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Rein, Arbeitssicherheitsjournal 2010, 11
Die Hände in Schutz nehmen

Kirsten Rein

Rein: Die Hände in Schutz nehmen - Arbeitssicherheitsjournal 2010 Heft 5 - 11

So vielfältig wie die Arbeitswelt sind auch die Anforderungen, die an Schutzhandschuhe gestellt werden. In der Lebensmittelindustrie werden andere Funktionen verlangt als im Umgang mit Elektrizität oder thermischen Quellen. Dabei kommt es nicht auf Schutz allein an, sondern auch auf Griffsicherheit und Tragekomfort.

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Zum Einsatz von Schutzhandschuhen gibt es Europäische Normen. Alle Schutzhandschuhe müssen der EN 420 – Allgemeine Anforderungen an Handschuhe – entsprechen. Ausnahmen bilden Handschuhe für Elektriker und Einmalhandschuhe. Die EN 420 regelt die Mindestanforderungen wie Gebrauchsinformation, Hinweise zu Lagerung und Reinigung sowie Entsorgung. In ihr sind Empfehlungswerte für Chrom VI und der ph-Wert festgelegt. Die EN 420 sieht außerdem einen Fingerbeweglichkeitstest vor.

Um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden, sind Schutzhandschuhe in drei Kategorien unterteilt. Kategorie I steht für minimale Risiken und somit für geringe Schutzanforderungen an Handschuhe, wie sie in manchen Laboren, beim Verkauf von Lebensmitteln, zur Reinigung oder bei der Krankenpflege genutzt werden. Kategorie II beschreibt die mittleren Risiken, sprich den Schutz beispielsweise vor mechanischen Gefahren wie bei Holz- und Gartenarbeiten, Schlosserarbeiten sowie Lager- und Verpackungsarbeiten. Ab Kategorie II müssen die Leistungslevels mit dem entsprechenden Piktogramm auf dem Schutzhandschuh oder auf der Verpackung angebracht sein. Hohe Risiken sind in der Kategorie III zusammengefasst. Hier muss der Schutz gegen irreversible Schäden und tödliche Gefahren, zum Beispiel durch Chemikalien, Hitze, Kälte oder Strom, gegeben sein. Solche Risiken treten beispielsweise beim Galvanisieren, in der Chemie-Industrie oder in der Forst- und Landwirtschaft auf.

Die BGR 195 regelt als Vorschrift der Berufsgenossenschaften die Auswahl und Benutzung von Schutzhandschuhen. Grundsätzlich obliegt es dem Arbeitgeber, vor dem Einsatz eine Gefährdungsanalyse des Arbeitsplatzes durchzuführen. Sie beinhaltet Art und Umfang der Risiken, Arbeitsbedingungen und gesundheitliche Risiken für den Arbeitnehmer. Die eingesetzten Schutzhandschuhe müssen einerseits optimalen Schutz bieten, andererseits dürfen Tragekomfort, Tastgefühl und Greifvermögen nicht zu sehr eingeschränkt sein. Der Arbeitgeber hat eine Betriebsanweisung zu erstellen, die u.a. die Ausführung der Handschuhe, Tragedauer, Einsatzmöglichkeiten, Art und Weise der Lagerung und Reinigung sowie Gebrauchseinschränkungen enthält. Zusätzlich muss er seine Mitarbeiter anhand der Betriebsanweisung mindestens einmal jährlich über die Charakteristika und den Umgang mit den Handschuhen unterweisen.

BG-Richtlinien für die richtige Benutzung

Laut BGR 195 bestimmen die richtige Handschuhgröße, die Flexibilität des Materials und die Fähigkeit, den an den Händen entstandenen Schweiß abzuführen, den Tragekomfort. Er trägt erheblich dazu bei, dass Arbeiter die gestellten Schutzhandschuhe anziehen und so mögliche Unfälle auch tatsächlich vermieden werden. Wichtig ist außerdem die Griffsicherheit, die von der Form und Größe sowie von der Flexibilität und dem Reibungswiderstand der Materialien abhängt. Für ein optimiertes Tastgefühl bieten die Hersteller von Schutzhandschuhen unterschiedliche Noppendesigns. Dem Tragekomfort und der Griffsicherheit zuträglich ist außerdem eine ergonomische Passform.

Materialeigenschaften regeln EU-Normen

EN 388 regelt den Schutz gegen mechanische Risiken. Zu diesen Risiken zählen Abrieb-, Schnitt-, Weiterreiß- und Stichfestigkeit. Beschrieben werden die Level 1 bis 4 bzw. 5 für Schnittfestigkeit. Je höher das Level, desto größer ist der Schutz.

EN 374 beschreibt den Schutz gegen chemische und bakterielle Risiken. Bei Chemikalienschutzhandschuhen wird zwischen vollwertigen und einfachen Handschuhen unterschieden. Ein vollwertiger Chemikalienhandschuh muss bei mindestens drei Prüfchemikalien ein Permeationslevel von 2 aufweisen. Permeation heißt die molekulare Durchdringung, Penetration die makroskopische Durchdringung – also ein Riss oder ein Loch. Ein einfacher Chemikalienschutz bedeutet, dass Handschuhe wasserdicht sind und einen geringen Schutz gegen chemische Gefahren bieten. Außerdem wird noch die Quellung geregelt.

EN 407 beschreibt den Schutz gegen thermische Risiken vom Brennverhalten über den Schutz vor Kontaktwärme, Strahlungswärme, konvektiver Hitze (Zeitdauer, in der ein Schutzhandschuh die Hitzeübertragung von einer Flamme verzögern kann), kleinen Spritzern geschmolzenen Metalls und großen Mengen flüssigen Metalls. Hier gibt es sechs Levelangaben.

EN 1149 regelt antistatische Eigenschaften, sie besteht aus mehreren Normteilen, die Parameter wie den Oberflächen- und Durchgangswiderstand und den Ladungsabbau regeln.

EN 61340 regelt die Grundanforderungen an Materialien, die mit Bauelementen, die auf elektrostatische Entladungen empfindlich reagieren (ESDS), in Berührung kommen und sie beschädigen können. Sie beschreibt Prüfverfahren und gibt Werte vor, nach denen ein Material ESD-unbedenklich ist.

EN 60903 beinhaltet alle Anforderungen an einen wirksamen Schutz vor elektrischem Strom. Elektriker-Handschuhe müssen wiederholt geprüft werden, spätestens dann, wenn die letzte elektrische Prüfung sechs Monate zurückliegt.

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