TRBA 405 - TR Biologische Arbeitsstoffe 405

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Abschnitt 3 TRBA 405 - Planung und Vorbereitung von Messungen

(1) Die BioStoffV enthält kein Grenzwertkonzept und keine allgemeine Messverpflichtung für den Arbeitgeber. Zur Gefährdungsbeurteilung können Messungen jedoch sinnvoll sein, um Art, Höhe, Dauer und Häufigkeit der Exposition der Beschäftigten gegenüber Biostoffen in der Luft am Arbeitsplatz zu ermitteln.

(2) Die Ermittlung, in welchen Fällen Messungen sinnvoll sind, sowie die Ausarbeitung einer angepassten Messstrategie hat im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung fachkundig zu erfolgen (§ 4 BioStoffV [2]). Verfügt die verantwortliche Person nicht selbst über die erforderliche Fachkunde zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung (TRBA 200 [3]), so hat sie sich fachkundig beraten zu lassen.

3.1 Zielsetzung von Messungen und Messaufgaben

(1) Zielsetzung von Messungen kann z. B. sein:

  1. 1.

    Beurteilung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen,

  2. 2.

    Erarbeitung branchenspezifischer Hilfen zur Gefährdungsbeurteilung,

  3. 3.

    Erarbeitung von TKW für weitere Arbeitsbereiche,

  4. 4.

    Entwicklung von Schutzmaßnahmenkonzepten (z. B. Anlagenhersteller),

  5. 5.

    Überprüfung von Arbeitsplätzen mit Tätigkeiten mit Biostoffen oder entsprechenden Kontaminationen in Hinblick auf eine mögliche Freisetzung in die Luft,

  6. 6.

    Beschaffung von Hinweisen zur Exposition gegenüber Biostoffen,

  7. 7.

    Ermittlung von Expositionsstufen zur Anwendung des Expositionsstufenkonzepts der TRBA 400 für sensibilisierend und toxisch wirkende Biostoffe (siehe [4]),

  8. 8.

    Beurteilung von Worst-Case-Szenarien.

(2) Aus den genannten Zielsetzungen können sich dann z. B. folgende konkrete Messaufgaben ergeben:

  1. 1.

    Übersichtsmessung zur Abschätzung einer Biostoffkonzentration (siehe 4.2),

  2. 2.

    Messungen in der Nähe der Emissionsquelle (siehe 4.3),

  3. 3.

    Bestimmung der mittleren Expositionskonzentration über einen definierten Beurteilungszeitraum (siehe 4.4),

  4. 4.

    Kontrolle der Wirksamkeit technischer Schutzmaßnahmen/Technischer Kontrollwert (siehe 2.2 und TRBA 214).

3.2 Informationsbeschaffung

(1) Grundlage zur Durchführung einer Messung ist die Kenntnis der im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 4 BioStoffV ermittelten Informationen zur möglicherweise vorhandenen Expositionssituation. Hinweise zur Informationsbeschaffung sind in der TRBA 400 "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" beschrieben.

(2) Vor der Durchführung von Messungen müssen die technischen und betriebsspezifischen Faktoren erfasst werden, die einen Einfluss auf die Exposition von Beschäftigten gegenüber Biostoffen in der Luft am Arbeitsplatz haben können. Dies sind insbesondere:

Materialbezogene Faktoren1.Mögliche Nahrungsquelle für Biostoffe, z. B. unbehandelte Naturprodukte (Jute, Hopfen, Reet), Klärschlamm, Kompost, Boden, Wasser (z. B. Abwasser, Prozesswasser),
2.Feuchtigkeit von Materialien oder Oberflächen,
3.Sichtbarer Befall mit Biostoffen, z. B. schimmelpilzbelastetes Archivgut, Biofilme,
4.Hohe, spezifische Oberfläche, z. B. Holzhackschnitzel, Kräuter und Gewürze,
5.Neigung zur Staubfreisetzung, z. B. Heu, Getreide,
6.poröse Materialien mit potenziellem Biostoffbewuchs, z. B. Haushaltsabfälle, Anlagenfilter),
7.Grad der Verarbeitung, z. B. bei Baumwolle oder Flachs, Kompost.
Tätigkeitsbezogene Faktoren1.Intensität der Bewegung oder Be- und Verarbeitung der Materialien, z. B. Rüttelsiebe, offene Übergabestellen von Förderbändern,
2.Unmittelbarer Kontakt zu kontaminierten Materialien,
3.Menge der gehandhabten Materialien, z. B. im Großhandelsmaßstab,
4.Dauer und Häufigkeit der zu bewertenden Tätigkeit,
5.Tätigkeiten mit Aerosolbildung, z. B. beim Einsatz von Hochdruckreinigern, beim Fräsen oder Schleifen,
6.Prozessbedingte Expositionsspitzen,
7.Biozide, die das Wachstum der Biostoffe modifizieren.
Arbeitsplatzbezogene Faktoren1.Arbeiten in geschlossenen Räumen mit unzureichender Lüftung, z. B. in Hallen ohne Querlüftung,
2.Lagerbedingungen, die eine Vermehrung von Biostoffen begünstigen, z. B. Lagerung im Außenbereich mit Witterungseinfluss,
3.Ausfall technischer Einrichtungen, z. B. Lüftung, Trocknungsprozesse,
4.Hohe relative Luftfeuchte am Arbeitsplatz,
5.Niedrige oder hohe Temperaturen am Arbeitsplatz,
6.Leistungsfähigkeit lüftungstechnischer Anlagen
7.sonstige, die Luftströmung beeinflussende Faktoren (z. B. bei Einsatz von Ventilatoren),
8.Fehlende Raumreinigung, keine Reinigung kontaminierter Arbeitsmittel.

(3) Informationen über das Vorkommen von Biostoffen im Arbeitsbereich können unter anderem aus

  1. 1.

    der TRBA 400, Anlage 3 und 4: Expositionsstufen für Schimmelpilze und Endotoxine in verschiedenen Arbeitsbereichen,

  2. 2.

    branchenspezifischen Handlungshilfen,

  3. 3.

    der GESTIS Biostoffdatenbank [5],

  4. 4.

    Erfahrungen bei vergleichbaren Tätigkeiten,

  5. 5.

    orientierenden Untersuchungen von Oberflächen oder Materialproben (z. B. Flüssigproben, Oberflächenkontaktproben) als mögliche Emissionsquellen,

  6. 6.

    Kenntnissen der Lebensbedingungen der Biostoffe (z. B. Vermehrung von Bakterien unter bestimmten Umgebungsbedingungen wie Temperatur, Feuchtigkeit, pH-Wert, etc.),

  7. 7.

    wissenschaftlichen Studien

gewonnen werden.

3.3 Einflussfaktoren auf die Erfassung von Biostoffen

(1) Die Schwankungen von Biostoffkonzentrationen können sehr groß sein und werden dadurch verursacht, dass die Freisetzung von Biostoffen in die Luft aus z. T. unterschiedlichen Quellen sowohl zeitlich als auch räumlich diskontinuierlich erfolgt. Messungen von Biostoffkonzentrationen sind stets Momentaufnahmen des aktuellen Zustandes. Tabelle 1 im Abschnitt 4 enthält Angaben zu Probenahmeverfahren, mit denen verschiedene Biostoffkonzentrationen am Arbeitsplatz als Momentaufnahme ermittelt werden können. Liegen solche Messergebnisse vor, erfolgt die Bewertung einer gesundheitlichen Gefährdung im Zusammenhang mit der Expositionsdauer und -häufigkeit von Beschäftigten gegenüber diesen Biostoffen. Schichtmittelwerte werden aus Biostoffmessungen nicht abgeleitet.

(2) Faktoren, die einen Einfluss auf die Exposition von Beschäftigten gegenüber Biostoffen in der Luft am Arbeitsplatz haben können, werden im Abschnitt 3.2 beschrieben.

(3) Das Messverfahren ist sorgfältig auf die Messaufgabe abzustimmen. Die Grenzen von Messverfahren sind bei der Ergebnisbeurteilung zu berücksichtigen. Sollen bestimmte Mikroorganismen, z. B. Legionellen erfasst werden, ist bei der Auswahl der mikrobiologischen Analyseverfahren darauf zu achten, dass diese möglichst spezifisch sind. Einflussfaktoren auf Messergebnisse, die bei der Auswahl der Messstrategie und des Messverfahrens berücksichtigt werden sollten, werden in Anhang 1 beschrieben.

(4) Bei stationären Messungen können unterschiedliche Luftströmungen einen Einfluss auf die Biostoffkonzentration haben. Dies ist z. B. bei der Außenluftreferenzmessung bei der Auswahl des Aufstellungsortes der Messgeräte am Tag der Probenahme zu berücksichtigen (Frischluft- und Abluftseite einer Anlage).

3.4 Anforderungen an die Messinstitutionen

(1) Der Arbeitgeber soll nur solche Einrichtungen und Laboratorien (Messinstitutionen) zur Durchführung von Messungen beauftragen, die über geeignetes Personal (mit mikrobiologischer Fachausbildung oder vergleichbarer Ausbildung und umfangreicher, spezifischer Berufserfahrung) und über die erforderliche Labor- und Messausstattung verfügen. Sie sollten nachweisbare Erfahrungen in der Ermittlung und Erfassung lufthygienischer Parameter am Arbeitsplatz, insbesondere in der Anwendung von Luftkeim- und Staubsammelgeräten, im Umgang mit Mikroorganismen und in der qualitativen und quantitativen Bestimmung der jeweils zu untersuchenden Mikroorganismen haben.

(2) Laborleiter von Messinstitutionen müssen über einen mikrobiologisch orientierten, naturwissenschaftlichen, medizinischen oder tiermedizinischen Abschluss sowie ausgewiesene Erfahrungen mit Biostoffmessungen verfügen. Zur Beurteilung der Messergebnisse sind systematische und ökologische Kenntnisse von mikrobiellen Lebensgemeinschaften notwendig.

(3) Eine Messinstitution hat ein Qualitätsmanagementsystem zu betreiben. Informationen dazu enthält z. B. die DIN EN ISO/IEC17025.

(4) Die genannten Anforderungen gelten auch bei der Vergabe von Unteraufträgen, z. B. für Probenahme oder Analytik. Der Hauptauftragnehmer hat die Pflicht, beteiligte Unterauftragnehmer und deren Qualifikation im Untersuchungsbericht zu benennen.