DGUV Vorschrift 3 DA - Durchführungsanweisungen zur Unfallverhütungsvorschrift Elektrische Anlagen und Betriebsmittel

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Abschnit 19 - Zu § 8 Nr. 2:

Zwingende Gründe können vorliegen, wenn durch Wegfall der Spannung

  • eine Gefährdung von Leben und Gesundheit von Personen zu befürchten ist,

  • in Betrieben ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen würde,

  • bei Arbeiten in Netzen der Stromversorgung, besonders beim Herstellen von Anschlüssen, Umschalten von Leitungen oder beim Auswechseln von Zählern, Rundsteuerempfängern oder Schaltuhren die Stromversorgung unterbrochen würde,

  • bei Arbeiten an oder in der Nähe von Fahrleitungen der Bahnbetrieb behindert oder unterbrochen würde,

  • Fernmeldeanlagen einschließlich Informations-Verarbeitungsanlagen oder wesentliche Teile davon wegen Arbeiten an der Stromversorgung stillgesetzt werden müssten und dadurch Gefahr für Leben und Gesundheit von Personen hervorgerufen werden könnte

    oder

  • Störungen in Verkehrssignalanlagen hervorgerufen werden, die zu einer Gefahr für Leben und Gesundheit von Personen sowie Schäden an Sachwerten führen könnten.

Beim Arbeiten unter Spannung besteht eine erhöhte Gefahr der Körperdurchströmung und der Lichtbogenbildung. Dieses erfordert besondere technische und organisatorische Maßnahmen. Das verbleibende Risiko (Eintrittswahrscheinlichkeit und Verletzungsschwere, siehe DIN VDE 31000 Teil 2) muss damit auf ein zulässiges Maß reduziert werden. Dies wird erreicht, wenn die nachfolgenden Anforderungen erfüllt und die elektrotechnischen Regeln eingehalten werden.

Sollen Arbeiten unter Spannung durchgeführt werden, ist vom Unternehmer schriftlich für jede der vorgesehenen Arbeiten festzulegen, welche Gründe als zwingend angesehen werden. Hierbei muss das jeweilige gewählte Arbeitsverfahren, die Häufigkeit der Arbeiten und die Qualifikation der mit der Durchführung der Arbeiten betrauten Personen berücksichtigt werden. Für die Durchführung der Arbeiten ist eine Arbeitsanweisung zu erstellen und geeignete Schutz- und Hilfsmittel für das Arbeiten unter Spannung sind zur Verfügung zu stellen.

Beim Herausnehmen und Einsetzen von unter Spannung stehenden Sicherungseinsätzen des NH-Systems ohne Berührungsschutz und ohne Lastschalteigenschaften wird eine Gefährdung durch Körperdurchströmung und durch Lichtbögen weitgehend ausgeschlossen, wenn NH-Sicherungsaufsteckgriffe mit fest angebrachter Stulpe verwendet werden sowie Gesichtsschutz (Schutzschirm) getragen wird.

Isolierte Werkzeuge und isolierende Hilfsmittel zum Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen sind geeignet, wenn sie mit dem Symbol des Isolators oder mit einem Doppeldreieck und der zugeordneten Spannungs- oder Spannungsbereichsangabe oder der Klasse gekennzeichnet sind.

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Die Forderungen hinsichtlich der fachlichen Eignung für Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen sind erfüllt, wenn die Festlegungen in Tabelle 5 beachtet werden und eine Ausbildung für die unter Spannung durchzuführenden Arbeiten erfolgt ist. Die Kenntnisse und Fertigkeiten müssen in regelmäßigen Abständen (ca. 1 Jahr) überprüft werden und, wenn erforderlich, muss die Ausbildung wiederholt oder ergänzt werden.

Im Rahmen der organisatorischen Sicherheitsmaßnahmen sollen die Arbeiten von einer in der Ersten Hilfe ausgebildeten und mindestens elektrotechnisch unterwiesenen Person überwacht werden (siehe § 26 der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" [BGV A1]).

Die Sicherheitsmaßnahmen sind für den Einzelfall oder für bestimmte, regelmäßig wiederkehrende Fälle schriftlich festzulegen. Dabei sind die Festlegungen in den elektrotechnischen Regeln zu beachten.

NennspannungenArbeitenEFEUP  L  
bis AC 50 V
bis DC 120 V
Alle Arbeiten, soweit eine Gefährdung, z.B. durch Lichtbogenbildung, ausgeschlossen ist XXX
über AC 50 V
über DC 120 V
1.Heranführen von Prüf-, Mess- und Justiereinrichtungen, z.B. Spannungsprüfern, von Werkzeugen zum Bewegen leichtgängiger Teile, von Betätigungsstangen X X
2.Heranführen von Werkzeugen und Hilfsmitteln zum Reinigen sowie das Anbringen von geeigneten Abdeckungen und Abschrankungen X X
3.Herausnehmen und Einsetzen von nicht gegen direktes Berühren geschützten Sicherungseinsätzen mit geeigneten Hilfsmitteln, wenn dies gefahrlos möglich ist X X
4.Anspritzen von unter Spannung stehenden Teilen bei der Brandbekämpfung oder zum Reinigen X X
5.Arbeiten an Akkumulatoren und Photovoltaikanlagen unter Beachtung geeigneter Vorsichtsmaßnahmen X X
6.Arbeiten in Prüfanlagen und Laboratorien unter Beachtung geeigneter Vorsichtsmaßnahmen, wenn es die Arbeitsbedingungen erfordern X X
7.Abklopfen von Raureif mit isolierenden Stangen X X
8.Fehlereingrenzung in Hilfsstromkreisen (Signalverfolgung in Stromkreisen, Überbrückung von Teilstromkreisen) sowie Funktionsprüfung von Geräten und Schaltungen X
9. Sonstige Arbeiten, wenn X
a) zwingende Gründe durch den Betreiber festgestellt wurden

und
b) Weisungsbefugnis, Verantwortlichkeiten, Arbeitsmethoden und Arbeitsablauf (Arbeitsanweisung) schriftlich für speziell ausgebildetes Personal festgelegt worden sind
Bei allen Nennspannungen Alle Arbeiten, wenn die Stromkreise mit ausreichender Strom- oder Energiebegrenzung versehen sind und keine besonderen Gefährdungen (z.B. wegen Explosionsgefahr) bestehen X X X
Arbeiten zum Abwenden erheblicher Gefahren, z.B. für Leben und Gesundheit von Personen oder Brand- und Explosionsgefahren X
Arbeiten an Fernmeldeanlagen mit Fernspeisung, wenn Strom kleiner als AC 10 mA oder DC 30 mA X X X
Elektrofachkraft:EF
Elektrotechnisch unterwiesene Person:EUP
Elektrotechnischer Laie:L

Tabelle 5: Randbedingungen für das Arbeiten anz.B. unter Spannung stehenden Teilen hinsichtlich der Auswahl des Personals in Abhängigkeit von der Nennspannung