Ein Urteil des Sozialgerichts Heilbronn legt fest: Ein Sturz unter Alkoholeinfluss im Anschluss an die Veranstaltung einer mehrtägigen Tagung kann ein Arbeitsunfall sein.
Unfall mit knapp zwei Promille im Blut
In dem vorliegenden Fall hatte ein Betriebsrat aus Stuttgart seinen Sturz bei der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro und Medienerzeugnisse (BG ETEM) als Arbeitsunfall gemeldet. Nach dem ersten Veranstaltungstag in Bad Kissingen hatte er mit anderen Teilnehmern im Rahmen eines informellen Beisammenseins alkoholhaltige Getränke konsumiert und war anschließend auf dem Weg in sein Hotelzimmer gestürzt. Dabei hatte er sich an Kopf und Lunge verletzt. Er wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo unter anderem in seinem Blut ein Promillewert von 1,99 festgestellt wurde. Der 58-Jährige ist nach dem Unfall krankgeschrieben und leidet unter Schmerzen und Konzentrationsdefiziten.
Die BG ETEM lehnte die Anerkennung des Sturzes als Arbeitsunfall und damit die Zahlung der Unfallkosten ab. Der Betriebsrat sei während des Unfalls alkoholisiert und zu dem Zeitpunkt nicht mehr im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit unterwegs gewesen. Der Gang ins Hotelzimmer sei daher kein Arbeitsweg, der Unfall somit kein Arbeitsunfall.
Die Reaktion des Gerichts
Doch das Gericht wertete die Sachlage anders.
Die Richter hielten es für erwiesen, dass der Betroffene bei der geselligen Zusammenkunft dienstliche Themen besprach. Außerdem habe sich der Unfall auf dem Weg in sein Hotelzimmer ereignet. Demzufolge habe sich der Stuttgarter auf seinem Arbeitsweg befunden als er stürzte. Überhaupt könne bei derartigen Events wie bei mehrtätigen Tagungen eine Trennung zwischen Privatem und Beruflichem kaum erfolgen. In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es dazu: »Bei beruflichen Tagungen sei regelmäßig eine klare Trennung zwischen privaten und betrieblichen Belangen nicht möglich. Der Versicherungsschutz sei auch nicht durch den Alkoholkonsum entfallen.«
BG muss Unfallkosten übernehmen
Die Folge: Die BG ETEM muss nun die Kosten für den Arbeitsunfall tragen. Dazu zählen laut Internetseite des Sozialgerichtes Heilbronn »unter bestimmten Voraussetzungen u.a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z.B. eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme oder eine Umschulung) [...], Verletzten-/Übergangsgeld oder eine Verletztenrente«.
Das Aktenzeichen für den geschilderten Fall lautet Az.: S 6 U 1404/13 K.
Quelle/Text: dpa, Redaktion arbeitssicherheit.de
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