DGUV Vorschrift 2 VBG - Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit - Unfallverhütungsvorschrift

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Anlage 3 - Alternative bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung: Unternehmermodell

Zu § 2 Abs. 4

1. Allgemeines

Bei der Anwendung der alternativen bedarfsorientierten betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung wird der Unternehmer zu Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes im Betrieb informiert und für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen motiviert.

Die alternative bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung besteht aus Motivations- und Informationsmaßnahmen, Fortbildungsmaßnahmen und der Inanspruchnahme der bedarfsorientierten Betreuung.

Die Beschäftigten werden über die Art der praktizierten betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung informiert und wissen, welcher Betriebsarzt und welche Fachkraft für Arbeitssicherheit anzusprechen ist.

2. Motivations-, Informations- und Fortbildungsmaßnahmen

2.1 Motivations- und Informationsmaßnahmen

Ziel der Motivations- und Informationsmaßnahmen ist es, den Unternehmer, der sich für das Unternehmermodell entschieden hat,

  • zu unterstützen, den Arbeitsschutz als unverzichtbares Element in das Unternehmensgeschehen zu integrieren und die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeit auf höchstmöglichem Niveau zu gewährleisten,

  • zu motivieren, die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung bedarfsgerecht zu nutzen,

  • zu unterstützen, Probleme des betrieblichen Arbeitsschutzes zu erkennen und entsprechend reagieren zu können.

Die Motivations- und Informationsmaßnahmen umfassen sowohl branchenübergreifende als auch branchenspezifische Inhalte. Die unter Beteiligung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit entwickelte Konzeption sieht vor, arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Perspektiven im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes integrativ zu vermitteln.

Art und Umfang der Motivations- und Informationsmaßnahmen

Der zeitliche Umfang beträgt für Unternehmer in

GruppeBetriebsartUmfang
I--
II
  • Betriebe der keramischen und Glas-Industrie,

  • Betriebe zur Güterbeförderung im Eisenbahnverkehr,

  • Betriebe der Forschung und Entwicklung im Bereich Natur-, Ingenieur-, Agrarwissenschaften und Medizin,

  • Betriebe für gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung,

  • Betriebe zur Reinigung von Verkehrsmitteln,

  • Betriebe von Kultur- und Unterhaltungseinrichtungen,

  • Betriebe von botanischen und zoologischen Gärten sowie Naturparks

8 Lehreinheiten Motivation und branchenübergreifende Informationen
und
20 Lehreinheiten branchenspezifische Informationen, einschließlich Lernerfolgskontrolle
(1 Lehreinheit = 45 Minuten)
IIIAlle sonstigen Betriebe8 Lehreinheiten Motivation und branchenübergreifende Informationen
und
4 Lehreinheiten branchenspezifische Informationen, einschließlich Lernerfolgskontrolle
(1 Lehreinheit = 45 Minuten)

Die Motivations- und Informationsmaßnahmen können von der VBG in Präsenzform, als Selbstlernmaßnahme oder in kombinierter Form durchgeführt werden. Lehreinheiten können auch in Form von Projektarbeiten erbracht werden. Bei der Wahrnehmung einer Selbstlernphase ist mindestens eine Präsenzphase abzuleisten. Gleichwertige Motivations- und Informationsmaßnahmen bei anderen Unfallversicherungsträgern oder kooperierenden Institutionen können durch die VBG auf Antrag anerkannt werden.

Die gesamten Motivations- und Informationsmaßnahmen für Unternehmer aus Betrieben der Gruppe II müssen innerhalb von 2 Jahren absolviert werden.

Inhalte der Motivations- und Informationsmaßnahmen

Branchenübergreifend:

  • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz als Erfolgsfaktoren für die Unternehmensentwicklung.

  • Prävention als Führungsaufgabe: Integration von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in die Ziele, die Organisation und die Prozesse des Unternehmens.

  • Ansatzpunkte zur präventiven Gestaltung des Arbeitssystems:

    • Organisation,

    • Arbeitsmittel,

    • Arbeitsumgebung,

    • Arbeitsaufgaben und Arbeitsabläufe,

    • Kriterien für die Inanspruchnahme bedarfsgerechter betriebsärztlicher und sicherheitstechnischer Betreuung.

  • Psychologische Aspekte der Gefahrenwahrnehmung und des sicheren Verhaltens.

Beispiele guter Praxis- und Arbeitshilfen:

  • Gefährdungsbeurteilungen

    • bedarfsgerecht planen,

    • effektiv durchführen,

    • effizient auswerten,

    • wirksam umsetzen.

  • Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit:

    • Kompetente Ansprechpartner für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz,

    • Kriterien für die Auswahl des richtigen Anbieters,

    • Handlungsfelder und Handlungsprogramme.

  • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz erfolgreich kommunizieren und implementieren:

    • Sicherheitsdialog,

    • Beschäftigte sensibilisieren, motivieren und beteiligen,

    • gesundheitsbewusstes und sicherheitsgerechtes Verhalten fördern.

Branchenspezifisch:

  • Ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze und der Arbeitsumgebung,

  • Maschinen und maschinelle Einrichtungen,

  • innerbetrieblicher Transport und Verkehr,

  • Gefahrstoffe,

  • Arbeitsplätze, bauliche Einrichtungen.

  • Grundlagen des Notfallmanagements:

    • Organisation der Ersten Hilfe,

    • Brand- und Explosionsschutz,

    • Sicherheitskennzeichnung.

  • Besondere Anforderungen an die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung einschließlich arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen,

  • Psychische Belastungen,

  • Planung, Errichtung und Änderung von Betriebsanlagen.

2.2 Fortbildungsmaßnahmen

Ziel der Fortbildung ist es, den Kenntnisstand des Unternehmers zu aktualisieren und ihn dauerhaft bei der betrieblichen Umsetzung zu unterstützen. Im Anschluss an die Motivations- und Informationsmaßnahmen nimmt der Unternehmer deshalb im Abstand von höchstens fünf Jahren an von der VBG durchgeführten oder anerkannten Fortbildungsmaßnahmen teil. Der Umfang beträgt mindestens 4 Lehreinheiten (1 Lehreinheit = 45 Minuten).

Inhalte der Fortbildung

Der Fortbildungsbedarf orientiert sich an den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen im Rahmen der oben beschriebenen Zielsetzung.

3. Bedarfsorientierte Betreuung

Nach dem Abschluss der Motivations- und Informationsmaßnahmen kann der Unternehmer über die Notwendigkeit und das Ausmaß einer externen Betreuung selbst entscheiden. Eine sachgerechte bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung im Betrieb erfolgt auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung, die erforderlichenfalls unter Einschaltung von Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit mit branchenspezifischen Kenntnissen durchgeführt wird.

Darüber hinaus ist der Unternehmer verpflichtet, sich bei besonderen Anlässen qualifiziert in Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes durch einen Betriebsarzt oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit mit branchenbezogener Fachkunde betreuen zu lassen. Besondere Anlässe für eine Betreuung durch den Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit können unter anderem sein die

  • Planung, Errichtung, Instandhaltung und Änderung von Betriebsanlagen, Betriebsstätten oder der Betriebsorganisation,

  • Einführung neuer oder grundlegende Veränderung vorhandener Arbeitsmittel, die ein erhöhtes Gefährdungspotenzial zur Folge haben,

  • Einführung neuer Arbeitsverfahren bzw. grundlegende Änderung von Arbeitsverfahren,

  • Gestaltung neuer bzw. grundlegende Veränderungen vorhandener Arbeitsplätze und -abläufe,

  • Einführung neuer Arbeitsstoffe bzw. Gefahrstoffe, die ein erhöhtes Gefährdungspotenzial zur Folge haben,

  • Einführung oder Erprobung von persönlicher Schutzausrüstung,

  • Untersuchung von Unfällen und Berufskrankheiten,

  • Beratung der Beschäftigten über besondere Unfall- und Gesundheitsgefahren bei der Arbeit,

  • Erstellung von Notfall- und Alarmplänen.

Weitere Anlässe für das Tätigwerden einer Fachkraft für Arbeitssicherheit können unter anderem sein die

  • Durchführung sicherheitstechnischer Überprüfungen und Beurteilungen von Anlagen, Arbeitssystemen und Arbeitsverfahren,

  • Beschaffung neuer oder gebrauchter Fahrzeuge (Schienen-, Nutz-, Sonderfahrzeuge),

  • Durchführung von Arbeiten im Bereich von Gleisen,

  • Zusammenarbeit mit Fremdunternehmen.

Weitere Anlässe für das Tätigwerden eines Betriebsarztes können unter anderem sein

  • eine grundlegende Umgestaltung von Arbeitszeit-, Pausen- und Schichtsystemen,

  • die Erforderlichkeit der Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen, Beurteilungen und Beratungen,

  • Suchterkrankungen, die ein gefährdungsfreies Arbeiten beeinträchtigen,

  • Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung behinderter Menschen und der (Wieder-) Eingliederung von Rehabilitanden,

  • die Häufung gesundheitlicher Probleme,

  • das Auftreten posttraumatischer Belastungszustände.

Weiterer Betreuungsbedarf kann aufgrund betriebsspezifischer Gegebenheiten im Rahmen der Überwachung und Beratung durch die Berufsgenossenschaft festgestellt werden. Basis dazu sind die im Betrieb durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen.

Anlassbezogene Beratungen zu spezifischen Fachthemen können im Einzelfall auch durch Personen mit spezieller anlassbezogener Fachkunde erbracht werden, die nicht über eine Qualifikation als Betriebsarzt bzw. Fachkraft für Arbeitssicherheit verfügen. Dies kann beispielsweise für Beratungen im Zusammenhang mit Lärmminderungs-, Brandschutz- und Lüftungsmaßnahmen zutreffen.

4. Schriftliche Nachweise

Im Betrieb sind die nachfolgend aufgeführten schriftlichen Nachweise zur Einsichtnahme durch die zuständigen Aufsichtsorgane vorzuhalten:

  • Teilnahmenachweis an den Maßnahmen zur Motivation, Information sowie der Fortbildung,

  • aktuelle Unterlagen über die im Betrieb durchgeführte Gefährdungsbeurteilung,

  • die Berichte nach § 5 dieser Unfallverhütungsvorschrift.

Erfüllt der Unternehmer seine Verpflichtungen im Rahmen der alternativen bedarfsorientierten Betreuungsform nicht, unterliegt er mit seinem Betrieb der Regelbetreuung nach § 2 Abs. 2 oder 3 dieser Unfallverhütungsvorschrift.