitsjournal 2010 Heft 6 - 22<<>>

Deutsche Post AG ist es von großer Relevanz, gegenüber den Aktionären die Kreativität der Mitarbeiter zu dokumentieren. „Wir wollen unsere Erfolge vermarkten“, sagt Raffel.

Zum Dritten gilt es, eine Wertsteigerung zu erzielen. „Über die Kulturveränderung hinaus muss ein positives Ergebnis nach der Kosten-Nutzen-Analyse übrig bleiben“, kommentiert Raffel. Nach dem dib-Report erzielte der Konzern von allen an der Umfrage beteiligten Unternehmen 2008 die höchste Einsparungssumme von 261 Mio. €. Je Mitarbeiter gerechnet waren das 1.462 €. Eine Wertsteigerung par excellence.

Das Erfolgsrezept der Post

Das System funktioniert in den Grundzügen so: „Es gibt zwei Regelkreise“, sagt Raffel. Jeder, der einen Vorschlag unterbreiten will, entscheidet selbst. Er muss den Verbesserungsvorschlag (VV) aufschreiben und diesen an seinen direkten Vorgesetzten weitergeben. Senkt er den Daumen, ist der Vorschlag abgelehnt. Hebt er den Daumen, entscheidet der Vorgesetzte, ob er ihn selbst realisieren kann. Alternativ leitet er ihn an die Abteilung Ideenmanagement weiter. Diese sendet den VV rein informativ an die Fachseite. Informativ deswegen, weil sie nicht verpflichtet ist, auf den VV zu antworten. So funktioniert der kleine Regelkreis. In jedem Fall vergibt der Chef für das Engagement zwischen zwei (rein fürs Abgeben) und fünf (wenn der VV eingeführt wird) Punkten. Diese werden dem Mitarbeiter gutgeschrieben. Für jeden Punkt gibt es bei einer Tombola später ein Los.

Interessanter ist der große Regelkreis. Der Mitarbeiter stellt eine Wirtschaftlichkeitsrechnung auf. Raffel erklärt: „Der Kreative holt vorab Informationen ein. Er schätzt, wie hoch das Einsparpotenzial bei einer Realisierung sein würde.“ Schon dafür erhält er 10 Punkte. Dann gibt er den VV bei seinem Vorgesetzten ab. Wieder kann dieser ihn entweder selbst realisieren oder an das Ideenmanagement weiterleiten – falls eine andere Zuständigkeit bestehen sollte.

Das Highlight aber: Die besten kreativen Köpfe können in den „Club der Denker“ eintreten. Die Mitglieder erhalten besondere Weiterbildungen mit Eventcharakter, treffen sich regelmäßig zum Informations- und Ideenaustausch. „Daraus sind schon sehr viele Netzwerke entstanden“, sagt Raffel. Der „Club der Denker“ ist ein elitärer Kreis. Denn aus jeder der 49 Niederlassungen mit 3.000 bis 5.000 Mitarbeitern werden maximal fünf Mitarbeiter aufgenommen.

„Ideenquelle Werra“ bei Kali + Salz

Musterbeispiel K + S KALI GmbH, Werk Werra: Bei der Tochter der K+S AG, dem weltweiten Anbieter von Spezial- und Standarddüngemitteln, von Pflanzenpflege- sowie Salzprodukten mit insgesamt um die 12.000 Mitarbeitern, ist das Ideenmanagement genauso wie bei der Deutschen Post AG dezentral organisiert. „Die Mitarbeiter sind ständig aufgefordert, mit Vorschlägen die Arbeitsabläufe oder -bedingungen zu optimieren“, erklärt Willi Bock, Leiter des Ideenmanagements im Werk Werra. In seiner Abteilung arbeiten sechs Ideenmanager, jeder in einem fest zugeordneten Bereich. Sie kommen aus der Produktion, der Technik und der Unter-Tage-Gewinnung. Die Experten wurden im Rahmen eines Seminars von 20 Interessenten ausgewählt. Je mehr Mitarbeiter im Werk tätig sind, desto größer wird die Abteilung „IQW – Ideenquelle Werra“ sein.

Das Werk ist zudem in verschiedene Bereiche eines Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) von etwa 80 bis 120 Mitarbeitern gegliedert. Für jeden beschäftigt sich ein sogenanntes KVP-Team mit aktuellen Themen, wobei die betroffenen Kollegen jeweils fest mit eingebunden werden. Sechs bis acht Mitarbeiter engagieren sich in einem KVP-Team, mit einem Moderator. So wurde auch das Thema Arbeitssicherheit in diesen Gruppen themenorientiert bearbeitet.

Im vergangenen Jahr gingen 4.796 VV ein. Knapp zwei Drittel davon wurden umgesetzt. Der Netto-Jahresnutzen lag bei 3,6 Mio. €. Es flossen 600.000 € Prämien an die Ideengeber. Die Mitarbeiter reichen ihre Vorschläge schriftlich bei ihrem Vorgesetzten ein. „Das hat für uns den Vorteil, dass die Führungskraft direkt Hilfestellung geben kann. Es kann sofort über den Verbesserungsvorschlag kommuniziert werden“, so Bock. Gegebenenfalls entscheidet der Chef, dass die Realisierung sofort veranlasst wird. Er legt dann auch die Prämie fest. Andernfalls leitet der Vorgesetzte den VV an den fachlich Verantwortlichen mit der Bitte um Stellungnahme weiter.

Arbeitssicherheits-Ideen: Prämie für den „geschätzten Nutzen“

Im Schnitt sollen die Ideen innerhalb von 90 Tagen bearbeitet sein. „Wir unterscheiden Vorschläge in berechenbare und solche mit vereinfachter wirtschaftlicher Betrachtung, also nicht berechenbare“, so Bock. Die Prämierung erfolgt bei quantifizierbaren Verbesserungen auf Basis von 20 % des durchschnittlichen Nettojahresnutzens der ersten drei Jahre. Dabei gibt es keine Begrenzung. Kann keine Kosten-Nutzen-Analyse aufgestellt werden, wird der Bonus anhand einer Tabelle ermittelt. Maximal gibt es 500 €. VV zur Arbeitssicherheit sind in der Regel nicht zu quantifizieren. Ein „geschätzter Nutzen“ entscheidet über die Höhe.

Der Anteil der VV zur Arbeitssicherheit lag im vergangenen Jahr bei 20 %. Ein Beispiel aus diesem Bereich: Am Standort Wintershall steht ein Rohlösungs-Heißklärer mit einem Durchmesser von 23 Metern. Dieser ist regelmäßig zu reinigen. Ein Mitarbeiter kam auf die Idee, im Inneren einen Anschlag an einer umlaufenden Schiene zu befestigen. Damit kann derjenige, der den Behälter gerade säubert, gesichert werden. An den Stützblechen des Schaumrückhaltezylinders wurden dazu innen Halterungen angeschweißt. In Verbindung mit einem Gleitschuh kann auf einer Schiene das Personensicherungsgerät leicht eingehängt werden. Durch eine zusätzliche Öse wird das Abseilen gesichert. Dies verhindert, dass die Reinigungskraft zur Klärermitte ausrutscht und gewährleistet das optimale Säubern des innen nassen Klärers.

IT-gestützte Ideenmaschine beim Marktführer für Airbags und Co.

Musterbeispiel die Takata Petri AG: Der führende Hersteller integrierter Insassenschutz-Systeme mit einem Umsatz von fast 3 Mrd. € und weltweit über 28.000 Mitarbeitern arbeitet mit einem dezentralen System. Andrea Garbe ist verantwortlich für das Ideenmanagement der 15 europäischen Produktionswerke und Entwicklungsstandorte mit 10.000 Mitarbeitern. Sie arbeitet eng mit den jeweiligen Kollegen der einzelnen Standorte zusammen, die auch ihre direkten Ansprechpartner sind. Diese wiederum kommunizieren mit den Koordinatoren der Fachabteilungen. Garbe erklärt: „Wir haben eine spezielle Software vom Marktführer Koblank GmbH für unser BVW installiert. Die Mitarbeiter können damit ihre Vorschläge per EDV einstellen. Alternativ formulieren sie ihre Anregungen schriftlich.“ Erster Adressat ist jeweils ein für den Bereich zuständiger Mediator. „Eine Vertrauensperson für die Mitarbeiter wie für die Führungskräfte“, sagt Garbe.

Allein in den deutschen Werken mit etwa 3.000 Mitarbeitern führen etwa 30 Beschäftigte diese Position aus. Sie investieren einen Teil ihrer Arbeitszeit in diesen Job und sind entsprechend von ihren anderen Aufgaben für diese Zeit freigestellt. Der Mediator wertet die Idee zunächst aus. Er kann dafür zum Beispiel ein Gutachten über die Software erstellen lassen. „Alle Ideen werden gleich behandelt“, so Garbe. Dann wird

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in den jeweiligen Fachbereichen entschieden, ob die Idee umgesetzt werden soll. „Ist dies der Fall, streben wir eine Realisation innerhalb von 14 Tagen an“, erklärt Garbe. Im vergangenen Jahr gingen rund 8.000 Vorschläge ein. Der Nettonutzen lag bei 3 Mio. €. Die Mitarbeiter erhielten 140.000 € Prämie.

„Wir haben drei große Ziele“, sagt Garbe. Zum einen geht es darum, die Beteiligung der Mitarbeiter stetig zu steigern. Zum anderen soll sich die Realisierungsquote permanent erhöhen und gleichzeitig – als drittes Ziel – die Durchlaufzeiten gesenkt werden. Um diesen Prozess stetiger Verbesserung zu erreichen, vereinbaren die einzelnen Werke wie auch jeder Fachbereich jährlich neue Ziele. Ein wenig stehen die Führungskräfte unter Druck, die Vorgaben zu erreichen. Wer sich ungenügend verbessert, gefährdet einen Teil seines Jahresbonus.

„Unser Konzept beinhaltet einen einheitlichen Workflow, Betriebsvereinbarungen und die Unterstützung durch die Software“, fasst Garbe zusammen. Es basiert auf dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, entsprechend dem japanischen Kaizen, und einem klassischen Betrieblichen Vorschlagswesen. Die Mitarbeiter sprechen kurz von TIM: Dem Takata Ideen Management. Wer neu in das Unternehmen eintritt, erhält als Erstes in einer Schulung die wichtigsten Informationen zu TIM. Per E-Mail, Flyer oder per Info auf der Startseite der Software werden die Mitarbeiter über die Entwicklung von TIM auf dem Laufenden gehalten.

Info

Zahlen und Fakten: Potenziale ausschöpfen

Der dib-Report des Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft in Frankfurt unterscheidet zwischen dem errechenbaren und dem nicht klar abzugrenzenden Nutzen aus den Verbesserunfsvorschlägen (VV). Für 2008 ergab sich ein Volumen von 161 Mio. € bei den befragten Unternehmen. Diese Einsparungen halfen unter anderem, die Sicherheit für die Mitarbeiter zu verbessern, Risiken zu minimieren oder die Funktionssicherheit zu erhöhen.

Allgemeine Kennzahlen der dib-Statistik

VV-Quote

70 %

Anzahl eingereichter VV

1.380.000

Summe der Prämien

162 €

Durchschnitt je prämierten VV

190 €

Höchstprämie

534.851 €

Einsparungen aus errechenbaren VV und geschätztem, nicht errechenbarem Nutzen im 1. Jahr:

1.555 €

Quelle: dib Report für 2008, 277 befragte Unternehmen und öffentliche Körperschaften mit insgesamt 2 Millionen Beschäftigten

Auf einen Blick

Tipps für ein erfolgreiches Ideenmanagement

Was aber macht ein erfolgreiches Ideenmanagement aus, wie es die Deutsche Post AG oder die K + S AG und Takata Petri realisiert haben? Die Experten geben dazu diese Tipps:

1. Auf die Führungsspitze kommt es an

„Uneingeschränkte sichtbare Unterstützung der Geschäftsleitung und des Managements ist der erste Erfolgsfaktor“, sagt Willi Bock (K+S AG). Diese These unterstützt auch Günter Raffel (Deutsche Post AG): „Die Führungskräfte sind der Dreh- und Angelpunkt. Insbesondere die Geschäftsführung muss voll und ganz hinter den Mitarbeitern stehen und deren Engagement auch nach außen kommunizieren“. Für Andrea Garbe (Takata Petri AG) ist klar: „Ein wirkungsvolles Ideenmanagement muss generalstabsmäßig vorbereitet werden.“

Christiane Kersting vom dib ergänzt: „Jede Führungskraft sollte vor den Kollegen einen aktiven Mitarbeiter loben und über sein Engagement positiv sprechen.“ Sätze wie „So wünsche ich mir das“ oder „Toll gemacht“ kommen gut an. Sie weiß auch aus Erfahrung, dass jeder einmal eine gute Idee hat, wie sich Abläufe im Unternehmen verbessern lassen. Selbst wenn der Effekt noch so gering zu sein scheint, „er sollte seine Würdigung finden“, sagt Kersting. Die Mitarbeiter müssen merken, dass Verbesserungsvorschläge etwas bringen. Garbe gibt zudem die Empfehlung, das Vorhaben detailliert zu planen: „Unsere Planungsphase dauerte ein gutes halbes Jahr. Wie führten das Ideenmanagement zuerst testweise in einem unserer Standorte ein und zogen dann flächendeckend nach.“

2. Dezentrales Vorschlagswesen wählen

Raffel plädiert für ein dezentrales System, bei dem die Mitarbeiter den direkten Kontakt zu ihrem Chef pflegen. Dazu gehört es für ihn auch, dass Führungskräfte jeden Monat eine Beurteilung erhalten. Sie sollen sich gegenüber ihren Kollegen selbst einschätzen können und wissen, wo sie kommunikativ stehen.

3. Marketing betreiben

Die Abteilung Ideenmanagement sollte die Führungskräfte coachen und Marketing betreiben. Dazu ist auch eine entsprechende EDV-Unterstützung notwendig. Die Abteilung IQW im Werk Werra hängt zum Beispiel auch Plakate aus, um zum Mitdenken zu animieren. Dreimal jährlich erscheint ein Newsletter zum KVP der K+S Gruppe.

4. Wichtige und weniger wichtige Vorschläge unterteilen

Wenn wie bei der Post AG jedes Jahr 200.000 VV auszuwerten sind, sind Prioritäten zu setzen. Andernfalls verzetteln sich die Teams und der KVP kommt ins Stocken. Es frustriert jeden kreativen Kopf, wenn ein guter Gedanke lange Zeit nicht weiter verfolgt wird. Kersting: „Mitarbeiter dürfen nicht vertröstet werden. Falls einmal ein VV nicht zeitnah ausgewertet werden kann, sollte der Grund dafür zumindest erklärt werden. „Es darf auch keine Tabu-Themen für Vorschläge geben“, ergänzt Bock.

5. Erfolge honorieren

Kleine Präsente erhalten nicht nur die Freundschaft, sie motivieren. Die K + S KALI GmbH setzt zum Beispiel auch Anreize durch kleine Präsente bei der Einreichung. Die aktivsten Denker ehrt das Werk Werra einmal im Jahr bei einem großen Event. Im vergangenen Jahr war damit eine Einladung von der Werksleitung zu einem Konzert im Erlebnis-Bergwerk Merkers verbunden, bei dem auch die Presse dabei war. Aushänge an den Schwarzen Brettern informieren die Mitarbeiter über Prämien und Aktivitäten im Werk. Die KVP-Teams können ihre Kreativität in Rankingtabellen vergleichen. Für Günter Raffel beweist auch der „Club der Denker“ seine Wirkung: „Auf spielerische und lockere Art und Weise animiert der Kreis dazu, sich einzubringen und kreativ zu sein.“

6. Arbeitssicherheit durch offene Kommunikation

Das IQW-Team im Werk Werra gibt speziell Arbeitssicherheitsexperten, die ihre Kollegen zum Mitdenken animieren möchten, zusätzlich noch diese Tipps:

  1. Ratsam ist es, aktuelle Themen offen zu kommunizieren und exakt zu benennen.

  2. Die Unfallschwerpunkte im Unternehmen sollten gegenüber den Mitarbeitern erklärt werden. Das sollte verbunden sein mit der Aufforderung, Verbesserungen vorzuschlagen.

  3. Die KVP-Teams sollten auch Mitarbeiterbefragungen durchführen und in Teamarbeit methodische Lösungen erarbeiten.

Die wichtigsten Links unter anderem zum Download der dib-Studie über Ideenmanagement in Deutschland auf

www.arbeitssicherheit.de, Webcode 10568

metis