TRGS 528 - TR Gefahrstoffe 528

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Abschnitt 3 TRGS 528 - Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung

3.1 Informationsermittlung

3.1.1 Allgemeine Hinweise zur Gefahrstofffreisetzung

(1) Durch schweißtechnische Arbeiten werden Gefahrstoffe freigesetzt, die aus partikelförmigen (Schweißrauche, Lötrauche) oder gasförmigen Gefahrstoffen bestehen.

(2) Die partikelförmigen Gefahrstoffe sind Stoffgemische, deren chemische Zusammensetzungen und Konzentrationen von den eingesetzten Werkstoffen und den angewendeten Verfahren abhängig sind. Die freigesetzten Partikel können sowohl der alveolengängigen Staubfraktion (A-Staub) als auch der einatembaren Staubfraktion (E-Staub) angehören, siehe Abbildung 1 und Abschnitte 3.1.2 bis 3.1.7. Des Weiteren können die Rauche auch ultrafeine Partikel enthalten, deren Durchmesser unterhalb von 100 nm liegen.

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Abbildung 1:
Größe der partikelförmigen Gefahrstoffe aus schweißtechnischen Prozessen in Relation zu den Staubfraktionen nach DIN EN 481

(3) Die bei schweißtechnischen Arbeiten entstehenden Rauche und Gase bestehen aus Gefahrstoffen mit teilweise unterschiedlichen gesundheitsschädlichen Wirkungen. Entsprechend ihrer Wirkungen werden diese eingeteilt in:

  1. 1.

    atemweg- und lungenbelastende Stoffe

  2. 2.

    toxische oder toxisch-irritative Stoffe

  3. 3.

    krebserzeugende Stoffe

Siehe hierzu auch Abschnitt 3.2.2.

z. B. Eisenoxide, Aluminiumoxid,

z. B. Fluoride, Manganoxide, Zinkoxid, Kupferoxid, Aldehyde (beim Löten mit kolophoniumhaltigen Flussmitteln),

z. B. Chrom(VI)-Verbindungen, Nickeloxid.

(4) Informationen zum verwendeten Zusatzwerkstoff können dem Sicherheitsdatenblatt oder dem Rauchdatenblatt nach DIN EN ISO 15011-4 entnommen werden (siehe Anhang 6).

(5) Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls auch freigesetzte Gefahrstoffe aus Oberflächenverunreinigungen oder Beschichtungen, wie Pyrolyseprodukte z. B. Isocyanate, Aldehyde, Epoxide, PAHs aus organischen Beschichtungen oder freigesetzte Gefahrstoffe aus anorganischen Beschichtungen z. B. Mennige, Zinkchromat, asbesthaltige Anstriche.

3.1.2 Gefahrstoffe beim Schweißen

(1) Beim Schweißen werden insbesondere folgende Verfahren verwendet (Hauptgruppen nach DIN EN ISO 4063):

  1. 1.

    Gasschmelzschweißen,

  2. 2.

    Lichtbogenschweißen (LBH/MAG/MIG/WIG/Plasma/UP-Schweißen),

  3. 3.

    Widerstandsschweißen,

  4. 4.

    Strahlschweißen (Elektronenstrahl/Laserstrahl),

  5. 5.

    Pressschweißen z. B. Rührreibschweißen, Magnetimpulsschweißen, Diffusionsschweißen.

Hinweise zu diesen Hauptgruppen siehe auch Anhang 1.

(2) Beim Schweißen entstehen in der Regel über 95 % der Schweißrauche aus dem Zusatzwerkstoff und nur etwa 5 % aus dem Grundwerkstoff. Die Einzelpartikel sind vorwiegend kleiner als 1 µm und daher alveolengängig. Es bilden sich auch Agglomerate und Aggregate größeren Durchmessers.

(3) Als entstehende gasförmige Gefahrstoffe sind insbesondere zu berücksichtigen:

  1. 1.

    Ozon beim MIG-Schweißen von Aluminiumwerkstoffen, beim WIG-Schweißen von Aluminiumwerkstoffen und hochlegierten Stählen,

  2. 2.

    Kohlenstoffmonoxid beim MAGC-Schweißen von un- und niedriglegiertem Stahl,

  3. 3.

    nitrose Gase (NO, NO2) bei autogenen Verfahren und bei Plasmaverfahren,

  4. 4.

    Pyrolyseprodukte aus Klebstoffen beim Punktschweißkleben und beim Überschweißen organischer Beschichtungen.

(4) Chrom(VI)-Verbindungen (Alkalichromate und Alkalidichromate, z. B. Na2CrO4, K2CrO4, K2Cr2O7) im Schweißrauch treten vorwiegend beim Lichtbogenhandschweißen von Chrom-Nickel-Stahl mit umhüllten Stabelektroden sowie beim Metall-Schutzgas-Schweißen von Chrom-Nickel-Stahl mit hochlegierten Fülldrähten auf. Beim MAG-Schweißen von Chrom-Nickel-Stahl mit hochlegierten Drähten treten überwiegend Chrom(III)-Verbindungen (Cr2O3, Spinelle des Typs Ni(Cr,Fe)2O4) auf, siehe Tabelle 5. Chromtrioxid (CrO3) tritt in Schweißrauchen in der Regel nicht auf.

(5) Nickeloxid (NiO) im Schweißrauch tritt vorwiegend beim MIG-Schweißen, aber auch beim Lichtbogenhandschweißen, WIG-Schweißen und Laserstrahl-Auftragschweißen von Nickel und Nickelbasislegierungen auf. Nickelspinelle z. B. Fe2NiO4 im Schweißrauch treten vorwiegend beim MAG-Schweißen sowie Fülldrahtschweißen ohne Schutzgas von hochlegierten Chrom-Nickel-Stählen auf (siehe Tabelle 5). Bei Nickelspinellen ist wie bei Nickeloxiden von einer krebserzeugenden Wirkung auszugehen (Fußnote 24 TRGS 900, IFA-Arbeitsmappe Kennzahl 0537).

(6) Beim Schweißen von verzinkten Materialien bzw. zinkhaltigen Legierungen, z. B. Messing, ist die Freisetzung von Zinkoxidrauch zu berücksichtigen. Wenn kupferhaltige Zusatzwerkstoffe z. B. Legierung "CuSi3" verwendet werden, ist neben Zinkoxidrauch auch Kupferoxidrauch zu berücksichtigen.

(7) Werden an Schweißarbeitsplätzen auch Nebenarbeiten wie Schleifen, Trennen, Putzen, Polieren etc. durchgeführt, entstehen aus den zu bearbeitenden Werkstücken sowie den eingesetzten Schleifmitteln durch mechanischen Abtrag zusätzliche Partikelemissionen.

(8) Beim Anschleifen von nicht abschmelzenden Elektroden z. B. WIG-Elektroden ist mit der Freisetzung von gesundheitsschädlichen Stäuben zu rechnen, so dass eine geeignete Absaugung erforderlich ist. Dies gilt insbesondere für das Schleifen thoriumdioxidhaltiger Elektroden, hier ist eine Absaugung mit Entstaubern der Staubklasse H erforderlich, siehe auch Abschnitt 4.2 Absatz 7.

3.1.3 Gefahrstoffe beim thermischen Schneiden und Ausfugen

(1) Beim thermischen Schneiden und Ausfugen werden insbesondere folgende Verfahren verwendet (Hauptgruppen nach DIN EN ISO 4063):

  1. 1.

    Autogenes Brennschneiden und Brennfugen,

  2. 2.

    Lichtbogenschneiden und Lichtbogenausfugen,

  3. 3.

    Plasmaschneiden und Plasmaausfugen,

  4. 4.

    Laserstrahlschneiden.

(2) Beim thermischen Schneiden und Ausfugen entstehen die Rauche aus dem Grundwerkstoff. Die Rauchzusammensetzung ist abhängig von der chemischen Zusammensetzung des Grundwerkstoffs und aus gegebenenfalls vorhandenen Beschichtungen oder Verunreinigungen. Die im Rauch enthaltenen Partikel haben Durchmesser zwischen 0,03 und - in agglomerierter Form - etwa 10 µm. Sie sind vorwiegend alveolengängig. Zu berücksichtigen sind auch Gefahrstoffe aus Altanstrichen, z. B. bleihaltige Beschichtungen (Mennige), Zinkchromat, asbesthaltige Beschichtungen.

(3) Als entstehende gasförmige Gefahrstoffe sind insbesondere zu berücksichtigen:

  1. 1.

    Nitrose Gase beim autogenen Brennschneiden/Brennfugen, Plasmaschneiden/Plasmaausfugen und Laserstrahlschneiden jeweils mit Druckluft oder Stickstoff,

  2. 2.

    Ozon beim Plasmaschneiden/Plasmaausfugen und Laserstrahlschneiden (bei Einsatz UV-Licht emittierender Laser) von Aluminiumwerkstoffen,

  3. 3.

    Aldehyde beim Brennschneiden/Brennfugen durch Pyrolyseprodukte von Anstrichen,

  4. 4.

    Dioxine beim Brennschneiden/Brennfugen von Werkstoffen mit Beschichtungen, die organische Chlorverbindungen enthalten, siehe hierzu auch TRGS 557.

3.1.4 Gefahrstoffe beim thermischen Spritzen

(1) Beim thermischen Spritzen werden insbesondere folgende Verfahren verwendet (Hauptverfahren nach DIN EN ISO 14917):

  1. 1.

    Flammspritzen,

  2. 2.

    Kaltgasspritzen,

  3. 3.

    Lichtbogenspritzen,

  4. 4.

    Plasmaspritzen,

  5. 5.

    Laserstrahlspritzen,

  6. 6.

    Plasma-Oberflächenbehandlung mit übertragendem Lichtbogen (PTA).

(2) Die beim thermischen Spritzen entstehenden Rauche und gasförmigen Gefahrstoffe bilden sich aus dem Spritzzusatzwerkstoff und den verwendeten Brenn- und Trägergasen. Die chemischen Zusammensetzungen dieser Rauche sind abhängig von der Zusammensetzung des eingesetzten Spritzzusatzwerkstoffes. Der Grundwerkstoff wird nicht angeschmolzen und nur wenig thermisch belastet.

(3) Spritzzusatzwerkstoffe sind draht- oder pulverförmig und bestehen aus Metallen/Metalllegierungen z. B. Zink, Zinn, Nickel, Kupfer, Nickel/Chrom, Nickel/Kupfer, oxidkeramischen Werkstoffen z. B. Aluminiumoxid, Zirkondioxid, Chrom(III)oxid, Titandioxid oder carbidischen Werkstoffen z. B. Wolframcarbid mit Anteilen an Cobalt und/oder Nickel und ggf. Chrom. Beim thermischen Spritzen bilden sich Partikel in der Regel im einatembaren Bereich. In Spezialfällen können jedoch auch alveolengängige Partikel auftreten.

(4) Als entstehende gasförmige Gefahrstoffe sind beim Flammspritzen und Plasmaspritzen insbesondere nitrose Gase zu berücksichtigen.

3.1.5 Gefahrstoffe beim Löten

(1) Beim Löten werden insbesondere folgende Verfahren verwendet (Hauptverfahren nach DIN ISO 857-2):

  1. 1.

    Weichlöten (Arbeitstemperatur T < 450 °C),

  2. 2.

    Hartlöten (Arbeitstemperatur T > 450 °C), u. a. Flammhartlöten, Lichtbogenhartlöten, Laserstrahlhartlöten).

(2) Beim Weich- und Hartlöten werden lediglich die Lote, nicht jedoch der Grundwerkstoff aufgeschmolzen. Die chemischen Zusammensetzungen der Rauche beim Weich- und Hartlöten sind deshalb von den eingesetzten Loten und Flussmitteln abhängig. Die dabei entstehenden Partikel haben überwiegend Durchmesser zwischen 0,01 und 0,15 µm. Sie sind alveolengängig.

(3) Beim Weichlöten werden im Wesentlichen Lote auf Zinnbasis z. B. Legierungen "Sn99Cu1", "Sn95Ag4Cu1" verwendet, bleihaltige Lote enthalten neben Zinn zusätzlich Blei z. B. Legierung "Sn60Pb40". Beim Weichlöten treten entsprechend als Rauchkomponenten des Lotes im Wesentlichen Zinn und Zinnoxid, bei Verwendung von bleihaltigen Loten entsprechend Zinn, Blei und deren Oxide auf. Darüber hinaus können je nach Zusammensetzung bei bleifreien Loten Kupfer, Silber und deren Oxide nicht ausgeschlossen werden. Als Flussmittel kommen im Wesentlichen natürliche Harze z. B. Kolophonium, organische Säuren z. B. Adipinsäure sowie Chloride z. B. Zinkchlorid, Ammoniumchlorid zum Einsatz. Als gasförmige Gefahrstoffe sind hier insbesondere Aldehyde (aus Kolophonium) und Chlorwasserstoff z. B. aus Ammoniumchlorid zu berücksichtigen. Des Weiteren treten verdampfende Lösemittel z. B. Isopropanol aus Flussmitteln auf. Weichlote (außer Stangenlötzinn) enthalten bereits ca. 2 bis 3 % Flussmittel. Bei verschiedenen Anwendungen werden allerdings zusätzlich Flussmittelstifte, Lötwasser und Lötfette verwendet.

(4) Beim Flammhartlöten (Arbeitstemperatur > 450 °C) z. B. von Kupfer-Messing, Kupfer-Stahl werden im Wesentlichen Messing-Lote aus Kupfer-Zink-Legierungen verwendet, die noch Zusätze an Silber ("Silberhartlote") enthalten. Die Flussmittel zum Hartlöten enthalten Borverbindungen, Chloride und Fluoride. Entsprechend der eingesetzten Lote und Flussmittel können beim Hartlöten Lötrauche, bestehend aus Kupferoxid, Zinkoxid, Silberoxid, Chloride und Fluoride entstehen. Als gasförmige Gefahrstoffe sind hier Chlorwasserstoff und Fluorwasserstoff zu berücksichtigen. Beim Flammhartlöten zur Herstellung von Kupfer-Kupfer-Verbindungen werden Kupfer-Phosphorhartlote, ggf. auch mit Silberanteil, verwendet, wobei hier kein Flussmittel benötigt wird. Beim Hartlöten von Aluminium kommen entsprechende Aluminiumhartlote (Aluminium-Siliciumlegierungen) bei Arbeitstemperaturen bis 600 °C zum Einsatz.

(5) Beim Lichtbogenhartlöten (MIG-, MAG-, WIG-, Plasmagashartlöten) und Laserstrahlhartlöten, Arbeitstemperatur 900-1100 °C, werden als Zusatzwerkstoff überwiegend drahtförmige Kupferbasis-Legierungen eingesetzt, z. B. Legierung "CuSi3", "CuAl8" oder "CuSn6", wobei im Lötrauch im Wesentlichen Kupferoxid auftritt. Bei verzinkten Blechen kann zusätzlich Zinkoxid auftreten.

3.1.6 Gefahrstoffe beim Flammrichten

Beim Flammrichten sind insbesondere nitrose Gase zu berücksichtigen.

3.1.7 Gefahrstoffe bei additiven Fertigungsverfahren mit Metallpulvern

(1) Bei einigen additiven Fertigungsprozessen werden Metallpulver eingesetzt. Die Pulver bestehen je nach Zusammensetzung z. B. aus Eisen, Chrom, Nickel, Cobalt, Titan, Aluminium. Die Metallpulver weisen überwiegend Korngrößen im Bereich von 20 bis 60 µm auf, können jedoch auch Anteile mit deutlich niedrigeren Durchmessern enthalten. Der Umgang mit den Metallpulvern, insbesondere während der Prozessschritte vor und nach dem Bauprozess (siehe auch Anhang 3) kann zu einer Exposition gegenüber Metallstäuben (A- bzw. E-Staubfraktion) führen.

(2) Da die Metallpulver in der Regel aus nicht oxidiertem Metall bestehen, können von diesen auch Brand- und Explosionsgefahren ausgehen.

3.2 Gefährdungsbeurteilung

3.2.1 Allgemeine Hinweise zur Gefährdungsbeurteilung

(1) Der Arbeitgeber hat nach § 5 Arbeitsschutzgesetz und § 6 Gefahrstoffverordnung vor Aufnahme der Tätigkeit eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, in der die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen ermittelt und Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit festgelegt werden. Auch die mögliche Gefährdung anderer Beschäftigter, die den Schweißrauchen und -gasen ausgesetzt sein können, ist zu beachten.

(2) Hinweise zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sind in der TRGS 400, für krebserzeugende Stoffe ergänzend in der TRGS 910 ausgeführt. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind grundsätzlich alle Expositionswege (oral, dermal, inhalativ) zu berücksichtigen. Bei schweißtechnischen Arbeiten ist dabei hauptsächlich die inhalative Exposition unter Beachtung weiterer relevanter Randbedingungen, sowie die Art der Tätigkeiten, wie z. B. schwere körperliche Arbeiten oder das Tragen belastender PSA zu bewerten. Hilfestellungen zur Gefährdungsbeurteilung beim Weichlöten geben außerdem die "Empfehlungen zur Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU) nach der Gefahrstoffverordnung Manuelles Kolbenlöten mit bleihaltigen Lotlegierungen in der Elektro- und Elektronikindustrie" (DGUV Information 213-714) und die "Empfehlungen Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU) nach der Gefahrstoffverordnung Manuelles Kolbenlöten mit bleifreien Lotlegierungen in der Elektro- und Elektronikindustrie" (DGUV Information 213-725).

(3) Hinweise zur Durchführung der messtechnischen Ermittlungen sind in Abschnitt 5.2 sowie in Anhang 4 dieser TRGS beschrieben.

(4) Die Bewertung der inhalativen Belastung erfolgt nach TRGS 402, dabei sind die in der TRGS 900 veröffentlichten Arbeitsplatzgrenzwerte zu berücksichtigen. Bei schweißtechnischen Arbeiten, bei denen krebserzeugende Stoffe mit risikobasierten Beurteilungsmaßstäben z. B. Chrom(VI)Verbindungen, Nickeloxide freigesetzt werden, insbesondere beim Schweißen hochlegierter Werkstoffe und Nickelbasislegierungen, sind für die Bewertung der inhalativen Belastung die risikobasierten Beurteilungsmaßstäbe der TRGS 910 zu berücksichtigen.

(5) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind darüber hinaus die werkstoff-, verfahrens- und arbeitsplatzspezifischen Faktoren, durch die die Exposition am Arbeitsplatz wesentlich bestimmt wird, zu berücksichtigen.

(6) Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung sowie der Wirksamkeitsüberprüfung sind zu dokumentieren. Die Ergebnisse von Arbeitsplatzmessungen sind aufzubewahren und den Beschäftigten zugänglich zu machen. In der Dokumentation muss dargelegt werden, welche Maßnahmen ergriffen werden, um die durch Gefahrstoffe bedingten Gefährdungen zu beseitigen oder auf ein Minimum zu verringern.

(7) Wird bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen ein Beurteilungsmaßstab nach TRGS 910 überschritten, muss ein Maßnahmenplan aufgestellt werden, siehe hierzu TRGS 910.

(8) Über Beschäftigte, die Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorien 1A oder 1B durchführen und bei denen eine Gefährdung der Gesundheit oder Sicherheit besteht, hat der Arbeitgeber nach § 14 Absatz 3 GefStoffV ein Verzeichnis zu führen und dieses 40 Jahre lang nach Ende der Exposition aufzubewahren. Das Verzeichnis ist regelmäßig zu aktualisieren. Näheres regelt die TRGS 410. Dies trifft insbesondere für Beschäftigte zu, die schweißtechnische Arbeiten durchführen und Schweißrauchen mit krebserzeugenden Stoffen der Kategorien 1A oder 1B ausgesetzt sind.

(9) Ferner hat der Arbeitgeber bei der Gefährdungsbeurteilung die aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere aus dem Biomonitoring, soweit diese vorliegen, sowie allgemein zugängliche, veröffentlichte Informationen zu berücksichtigen. Das Recht auf die Einsicht in individuelle Untersuchungsergebnisse kann der Arbeitgeber aus dieser Vorgabe jedoch nicht ableiten.

(10) Der Arbeitgeber hat die Erforderlichkeit der Beteiligung des Betriebsarztes an der Gefährdungsbeurteilung zu prüfen. Bei Verfahren, die eine Freisetzung krebserzeugender Stoffe erwarten lassen, soll der Betriebsarzt an der Gefährdungsbeurteilung beteiligt werden. Dies gilt auch für die Beurteilung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, wenn für den Schweißarbeitsplatz typische Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten aufgetreten sind. Die Beteiligung des Arztes kann je nach den Gegebenheiten unterschiedlich ausgeprägt sein und reicht von kurzen schriftlichen oder mündlichen Stellungnahmen bis zum Erstellen der Gefährdungsbeurteilung im Auftrag des Arbeitgebers (siehe AMR 3.2). Im Vordergrund der Beteiligung des Betriebsarztes an der Gefährdungsbeurteilung steht das Einbringen arbeitsmedizinischen Sachverstandes. Der Arzt berät den Arbeitgeber insbesondere

  1. 1.

    zu Eigenschaften und Bedeutung von alveolengängigem und einatembaren Staub,

  2. 2.

    zu krebserzeugenden Eigenschaften von Partikeln und Gasen zum Beispiel Chrom(VI)-Verbindungen, Nickeloxide, Cadmiumoxid, Cobaltmetall,

  3. 3.

    zu toxischen oder toxisch-irritativen Eigenschaften von Partikeln und Gasen z. B. Fluoride, Kupferoxid, Aluminiumoxid, Eisenoxide, Manganoxide, Isocyanate, Epoxide, Dioxine, Aldehyde, Chlorwasserstoff, Kohlenstoffmonoxid, nitrose Gase, Ozon,

  4. 4.

    zu radioaktiven Eigenschaften von Partikeln z. B. Thoriumdioxid,

  5. 5.

    zu akuten und chronischen Folgen der Exposition z. B. Verursachung von Lungenödem, Metalldampffieber, Krebserkrankungen, Lungenfibrose und chronisch obstruktiver Bronchitis,

  6. 6.

    zur arbeitsmedizinischen Vorsorge nach Abschnitt 6 einschließlich Biomonitoring (siehe AMR 6.2) und Impfangebot (siehe AMR 6.7),

  7. 7.

    hinsichtlich möglicher Abschneidekriterien für die arbeitsmedizinische Vorsorge bei Exposition gegenüber krebserzeugenden Partikeln und Gasen (siehe AMR 3.2),

  8. 8.

    zu speziellen Fragestellungen bei besonderen Personengruppen wie z. B. Jugendliche, schwangere oder stillende Frauen.

3.2.2 Werkstoffspezifische Faktoren der Gefährdungsbeurteilung

Die bei schweißtechnischen Arbeiten entstehenden Schweißrauche und Gase bestehen aus Gefahrstoffen mit teilweise unterschiedlichen gesundheitsschädlichen Wirkungen. Entsprechend ihrer Wirkungen werden diese gemäß Tabelle 1 eingeteilt:

Tabelle 1:
Einteilung der bei schweißtechnischen Arbeiten entstehenden Gefahrstoffe nach ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung

Entstehender GefahrstoffWirkungen
Gasförmig/PartikelförmigAtemweg- und Lungenbelastend 1)Toxisch 2)KrebserzeugendReproduktionstoxisch
StickstoffmonoxidX
StickstoffdioxidX
OzonX4)
KohlenstoffmonoxidX5)
PhosgenX
CyanwasserstoffX
FormaldehydX3)
AluminiumoxidX
Eisenoxide (z. B. Fe3O4)X
MagnesiumoxidX
Barium-Verbindungen (z. B. BaCO3)X
Blei(II)oxidX5)
Fluoride (z. B. NaF, KF, CaF2, BaF2)X
KupferoxidX
Manganoxide (z. B. MnO, Mn3O4)X
Molybdän(VI)oxidX4)
VanadiumpentoxidX
Chrom(III)-VerbindungenX
ZinkoxidX
TitandioxidX
Chrom(VI)-Verbindungen (z. B. Na2CrO4)X3)
Nickeloxide (z. B. NiO)X3)
Cobaltmetall6)
Cobaltoxide (z. B. CoO, Co2O3)X7)
CadmiumoxidX X3)
BerylliumoxidX3)

Siehe hierzu auch Abschnitt 3.1.1 Absatz 3.

3.2.3 Verfahrensspezifische Faktoren der Gefährdungsbeurteilung

(1) In Abhängigkeit vom verwendeten Verfahren werden Schweißrauche in unterschiedlichem Maße freigesetzt. Ein Maß für die Freisetzung ist die jeweilige Emissionsrate (emittierte Partikelmasse eines Verfahrens pro Zeit in mg/s bzw. g/h). Typische Emissionsraten von schweißtechnischen Verfahren sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

(2) Die Verfahren werden entsprechend ihrer Emissionsraten partikelförmiger Stoffe in folgende 4 Emissionsgruppen eingeteilt:

  1. 1.

    niedrig (< 1 mg/s),

  2. 2.

    mittel (1 bis 2 mg/s),

  3. 3.

    hoch (2 bis 25 mg/s) und

  4. 4.

    sehr hoch (> 25 mg/s).

Grundsätzlich gilt: Je höher die Emissionsgruppe, desto höher sind die Anforderungen an die Maßnahmen zur Expositionsminderung am Arbeitsplatz.

(3) Die Emissionsraten beschreiben die Freisetzung von Schweißrauchen bei schweißtechnischen Verfahren und liefern damit Anhaltspunkte über die mögliche Exposition der Beschäftigten am Arbeitsplatz.

(4) Informationen zu Emissionsraten können auch den Rauchdatenblättern nach DIN EN ISO 15011-4 entnommen werden (siehe Anhang 6).

Tabelle 2:
Beurteilung der Verfahren anhand von Emissionsraten. Zuordnung zu Emissionsgruppen.

Verfahren (beispielhafte Aufzählung)Emissionsrate 1) (mg/s) Emissionsgruppe
UP-Schweißen< 1niedrig
Gasschweißen (Autogenverfahren)< 1niedrig
WIG< 1niedrig
Laserstrahlschweißen ohne Zusatzwerkstoff1 bis 2mittel
MIG/MAG (energiearmes Schutzgasschweißen)1 bis 4mittel bis hoch
Laserstrahlschweißen mit Zusatzwerkstoff2 bis 5hoch
MIG (Massivdraht, Nickel, Nickelbasislegierungen)2 bis 6hoch
MIG (Aluminiumwerkstoffe)0,8 bis 29niedrig bis sehr hoch
MAG (Massivdraht)2 bis 12hoch
LBH2 bis 22hoch
MAG (Fülldraht-Schweißen mit Schutzgas)6 bis > 25hoch bis sehr hoch
MAG (Fülldraht-Schweißen ohne Schutzgas)> 25sehr hoch
Weichlöten< 1niedrig
Hartlöten1 bis 4mittel bis hoch
MIG-Löten1 bis 9mittel bis hoch
Laserstrahlschneiden9 bis 25hoch bis sehr hoch
Autogenes Brennschneiden> 25sehr hoch
Plasmaschneiden> 25sehr hoch
Lichtbogenspritzen> 25sehr hoch
Flammspritzen> 25sehr hoch

(5) Bei folgenden schweißtechnischen Verfahren werden verfahrensspezifisch neben Schweißrauchen (Partikel) auch gasförmige Gefahrstoffe freigesetzt, die in der Gefährdungsbeurteilung mit zu berücksichtigen sind:

  1. 1.

    MIG-Schweißen von Aluminiumwerkstoffen: Ozon; es entsteht aus dem Luftsauerstoff durch das Einwirken von UV-Strahlung aus dem Lichtbogen,

  2. 2.

    MAGC-Schweißen von un- und niedriglegiertem Stahl: Kohlenstoffmonoxid,

  3. 3.

    Autogenverfahren, Lichtbogen-, Plasma- und Laserstrahlverfahren: Nitrose Gase (NO, NO2),

  4. 4.

    Weichlöten: Aldehyde,

  5. 5.

    Hartlöten: Chlorwasserstoff,

  6. 6.

    Punktschweißkleben: Pyrolyseprodukte beim Klebstoffabbrand.

Siehe hierzu auch Abschnitte 3.1.2 bis 3.1.6.

3.2.4 Arbeitsplatz- und tätigkeitsspezifische Faktoren der Gefährdungsbeurteilung

(1) Arbeitsplatz- und tätigkeitsspezifische Faktoren, wie räumliche Verhältnisse, Lüftungssituation und insbesondere die Lichtbogenbrennzeit pro Schicht beeinflussen zusätzlich die Gefahrstoffkonzentration in der Luft am Arbeitsplatz und damit auch die Höhe der Exposition. Die Exposition wird darüber hinaus aber auch durch die Kopf- und Körperposition des Schweißers bestimmt.

(2) Bei schweißtechnischen Arbeiten in engen Räumen oder in Bereichen mit geringem Luftaustausch ist mit einer sehr hohen Exposition zu rechnen.

(3) Werden Schweißarbeiten in einer Zwangshaltung ausgeführt, ist ebenfalls von einer hohen bis sehr hohen Exposition auszugehen.

(4) Eine geringe Exposition kann vorliegen, wenn schweißtechnische Arbeiten nur kurzzeitig (nicht länger als eine halbe Stunde pro Schicht) ausgeführt werden. Typische Beispiele sind:

  1. 1.

    Reparaturschweißarbeiten im Fahrzeugbau, auf Bauhöfen, in mechanischen Werkstätten,

  2. 2.

    Heftarbeiten sowie Ausführung kurzer unterbrochener Schweißnähte,

  3. 3.

    Hartlötarbeiten im Heizungsbau.

(5) Eine geringe Exposition kann nicht bei schweißtechnischen Arbeiten in engen Räumen vorliegen.

(6) In Abhängigkeit von der Art und dem Umfang der Nebenarbeiten z. B. Schleifen ist zu prüfen, ob zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich werden bzw. ob die an den Schweißarbeitsplätzen bereits getroffenen Schutzmaßnahmen auch für diese Emissionen geeignet sind (Hinweis: Schweißrauchabsauganlagen sind in der Regel nicht zum Absaugen brennbarer Stäube, z. B. Aluminiumstaub, geeignet). Sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, sind diese im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Zum Anschleifen der Elektroden siehe auch Abschnitte 3.1.2 Absatz 8 und 4.2 Absatz 7.

(7) Ungewollt aus Druckgasflaschen oder defekten Zuleitungen ausströmende Gase können den Luftsauerstoff in Arbeitsbereichen verdrängen, so dass Erstickungsgefahr besteht. Dies gilt insbesondere für Arbeiten in engen Räumen und unter Erdgleiche. Treten Brenngase oder Schutzgase/Formiergase mit hohem Wasserstoffanteil unkontrolliert aus, können sich explosionsfähige Gasgemische bilden.

(8) Entweicht Sauerstoff in die Umgebung, besteht eine erhöhte Brandgefahr. Auch normalerweise schwer entflammbare Materialien können bei erhöhtem Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre in Brand geraten.

3.2.5 Gesamtbeurteilung der Gefährdung

Der Arbeitgeber hat die werkstoffspezifischen, verfahrensspezifischen sowie arbeitsplatz- und tätigkeitsspezifische Faktoren zu ermitteln, zu bewerten und zu einer Gesamtbeurteilung zusammenzuführen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen nach Abschnitt 4 dieser TRGS festzulegen. In der Gesamtbeurteilung ist die Gefährdung von anderen Beschäftigten mit zu berücksichtigen.

Atemweg- und lungenbelastend bedeutet hier, dass Wirkungen im Sinne einer chronischen Entzündung (chronische Bronchitis) durch Überladung mit Partikeln im Vordergrund stehen. Als Folge hiervon kann eine obstruktive Atemwegserkrankung, meist in Form einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) resultieren. Für diese Stoffe gilt der allgemeine Staubgrenzwert.

Toxisch bedeutet hier in der Literatur beschriebene akut oder chronisch toxische Wirkungen, in der Regel auch eine entsprechende Einstufung nach der CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008). Die Einhaltung des allgemeinen Staubgrenzwertes (A-Fraktion) ist deshalb, im Unterschied zu den als atemwegs- und lungenbelastend ausgewiesenen Gefahrstoffen, nicht ausreichend.

Eingestuft nach der CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008) in die Gefahrenklasse Karzinogenität, Kategorien 1A oder 1B.

Eingestuft nach der CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008) in die Gefahrenklasse Karzinogenität, Kategorie 2.

Eingestuft nach der CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008) in die Gefahrenklasse Reproduktionstoxizität, Kategorie 1A.

Eingestuft nach TRGS 905 als krebserzeugend, Kategorie 1B.

ingestuft nach TRGS 905 als krebserzeugend, Kategorie 2.

Erfahrungswerte, die im Einzelfall durch Optimierung der Prozessparameter noch reduziert werden können.