Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Zeitarbeit versus Fremdfirma: Gehen Sie auf Nummer sicher!

Der Einsatz externer Mitarbeiter gehört für viele Firmen zum täglichen Geschäft - sei es für Spezialarbeiten, um Auftragsspitzen abzudecken oder Ausfälle zu kompensieren. Doch der gewonnene Freiraum birgt neue Risiken und rechtliche Problematiken. Bei der Vertragsgestaltung und am Arbeitsplatz gilt es, den Überblick zu behalten.

Leiharbeitnehmer sind eigene Mitarbeiter auf Zeit, das macht auch der synonym verwendete Begriff »Zeitarbeitnehmer« deutlich. Das Geschäftsverhältnis zwischen den Beteiligten wird per Arbeitnehmerüberlassungsvertrag geregelt. Für die Dauer des Einsatzes übernimmt der Entleiher die Fach- und Führungsverantwortung. Er muss seine Zeitarbeitnehmer wie neue Mitarbeiter behandeln und in die entsprechende Abteilung oder das Team integrieren. Das betrifft also auch Maßnahmen der Arbeitssicherheit wie Unterweisungen. Die Personal- und Disziplinarverantwortung verbleibt jedoch beim Verleiher.

Unternehmen, die beispielsweise die Unterschiede zwischen Werk- und Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nicht beachten, müssen mit juristischen Folgen rechnen. Beim verstärkten Einsatz von Leiharbeitnehmern und Fremdfirmen kann es schnell passieren, dass Einzelunternehmer und freie Mitarbeiter ungewollt den Arbeitnehmerstatus erreichen. Man spricht dann von Scheinselbstständigkeit.

Fremdfirmen dagegen erfüllen ihren Auftrag selbstständig. Ihre Tätigkeit auf dem Betriebsgelände des anderen Unternehmens wird durch einen Werk-/Dienstvertrag (oder eine Leistungsvereinbarung) festgelegt. Damit die Arbeitssicherheit gewährleistet ist, muss eine Fremdfirma in die betriebsspezifischen Verhältnisse des Auftraggebers eingewiesen werden. Aber: Für arbeitsvertragliche und personalrechtliche Weisungen ist nach wie vor der Auftragnehmer zuständig, denn er bleibt der Arbeitgeber des zeitweise eingesetzten Personals. Die Mitarbeiter einer Fremdfirma sind also grundsätzlich nur den Weisungen ihres eigenen Chefs unterworfen.

Fürsorge und Verkehrssicherungspflicht

Die Fremdfirma steht für eine fachlich korrekte Ausführung der Tätigkeiten und ein sicheres Arbeitsverhalten ihrer Mitarbeiter gerade. Gemäß seiner Fürsorgepflicht muss der Auftragnehmer auch dafür sorgen, dass seine Mitarbeiter gegen Betriebsgefahren im Verantwortungsbereich des Auftraggebers geschützt sind. Zum Beispiel, indem sie die erforderliche PSA tragen.

Der Auftraggeber wiederum hat im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht Schutzmaßnahmen gegen Gefahren seines Betriebsbereiches zu ergreifen. Er kann der Fremdfirma alle Anweisungen erteilen, die Art und Umfang der werkvertraglich vereinbarten Leistung betreffen. Dazu gehören auch betriebsspezifische Hinweise, insbesondere im Hinblick auf das Sicherheitsverhalten.

Aus dem Geflecht der Verantwortlichkeiten können sich jedoch organisatorische Probleme ergeben. Deshalb empfehlen die Berufsgenossenschaften in ihrem Leitfaden »Einsatz von Fremdpersonal im Unternehmen«.

»Um ein Übergleiten in eine Arbeitnehmerüberlassung und die nicht gewollte Übernahme der Verantwortung als Quasi-Vorgesetzter auszuschließen, sollte der Auftraggeber darauf achten, dass Weisungen jeglicher Art grundsätzlich nur an den Aufsichtführenden der Fremdfirma zu richten sind, der sie dann an seine Mitarbeiter weitergibt.« Ausnahme: Gefahr im Verzug. Bei offensichtlichen Sicherheitsverstößen muss der Auftraggeber eingreifen, unabhängig von der vorrangigen Verantwortung des Auftragnehmers für seine Mitarbeiter.

Achtung: Hohe Unfallrate bei Fremdfirmeneinsatz

Nach Statistiken der Berufsgenossenschaften verunfallen Mitarbeiter von Fremdfirmen im Durchschnitt dreimal häufiger als eigenes Personal. Während die Arbeitsplätze und Risiken auf dem eigenen Betriebsgelände bekannt sind, kann die gleiche Tätigkeit bei einem anderen Unternehmen mit ganz anderen Gefahren verbunden sein.

Besondere Achtsamkeit ist erforderlich, sobald sich Tätigkeiten zeitlich oder räumlich überschneiden - etwa bei übereinander liegenden Arbeitsplätzen mit Gefahren durch herabfallende Gegenstände oder Schweißarbeiten in der Nähe von brennbaren Materialien. Das kommt vor allem zum Tragen, wenn kleinere Baufirmen oder Handwerksbetriebe auf dem Werksgelände großer Konzerne tätig werden, wo oft viele Gewerke nebeneinander operieren.

Hier spielt die Gefährdungsbeurteilung ein große Rolle: Die Tätigkeit der Fremdfirma muss genau in dem Umfeld beurteilt werden, in dem sie auch ausgeübt wird.

Der Fremdfirmenkoordinator

Koordination ist der Schlüssel, um gegenseitige Gefährdungen zu vermeiden, und er liegt in der Hand qualifizierter Personen: Die Funktion des Fremdfirmenkoordinators ist in den einschlägigen Regeln und Vorschriften klar definiert, unter anderem in der BGV A1 „Pflichten des Unternehmers" sowie in der BGI 865 „Einsatz von Fremdfirmen im Rahmen von Werkverträgen". Der Koordinator muss über Kenntnisse der Pflichten des Auftraggebers und des Auftragnehmers verfügen. Sein Aufgabenfeld umfasst neben Fragen der Arbeitssicherheit und des Brandschutzes auch die Gestaltung des jeweiligen Vertrages.

Fremdfirmenkoordinator oder SiGeKo?

Wenn es um Baustellen geht, kommt auch der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) ins Spiel. Er ist jedoch nicht mit dem Fremdfirmenkoordinator zu verwechseln, wie Deckwart bestätigt: Der SiGeKo ist laut Baustellenverordnung bereits für die Planung eines Bauvorhabens und die Aufstellung eines SiGe-Planes ab einer bestimmten Anzahl von Firmen zuständig. Ein Fremdfirmenkoordinator ist immer zu bestellen, wenn Aufträge an externes Personal vergeben werden.

Den Überblick behalten

Wo viel Fremdpersonal beschäftigt wird, kann schnell die Transparenz verloren gehen. Umso wichtiger ist es, das vertragliche Werk im Auge zu behalten und bei Bedarf qualifizierte Koordinatoren einzusetzen. Dieser Beitrag soll einen Überblick bieten, er ersetzt jedoch nicht die juristische Beratung bei individuellen Anliegen.

Autor: Christine Lendt

 

Gesetze und Richtlinien im Überblick

 

 

 

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