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Alms, Arbeitssicherheitsjournal 2009, 4
Pandemieplanung: Deutsche Unternehmen in Zugzwang

Wilhelm Alms, Geschäftsführer, Hamburg, IMWF Institut für Management- und Wirtschaftsforschung,

Die Folgen einer Influenzapandemie zum Jahresende wären für deutsche Unternehmen gravierend. Dennoch verschließt ein nicht unerheblicher Teil der Chefetagen die Augen vor dieser Gefahr.

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Offenbar fühlen sich viele Unternehmer nicht zuständig: So sieht ein Drittel der Betriebe die Pandemievorsorge als eine rein staatliche, nicht aber als ihre eigene Aufgabe an. Zu Unrecht, denn unternehmensinterne Notfallpläne tragen dazu bei, das Ansteckungsrisiko weiter einzudämmen: Ein rascher Informationsfluss, das Einrichten eines Krisenstabs sowie die Separierung von Kranken zählen dabei zu den wichtigsten Grundregeln. Das ist das Ergebnis des „Themenkompass 2009 Pandemie“ des IMWF Institut für Management- und Wirtschaftsforschung in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut.

Bis Ende August haben sich nach Angaben des Robert-Koch-Instituts rund 16 000 Bundesbürger mit dem neuen Grippenvirus H1N1/2009, besser bekannt als Schweinegrippe, infiziert. Häufig verläuft die Krankheit milde. Allerdings ist im Unterschied zu den gut erforschten saisonalen Influenzaviren die weitere Entwicklung des neuen Erregers nicht vorhersehbar. Vor allem seine Auswirkungen im Herbst und Winter, wenn die übliche Grippezeit einsetzt, sind bislang noch ungewiss. Zudem weist das Robert-Koch-Institut darauf hin, dass es in früheren Pandemien häufig eine zweite, schwerere Welle gab.

Schnelles Handeln gefragt

Für Unternehmen besteht somit kein Anlass, auf einen milden Verlauf zu hoffen und nach dem Motto zu verfahren, „der Staat wird es schon richten“. Doch das Umdenken benötigt wertvolle Zeit, denn innerhalb weniger Wochen oder gar Tagen ist kein Unternehmen in der Lage, einen umfassenden Krisenplan zu konzipieren und umzusetzen. Dabei sind sich die Verantwortlichen der wirtschaftlichen Folgen einer Pandemie durchaus bewusst: Fast 80 % der Befragten stimmen der Aussage zu, dass mit hohen Umsatzverlusten zu rechnen sei, wenn sich ein Unternehmen nicht rechtzeitig Gedanken über eine Strategie im Falle einer Pandemie macht. Immerhin rund die Hälfte der Befragten glaubt, dass der eigene Betrieb gut auf eine Pandemie vorbereitet sei, indem sie beispielsweise einen Notfallplan erarbeitet haben. Knapp 20 % der Befragten geben an, dass sie mitten in der Planung vorbereitender Maßnahmen steckten.

Kommunikation ist entscheidend

Wie geeignete Notfallpläne aussehen, ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden, doch einige grundlegende Maßnahmen finden sich darin häufig wieder. So würden mehr als 90 % der Befragten, die über einem unternehmenseigenen Notfallplan verfügen, ihre Mitarbeiter via Intranet oder auf anderen Kommunikationswegen umfassend darüber informieren, wie jeder selbst das Ansteckungsrisiko minimieren kann. Ebenso viele Befragte sehen vor, einen unternehmenseigenen Krisenstab einzurichten, der alle notwendigen Maßnahmen koordiniert. Dies beinhaltet auch, dass Mitarbeiter mit Symptomen sofort zum Arzt geschickt würden und dass die technischen Voraussetzungen für Heimarbeitsplätze geschaffen werden. Letzteres ist in vielen Fällen möglich, bedarf allerdings einen frühzeitigen Beginn der Notfallplanung.

Identifikation kritischer Funktionen

Heimarbeitsplätze eignen sich insbesondere für Mitarbeiter, die in kritischen Funktionen arbeiten. 78 % der Befragten haben Funktionen in ihrem Unternehmen definiert, die für den geschäftlichen Ablauf unbedingt notwendig sind. Die entsprechenden Mitarbeiter sollen daher bevorzugt versorgt werden. Mehr als vier von zehn Unternehmen, die über einen Notfallplan verfügen, haben dazu beispielsweise die Bevorratung von antiviralen Medikamenten in ihren Plan aufgenommen.

Hintergrundinformationen zur Studie

Befragt wurden im Frühjahr 2009 Verantwortliche für das Personal- bzw. das Krisenmanagement in 80 großen Mittelstandsunternehmen, deren Mitarbeiterzahl zwischen 1 000 und 9 999 Mitarbeitern liegt sowie in 20 Großunternehmen mit 10 000 und mehr Mitarbeitern. Die Befragtengruppen setzten sich jeweils zur knappen Hälfte aus Industriebetrieben und aus Dienstleistungsgesellschaften zusammen.

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