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Kring, Arbeitssicherheitsjournal 2010, 20
Der Betriebsrat im Arbeitsschutz

Dr. Friedhelm Kring

Kring: Der Betriebsrat im Arbeitsschutz - Arbeitssicherheitsjournal 2010 Heft 3 - 20

Noch bis Ende Mai werden in vielen Unternehmen Betriebsratswahlen stattfinden. arbeitssicherheit.journal nimmt dies zum Anlass, die Stellung der Betriebsräte im Arbeitsschutz und ihr Verhältnis zu den Sicherheitsfachkräften zu beleuchten.

Fast jeder zweite Beschäftigte in Deutschland wird von einem Betriebsrat vertreten, deutlich höher liegt die Quote bei großen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern. Im 4-jährlichen Turnus werden in diesem Frühjahr die Arbeitnehmervertreter vieler Betriebe neu gewählt. Zu den Aufgaben der Betriebsräte gehört auch eine Mitwirkung im Arbeitsschutz, bei der Arbeitsorganisation und der Arbeitsplatzgestaltung.

Zentraler Begriff im Verhältnis der Betriebsräte zu anderen Akteuren des Arbeitsschutzes wie Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragter und Betriebsarzt ist „Zusammenarbeit“. An mehreren Stellen hat der Gesetzgeber dies näher definiert. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gewährt dem Betriebsrat in § 87 Mitbestimmungsrechte bei „Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz“, selbstverständlich „im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften“. Gleichzeitig werden die Arbeitnehmervertreter in § 89 verpflichtet, sich „dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb (…) durchgeführt werden“. Der Betriebsrat wird zudem dazu aufgefordert, die zuständigen Behörden, BGen usw. „durch Anregung, Beratung und Auskunft“ zu unterstützen. Dazu muss der Arbeitgeber den Betriebsrat bei allen für Arbeitsschutz oder Unfallverhütung relevanten Aspekten, Betriebsbegehungen, Unfalluntersuchungen usw. hinzuzuziehen und ihn über Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen informieren.

Umgekehrt sind auch Fachkräfte für Arbeitssicherheit (FASi) zur Kooperation mit dem Betriebsrat aufgerufen. Dieser wirkt bereits bei der Bestellung einer FASi mit und muss sowohl der Ernennung zustimmen wie auch, ob die Stelle geschaffen oder als externe FASi besetzt wird. Das Recht auf Mitbestimmung bei Vergabe wie Abberufung gilt ebenso bei externen freiberuflichen Fachkräften. Darüber hinaus verpflichtet § 9 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) die FASi wie auch Betriebsärzte,

  1. mit dem Betriebsrat zusammenzuarbeiten,

  2. Betriebsräte „über wichtige Angelegenheiten des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung“ zu informieren und

  3. den Betriebsrat auf Verlangen bzgl. Arbeitsschutz und Unfallverhütung zu beraten.

Konkret bedeutet das: Soll z.B. bei einer Tätigkeit im Betrieb von bestimmten Arbeitsschutz-Vorschriften abgewichen werden, so gehört zum Antrag auf Ausnahmegenehmigung bei der BG auch eine Stellungnahme des Betriebsrates. Ebenso ist die Anzeige von Unfällen und Berufskrankheiten vom Betriebsrat mit zu unterzeichnen.

Es ist einer Fachkraft für Arbeitssicherheit keineswegs verwehrt, gleichzeitig Betriebsrat zu werden oder umgekehrt. Da jedoch die jeweiligen Interessen nicht immer zwangsläufig genau parallel liegen, wird von einer solchen Personalunion eher abgeraten. Dies soll jedoch nicht heißen, dass im Einzelfall und bei entsprechendem Einsatz beide Tätigkeiten nicht problemlos oder sogar besonders effizient miteinander harmonieren können.

Der neuen Betriebsratsgeneration ist zu wünschen, dass sich im betrieblichen Alltag alle Beteiligten von Anfang an um ein offenes Miteinander bemühen. Es ist mehr als eine nette Geste von FASi oder Betriebsarzt, die Betriebsräte hinzuzuziehen, z.B. bei

  1. Entscheidungen über Arbeitsabläufe

  2. Anschaffungen von Sicherheitsausrüstung

  3. Besuchen der Gewerbeaufsicht

  4. Betriebsbegehungen mit externen Arbeits- oder Umweltschutzberatern usw.

Umgekehrt steht es auch einem Betriebsrat gut an, sich über das verpflichtende Maß hinaus selbsttätig für den Arbeitsschutz im Unternehmen zu engagieren. Wer hier unter Kollegen etwa beim Anlegen vorgeschriebener PSA „ein Auge zudrückt“ oder vermittelt, dass Vorschriften zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz „übertrieben“ seien, handelt gerade als gewählte Vertrauensperson der Arbeitnehmer höchst fahrlässig. Sicherheit und Unfallschutz berühren die elementaren Interessen der Beschäftigten, hier gilt es, diese Verantwortung im Betriebsalltag konsequent wahrzunehmen. Durch die Novellierung des BetrVG ist seit 2001 zusätzlich der betriebliche Umweltschutz ausdrücklich als Aufgabe des Betriebsrates anerkannt.

Gut ist ein komplikationsloser Austausch mit den für Sicherheit, Gesundheit und Umwelt Verantwortlichen im Unternehmen, auch über vierteljährliche Kontakte bei Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses hinaus. Besser ist, wenn aktives Mitdenken und Initiative dazu kommen. Ob Ergonomie-Schulung, Betriebsvereinbarung zu Alkoholkonsum oder Einrichtung eines Fitnessraums, kreative Ideen zu entwickeln oder solche der Beschäftigten aufzugreifen, sollte im Sinne stetig zu verbessernder Arbeitsbedingungen gemeinsame Aufgabe aller Arbeitsschutz-Akteure im Unternehmen sein.

metis
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