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Manz, Arbeitssicherheitsjournal 2010, 21
Existenzgründung: Kommunikationsprofis gefragt

Klaus Manz

 Manz: Existenzgründung: Kommunikationsprofis gefragt - Arbeitssicherheitsjournal 2010 Heft 1 - 21>>

Der Markt für selbstständige FASIs ist eng, aber es herrscht kein Verdrängungswettbewerb. Die richtige Vorbereitung, Analyse der eigenen Stärken wie der Schwächen und Spezialisierung sind die Bausteine für den erfolgreichen Start.

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Die Marktsituation sieht so schlecht nicht aus. „In vielen Unternehmen ist inzwischen klar, dass sie ihren großen Bereich Safety intern nicht mehr bewältigen können“, sagt Ulf-Joachim Schappmann, Leiter des Arbeitskreises Businessplan beim Verband Deutscher Sicherheitsingenieure in Wiesbaden. Schappmann kennt den Markt seit über 20 Jahren, er ist Geschäftsführer der auf Arbeitssicherheit spezialisierten Beratungsfirma SIMEBU Thüringen GmbH in Weimar. „Selbst Großunternehmen mit einem Stab von mehreren Mitarbeitern, die sich über 40 Stunden in der Woche allein mit dem Thema Arbeitsschutz beschäftigen, kaufen Leistungen externer Experten zu“, so Schappmann.

Schätzungsweise etwa 2 500 bis 4 000 selbstständige Berater im Bereich Arbeitsschutz und -sicherheit sind derzeit tätig. Ihre Kunden kommen aus ländlichen Gebieten, genauso wie aus städtischen Regionen, aus Industrie und Handwerk, Handel oder Dienstleistung. Wer als Fachkraft für Arbeitssicherheit den Sprung aus dem Angestelltenverhältnis wagen möchte, hat gute Karten. Vorausgesetzt, er beachtet einige wichtige Grundregeln und bereitet sein Vorhaben gewissenhaft vor.

Thomas Najderek, Berater für Arbeitssicherheit in Mannheim (www.najderek-consulting.de) ist seit fast zwei Jahren sein eigener Chef. Seine Entscheidung, die Sicherheit einer Festanstellung gegen die Selbstständigkeit zu tauschen, hat der 36-Jährige bis heute nicht bereut. „Ich bin zwar die meiste Zeit über unterwegs und nur wenige Tage im Monat in meinem Büro. Außerdem arbeite ich weit mehr als 40 Stunden in der Woche. Jedoch bereitet meine Tätigkeit mir Freude und ich genieße meinen Erfolg beim Kunden“, sagt Najderek.

Erfolgsstrategie: Kontakte knüpfen und pflegen

Najderek studierte Betriebswirtschaft und bildete sich schon als Angestellter eines Industrieunternehmens zur Fachkraft für Arbeitssicherheit weiter. „Ich konnte meinen Chef davon überzeugen, wie wichtig diese Ausbildung ist. Bei der Berufsgenossenschaft absolvierte ich mehrere Kurse“, erklärt der junge Selbstständige. Sein ehemaliger Arbeitgeber musste ihn nur für die Präsenzseminare freistellen. Nach erfolgreichem Abschluss der letzten Prüfung arbeitete er noch zwei weitere Jahre in seinem „Ausbildungsbetrieb“ weiter. Dann machte er sich als Unternehmensberater für Arbeitssicherheit selbstständig.

Heute betreut Najderek in erster Linie Orthopädiehandwerksbetriebe in ganz Deutschland. Er hat sich inzwischen einen Kundenstamm von rund 178 Unternehmen aufgebaut. „Ein wichtiges Erfolgskriterium sind gute Kontakte“, meint Najderek. So ist er zum Beispiel auch Mitglied im KMU-Beraterverband. Vor allem aber hat er sich ein Netzwerk zu den Berufsgenossenschaften, zu Handwerkskammern und Innungen aufgebaut.

Der Weg zum ersten Kunden

Wie wichtig beste Kontakte für Selbstständige und ein funktionierendes Netzwerk sind, weiß auch sein Kollege Peter Haas, Geschäftsführer der GMOH Gesellschaft für Management und Organisation im Handwerk in Rodgau. Haas arbeitet ebenfalls als Unternehmensberater für Arbeitssicherheit. Er meint, dass es für junge Selbstständige besonders wichtig ist, Referenzen nennen zu können.

Doch wie akquiriert der Gründer am besten seinen ersten Kunden? Ulf-Joachim Schappmann empfiehlt die direkte Ansprache. Anzeigen in der regionalen oder Fachpresse bringen wenig. „Termin vereinbaren, sich vorstellen und über seine Leistungen informieren“, rät der Experte. Alternativ oder ergänzend ist es ratsam, per Direktmarketing, also über Werbeanschreiben, zu werben. Erfahrungsgemäß müssen mehr als zehn potenzielle Interessenten angesprochen werden, um einen Neukunden zu gewinnen. „Wer Referenzen nennen kann, ist im Vorteil“, sagt Haas. Die klassische Mundpropaganda ist ein exzellenter Multiplikator.

Den richtigen Ton beim Kunden treffen

Wichtig ist es, schon im ersten Gespräch den Unternehmer für das Thema Arbeitssicherheit zu sensibilisieren. Gerade Geschäftsführer kleiner und mittlerer Unternehmen lassen sich mit guten Argumenten überzeugen. Sie wissen, dass sie – auch auf Druck ihrer eigenen Kunden oder Lieferanten – externe Unterstützung benötigen. Arbeitssicherheit im Betrieb wird ernst genommen.

1. Orientierung bieten und Lösungen präsentieren

Die Firmenchefs stehen oftmals auch vor einem Problem, wie Schappmann weiß: „Die Dere-

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gulierung im Arbeitsschutz führte dazu, dass die Unternehmer einen größeren Spielraum nutzen können, ihren gesetzlichen Pflichten nachzukommen. Im Klartext bedeutet dies: Viele wissen nicht mehr, welche Maßnahmen sie nun einleiten müssen und wie diese neuen Spielräume auszufüllen sind. Genau hier kann die Beratungsleistung des Externen ansetzen.

2. Finanzielle Vorteile aufzeigen

Zudem: Arbeitssicherheit als Wettbewerbsvorteil zieht als Verkaufsargument besser, als an die Verantwortung des Unternehmers zu appellieren oder sogar rechtliche Pflichten und Haftungsfragen ausführlich zu erörtern. Najderek weiß: „Oftmals kontern potenzielle Interessenten, dass im Betrieb alles schon seit 30 Jahren reibungslos funktioniert. Und deswegen kein Bedarf besteht.“

3. Sicher auftreten

Für Schappmann ist klar: „Der Existenzgründer muss sich darüber bewusst sein, dass er mit einem Kunden anders als mit seinem ehemaligen Chef kommunizieren muss.“ Damit meint er, dass er vorab für sich klären sollte, wie er seine Nachrichten geschickt vermittelt. „Es kann sich in der Praxis schnell zeigen, dass teure Maßnahmen zur Sicherheit der Mitarbeiter eingeleitet werden müssen, ohne dass sich der Betriebsinhaber darüber bewusst ist“, so Schappmann. Den Kunden von der Notwendigkeit hoher Investitionen zu überzeugen, ist die Kunst. Wer sich also davor scheut, offen vor anderen zu sprechen und ihnen etwas zu erklären oder sogar geschickt zu „verkaufen“, wird es als Selbstständiger schwer haben.

4. Zuschüsse erläutern

Najderek gibt den Tipp, bei der Kundengewinnung gleich zu Beginn auf die Möglichkeiten öffentlicher Förderung hinzuweisen. „Der Europäische Sozialfonds unterstützt Unternehmer, wenn sie eine externe Fachkraft für Arbeitssicherheit engagieren“, erläutert er. Jeder Experte für förderfähige Beratung muss allerdings bei der Bundesanstalt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) registriert sein. Sein Kunde überweist zuerst das Honorar und erhält danach den Zuschuss. „Die Förderung ist ein Verkaufsargument“, meint Najderek.

Gründer müssen solide kalkulieren

Wer in den Markt neu einsteigen will, muss sich aber auch darüber bewusst sein: Die Konkurrenz schläft nicht. In der Branche tummeln sich viele Anbieter, die zu niedrigen Stundensätzen ihre Leistungen anbieten. Wer mehr verlangen will, muss entsprechend gut argumentieren und qualitativ hochwertig beraten. Erfahrungsgemäß, da sind sich Experten einig, ist ein Stundensatz von 40 bis 80 € realistisch, um seinen Lebensunterhalt decken zu können.

Schappmann, Najderek und Haas warnen unisono davor, sich mit Niedriglohnofferten am Markt durchsetzen zu wollen. Mancher, der das als Einzelkämpfer versucht hat, musste schon nach ein oder zwei Jahren wieder das Handtuch werfen, weil ihm der Atem ausgegangen ist. „Solange die öffentliche Förderung wie etwa der Gründungszuschuss noch läuft, kommen sie mit ihrem Einkommen aus. Doch sobald dieser Zufluss wegfällt, ist oft Schluss“, so Schappmann. Eine solide Kalkulation ist das A und O. Und jede Form öffentlicher Förderung des Gründers darf nicht als eigener Umsatz und Ertrag verstanden werden, sondern nur als Hilfe zur Lebensführung.

Najderek weiß, wie aufwendig bei Honoraren bis zu 90 € in der Stunde die Neukundenakquise ist: „Es bedarf manchmal ein Jahr hartnäckiger Überzeugungsarbeit.“

Alles aus einer Hand

Kunden wollen in der Regel auch alles aus einer Hand. Deshalb sind Kooperationen mit Kollegen so wichtig. Wer sich beispielsweise auf die Belange einer bestimmten Branche spezialisiert, sucht den Kontakt zu Partnern, die sich etwa auf Umweltschutz oder Brandschutz generell spezialisiert haben. „Der Kunde will sich selbst um nichts kümmern müssen. Alle Maßnahmen soll sein Experte organisieren können“, sagt Schappmann. Niemand muss jede Leistung selbst erbringen, aber wissen, woher er sie bei Bedarf beziehen kann.

Dann spricht nichts dagegen, sich entsprechend seiner eigenen Neigung zu spezialisieren, entsprechende Marktlücken zu erkennen und gezielt zu schließen. „Weiterbildung sollte in jedem Fall obligatorisch sein“, so Schappmann. Schon vor dem Start fragt sich der clevere Gründer: Was kann und was will ich?

Tipp:

Die Gesellschaft für Qualität im Arbeitsschutz (GQA) führt eine Liste selbstständiger Experten, sortiert nach Postleitzahlen. Genauso wie etwa der Berufsverband der Sicherheitsingenieure. Dort sollten potenzielle Kunden den Gründer mit wenigen Klicks finden können.

Die richtigen Fördertöpfe anzapfen

Engagierte Jungunternehmer erhalten Fördergelder, zum Beispiel in Form des Gründungszuschusses oder als Startkredite mit günstigen Zinskonditionen von der Staatsbank KfW. Unternehmensberaterin und Fachberaterin für Existenzgründung Bettina Schwarz in Bad Mergentheim (Mitglied im KMU-Beraterverband, www.kmu-berater.de) betreut und begleitet Existenzgründer bei ihrem Start. „Wichtig ist es, sich schon in der ersten Phase mit einem Experten zusammenzusetzen“, so Schwarz. Auf diese Fördertöpfe können junge Chefs zurückgreifen.

1. Gründercoaching:

Über die KfW lassen sich Gründer von einem akkreditierten Experten (www.beraterbo-erse.kfw.de) zu ihrem Vorhaben beraten. Der Zuschuss beträgt ab dem Zeitpunkt der Gründung 90 % der Beratungskosten, bis maximal 4000 € mit einem Eigenanteil des Gründers von 10 % (also 400 €).

Es besteht die Möglichkeit, vor Gründungsbeginn eine Förderung über die RKW in Anspruch zu nehmen. Das so genannte Vorgündungscoaching wird mit bis zu 80 % gefördert. Der Berater muss bei der RKW des jeweiligen Bundeslandes gelistet sein.

Wer das Coaching „Gründung aus der Arbeitslosigkeit“ nicht in Anspruch nehmen kann, hat die Möglichkeit einer Förderung in Höhe von 50 % der Beratungskosten aus maximal 6 000 € innerhalb der ersten fünf Jahre nach Gründung.

Im Coaching nach der Gründungsphase kann der Gründer entsprechend seiner persönlichen Schwachstellen Beratung zum Beispiel zu Fragen des kaufmännischen Rechnungswesens oder strategischem und operativen Controlling bis hin zur Erstellung eines Marketingsplans in Anspruch nehmen.

Für Schwarz ist auch klar: „Zumindest in den ersten Jahren nach der Gründung empfiehlt sich häufig ein begleitendes Coaching, ausgerichtet auf die individuellen Bedürfnisse des Gründers.“ Denn, so weiß Schwarz, treten Schwierigkeiten nach dem Start auf, kommen die betroffenen Selbstständigen meist zu spät.

2. Gründungszuschuss:

Wer aus der Arbeitslosigkeit heraus sein eigener Chef werden möchte, beantragt den sogenannten Gründungszuschuss. Er wird für neun Monate in Höhe des bisherigen Arbeitslosengeldes gezahlt plus pauschalem Zuschuss zur Sozialversicherung in Höhe von 300 € monatlich. Wichtig: „Um diese Förderung zu erhalten, muss ein Arbeitslosengeldanspruch von mindestens 90 Tagen bestehen. Wer seine angestrebte Tätigkeit nebenberuflich ausübt, kann auch beim Übergang zur hauptberuflichen Tätigkeit den Gründungszuschuss in Anspruch nehmen. Es empfiehlt sich jedoch, eine verbindliche Auskunft bei der Agentur für Arbeit einzuholen“, so Schwarz.

Die notwendigen Formulare für den Gründungszuschuss gibt es nur bei der zuständigen Agentur für Arbeit. Die 300 € können im Anschluss an den Gründungszuschuss gegebenenfalls auf Antrag weitere sechs Monate gezahlt werden. Wichtig: Wer nebenberuflich startet, gefährdet seinen Anspruch auf Gründungszuschuss. Schwarz empfiehlt: „Die Agentur sollte telefonisch eine verbindliche Auskunft geben.“ Um das Geld zu erhalten, muss ein ausgefeilter Businessplan mit allen wichtigen kalkulatorischen Angaben sowie Liquidititätsplan vorliegen. Diesen muss eine fachkundige Stelle – etwa die örtliche IHK, Gründerberater oder der Steuerberater – per Stempel und Unterschrift absegnen. Erst danach fließt der Zuschuss.

Auf einen Blick

Sind Sie der richtige Typ für die Gründung?

Die fachliche Qualifikation, die soziale Kompetenz und die betriebswirtschaftlichen Grundkenntnisse sind die drei wichtigsten Erfolgskriterien für eine erfolgreiche Gründung. „Auch die Fähigkeit zur Selbstmotivation und der Wille zu selbstorganisierter Arbeit zählen zu den Erfolgskriterien für die Unternehmensgründung“, sagt Ulf-Joachim Schappmann. Ausbildungsvoraussetzung ist entweder ein Abschluss als Ingenieur oder als Meister und ein Zertifikat als Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie entsprechende Berufserfahrung von mehreren Jahren. Permanente Weiterbildung ist im übrigen Pflicht. Wichtig: Ingenieure mit Zusatzausbildung, etwa Sicherheitsingenieure, können sich als Freiberufler selbstständig machen. Das bedeutet, sie zahlen keine Gewerbesteuer. Andere Regeln gelten für Sicherheitsmeister oder Sicherheitstechniker. Ob sie auch unter die Kategorie Freiberufler fallen, entscheidet der Einzelfall. „Die zuständige Finanzbehörde wird dies prüfen und eine Abgrenzung gegenüber gewerblichen Tätigkeiten vornehmen“, so Schappmann.

Hinweis:

Zusatzinformationen zum Abruf unter

www.arbeitssicherheit.de, Webcode 19612

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