TRGS 430 - TR Gefahrstoffe 430

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Abschnitt 2 TRGS 430 - Begriffsbestimmungen

(1) Isocyanate sind hochreaktive organische Verbindungen mit unterschiedlicher Grundstruktur, die als gemeinsames Merkmal die Isocyanat-Gruppe (-N=C=0) aufweisen. Unterschieden wird zwischen aromatischen Isocyanaten (z. B. TDI, MDI, NDI) und (cyclo)aliphatischen Isocyanaten (z.B. IPDI, H12MDI oder HDI) (3). Isocyanate sind Reaktionspartner für Alkohole, Wasser, Amine oder für Polyole bei der Herstellung der technisch vielfältig genutzten Polyurethan-Kunststoffe (PUR, PU).

(2) Monoisocyanate haben nur eine NCO-Gruppe im Molekül; sie werden meist zur chemischen Synthese verwendet z.B. Methylisocyanat. Sie werden bei der Herstellung von Polyurethan-Produkten nicht eingesetzt, da sie keine Polymer-Ketten bilden können. Monoisocyanate können bei der thermischen Zersetzung von Kunststoffen entstehen und unter Arbeitsschutzaspekten von Bedeutung sein.

(3) Di- oder Tri-Isocyanate tragen zwei bzw. drei NCO-Gruppen im Molekül und können so Polymer-Ketten oder vernetzte Moleküle bilden. Die Bezeichnung "Mono"-, "Di"- oder "Tri"- Isocyanat bezieht sich auf die Zahl der Isocyanatgruppen in einem Molekül, d. h. ein Diisocyanat ist ein Isocyanat mit zwei NCO-Gruppen im Molekül.

(4) Polymere Isocyanate (Polyisocyanat) ist der Oberbegriff für alle Polyadditionsprodukte mit freien NCO-Gruppen, die mehr als ein Isocyanat-Molekülfragment enthalten, d. h. auch für Prepolymere oder Oligomere.

(5) Prepolymere sind durch Additionsreaktionen gezielt erzeugte vorpolymerisierte Zwischenprodukte aus Isocyanaten und Polyolen. Sie tragen noch reaktive, endständige NCO-Gruppen und können unterschiedliche Anteile an monomeren Diisocyanaten enthalten.

(6) Dimere, trimere oder oligomere Isocyanate (z. B. Isocyanurate) werden durch Modifizierungsreaktionen aus monomeren Diisocyanaten hergestellt. Die Bezeichnung "Monomeres", "Dimeres", "Trimeres" Isocyanat bezieht sich auf die Zahl der Isocyanat-Molekülfragmente aus denen es gebildet wird. Z. B. besteht ein dimeres Isocyanat aus zwei Isocyanat-Molekülfragmenten von monomeren Diisocyanaten, oligomere Isocyanate aus mehreren weiteren Isocyanat-Molekülfragmenten.

(7) Verkappte bzw. blockierte Isocyanate enthalten in der Lieferform keine freien NCO-Gruppen. Reaktive NCO-Gruppen entstehen erst bei der Verarbeitung nach Abspaltung des Verkappungs- bzw. Blockierungsmittels z. B. durch Erwärmen.

(8) Tätigkeiten mit Isocyanaten umfassen die Verwendung von Isocyanaten als Stoffe oder in Zubereitungen. Beispiele sind die Herstellung von PUR-Schaumstoffen oder die Verwendung von PUR-Klebstoffen oder -Lacken. Auch die unbeabsichtigte Freisetzung von Isocyanaten, z. B. bei der thermischen Zersetzung von Kunststoffen (4), bei der Lagerung oder der mechanischen Bearbeitung nicht vollständig ausreagierter PUR-Produkte gilt als Tätigkeit.

(9) Unter Isocyanat-Aerosolen versteht man fein verteilte isocyanathaltige Partikel (Feststoffe oder Flüssigkeiten) in der Luft. Sie können technisch durch das Verarbeitungsverfahren erzeugt werden, z.B. bei Spritz-Applikationen oder aber durch die Rekondensation erwärmter Isocyanat-Dämpfe in kalter Umgebungsluft entstehen.

(10) Der Expositionsleitwert (ELW) ist ein Beurteilungsmaßstab nach TRGS 402 für die Summe aller reaktionsfähigen NCO-Gruppen (TRIG - Totalkonzentration Reaktiver Isocyanat-Gruppen) von Monomeren und Polymeren in der Atemluft (5). Da die toxische Wirkung der Isocyanate weitgehend von den NCO-Gruppen bestimmt wird, kann eine Überschreitung des ELW erste Hinweise auf eine gesundheitsschädliche Exposition durch ein komplexes Isocyanatgemisch am Arbeitsplatz geben. Mit Hilfe des Expositionsleitwertes können Arbeitsplätze mit erheblich reduziertem analytischen Aufwand überprüft werden. Eine Einhaltung des ELW bedeutet immer, dass auch die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten sind.

(11) Die nach TRGS 900 verbindlichen Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) für monomere Isocyanate sind einzuhalten. Werden am Arbeitsplatz nur monomere Isocyanate eingesetzt ("monomerdominiertes System"), brauchen keine weiteren Mess- und Beurteilungsverfahren zur Ermittlung der Exposition in der Atemluft herangezogen werden.

(12) Der Expositionsbeurteilungswert (EBW) ist ein Beurteilungsmaßstab nach TRGS 402 und dient zur Bewertung der Gefährdung durch polymere Isocyanate und ist insbesondere bei Spritzapplikationen (Lacke, Klebstoffe) von Bedeutung. Er ist unter Berücksichtigung des geringeren toxischen Potenzials polymerer Isocyanate im Vergleich zu monomeren Diisocyanaten nach Anlage 2 Nr. 2.3 zu ermitteln. Der EBW ist stets produktbezogen und wird in der Regel vom Hersteller im Sicherheitsdatenblatt angegeben. Ist ein EBW vom Hersteller nicht angegeben, so gilt der AGW als EBW.

(13) Der Aerosolpenetrationsfaktor (APF) ist ein experimentell ermittelter Faktor, welcher der Lungengängigkeit unterschiedlich großer Isocyanat-Aerosolteilchen bei Spritzapplikationsverfahren Rechnung trägt. Er ist entsprechend den Leitlinien in Anlage 2 Nr. 2.4 zu ermitteln.

(3) Amtl. Anm.:

Abkürzungen siehe Anlage 1.

(4) Amtl. Anm.:

Beispiele sind PUR, Polyamide, Harnstoff-Formaldehyd-Harze und amingehärtete Epoxide.

(5) Amtl. Anm.:

TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilung der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition".