DGUV Vorschrift 2 BGHW - Betriebsärzte und Fachkräfte für die Arbeitssicherheit - Unfallverhütungsvorschrift

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Anlage 4 - Alternative bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung in Betrieben mit 10 und weniger Beschäftigten durch Kompetenzzentren

(zu § 2 Abs. 4 Satz 2)

1. Allgemeines

Als Voraussetzung für die Teilnahme am alternativen Betreuungsmodell der bedarfsorientierten betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung durch Kompetenzzentren wird der Unternehmer zu Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes im Betrieb informiert und für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen motiviert. Die alternative bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung besteht aus Motivations- und Informationsmaßnahmen, und der Inanspruchnahme der bedarfsorientierten Betreuung.

2. Motivations-, Informations- und Fortbildungsmaßnahmen

Die Motivations- und Informationsmaßnahmen umfassen branchenneutrale und branchenspezifische Inhalte. Sie sind innerhalb eines von der Berufsgenossenschaft vorgegebenen Zeitrahmens zu absolvieren.

Für Betriebe der Gruppe II und III (gemäß Anlage 2 Abschnitt 4) beträgt der grundlegende und branchenbezogene Motivations- und Informationsbedarf 8 Lerneinheiten, die als von der Berufsgenossenschaft vorgegebene Selbstlernmaßnahme zu absolvieren sind. Sie schließen mit einer erfolgreich zu absolvierenden Wirksamkeitskontrolle ab.

Inhalte der Motivation bei der alternativen bedarfsorientierten Betreuung sind insbesondere die Darstellung der Vorteile, die sich aus der wirksamen Umsetzung des Arbeitsschutzes ergeben:

  • der Aufbau und die Stärkung eines Sicherheits- und Gesundheitsbewusstseins,

  • ein verantwortungsvoller Umgang mit den Beschäftigten,

  • die Wahrnehmung der Fürsorgepflicht,

  • eine erhöhte Motivation der Beschäftigten,

  • eine Reduzierung der Arbeitsunfähigkeitsrate,

  • eine Kostenersparnis z.B. durch entfallende Lohnfortzahlung.

Themen der Informationsmaßnahmen sind insbesondere:

  • Arbeits- und Gesundheitsschutz als Führungsaufgabe und Unternehmensziel,

  • Erkennen von Anlässen für die arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung,

  • branchenspezifische Informationen zu Gefährdungspotenzialen und Anleitung zum Durchführen der Gefährdungsbeurteilung, einschl. Dokumentation,

  • mechanische, elektrische, chemische, biologische Gefährdungen, Brandgefahr,

  • Ergonomie.

Über die erfolgreiche Teilnahme an Motivations- und Informationsmaßnahmen wird eine Bescheinigung ausgestellt. Die Berufsgenossenschaft kann den Erfolg der Selbstlernmaßnahme in einem Gespräch mit dem Unternehmer prüfen.

Zur Aktualisierung und zur Aufrechterhaltung der Motivation bietet die Berufsgenossenschaft Fortbildungsmaßnahmen an. Hiermit wird der Kenntnisstand der Teilnehmer aktualisiert und die Motivation aufrechterhalten. Der Fortbildung dienen Veranstaltungsangebote der Kompetenzzentren sowie Fachinformationen des Unfallversicherungsträgers.

Die Wahrnehmung der Fortbildung ist der Berufsgenossenschaft auf Verlangen nachzuweisen.

Die Teilnahme an von der Berufsgenossenschaft zu diesem Zweck durchgeführten oder anerkannten Maßnahmen ist spätestens nach 5 Jahren erforderlich.

Hat ein Unternehmer bereits Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Rahmen der alternativen Betreuungsform bei einem anderen Unfallversicherungsträger erfolgreich absolviert, so entscheidet die Berufsgenossenschaft im Einzelfall, ob und ggf. an welchen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen er teilzunehmen hat.

3. Bedarfsorientierte Betreuung

Nach dem Abschluss der Motivations- und Informationsmaßnahmen kann der Unternehmer über die Notwendigkeit und das Ausmaß einer externen Betreuung selbst entscheiden. Die Betreuung der Betriebe erfolgt über Kompetenzzentren.

Eine sachgerechte bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung im Betrieb erfolgt auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung. Zu deren Erstellung oder Aktualisierung kann der Unternehmer sein zuständiges Kompetenzzentrum hinzuziehen.

Darüber hinaus ist der Unternehmer verpflichtet, sich bei besonderen Anlässen qualifiziert in Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes durch das Kompetenzzentrum betreuen zu lassen. Besondere Anlässe für eine Betreuung durch den Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit können sein die

  • Planung, Errichtung und Änderung von Betriebsanlagen,

  • Einführung neuer Arbeitsmittel, die ein erhöhtes Gefährdungspotenzial zur Folge haben,

  • grundlegende Änderung von Arbeitsverfahren,

  • Einführung neuer Arbeitsverfahren,

  • Gestaltung neuer Arbeitsplätze und -abläufe,

  • Einführung neuer Arbeitsstoffe bzw. Gefahrstoffe, die ein erhöhtes Gefährdungspotenzial zur Folge haben,

  • Untersuchung von Unfällen und Berufskrankheiten,

  • Beratung der Beschäftigten über besondere Unfall- und Gesundheitsgefahren bei der Arbeit,

  • Erstellung von Notfall- und Alarmplänen.

Weitere Anlässe für das Tätigwerden einer Fachkraft für Arbeitssicherheit können sein die

  • Durchführung sicherheitstechnischer Überprüfungen und Beurteilungen von Anlagen, Arbeitssystemen und Arbeitsverfahren

  • das Auftreten von Gewaltübergriffen und Überfallgeschehen.

Weitere Anlässe für das Tätigwerden eines Betriebsarztes können sein

  • eine grundlegende Umgestaltung von Arbeitszeit-, Pausen- und Schichtsystemen,

  • die Erforderlichkeit der Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen, Beurteilungen und Beratungen,

  • Suchterkrankungen, die ein gefährdungsfreies Arbeiten beeinträchtigen,

  • Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung behinderter Menschen sowie der (Wieder-) Eingliederung von Rehabilitanden,

  • die Häufung gesundheitlicher Probleme,

  • das Vorliegen posttraumatischer Belastungszustände.

4. Schriftliche Nachweise

Im Betrieb sind die nachfolgend aufgeführten schriftlichen Nachweise zur Einsichtnahme durch die zuständigen Aufsichtsorgane vorzuhalten

  • Teilnahmenachweis an den Maßnahmen zur Motivation und Information,

  • aktuelle Unterlagen über die im Betrieb durchgeführte Gefährdungsbeurteilung,

  • die Berichte nach § 5 dieser Unfallverhütungsvorschrift über die Inanspruchnahme externer bedarfsorientierter Betreuung.

Die Beschäftigten werden über die Art der praktizierten betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung informiert und wissen, welches Kompetenzzentrum anzusprechen ist. Erfüllt der Unternehmer seine Verpflichtungen im Rahmen der alternativen bedarfsorientierten Betreuungsform nicht, unterliegt er mit seinem Betrieb der Regelbetreuung nach § 2 Abs. 2 dieser Unfallverhütungsvorschrift.