Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Schutz vor tätlichen Angriffen

Wer beim Thema Arbeitssicherheit an PSA und Schutzzäune denkt, liegt zwar grundsätzlich richtig - übersieht aber die wachsende Zahl der tätlichen Angriffe auf Mitarbeiter. Was lässt sich dagegen unternehmen bzw. wie lassen sich die Mitarbeiter schützen?


Mitarbeiter, die es erlebt haben, sprechen von einer leidvollen Erfahrung: Tätliche Übergriffe auf Bedienstete oder Angestellte kommen leider öfter vor, als man denkt. Aber was lässt sich dagegen unternehmen? Bei Sicherheitsrisiken durch eine unsichere Maschine ist es noch relativ einfach, diesen durch Schutzzäune und richtige Arbeitskleidung zu begegnen. Aber bei tätlichen Übergriffen ist das Problem wesentlich komplexer. Hier spielen organisatorische, technische und psychologische Faktoren eine Rolle und greifen ineinander.

Wie wirken sich Übergriffe auf den Menschen/Mitarbeiter aus? Zu unterscheiden ist hier zwischen den sogenannten weichen (psychischen) und harten (physischen) Auswirkungen. Die körperlichen (physischen) sind offensichtlich und relativ leicht auszumachen sowie zu behandeln. Die psychischen Folgen wirken sich hingegen häufig

Studie belegt Ausfälle

So wurden in einer Studie Mitarbeiter aus Einrichtungen der Psychiatrie und des Gesundheitswesens nach einem erlittenen Patientenübergriff hinsichtlich der psychischen Folgen befragt. Ergebnisse: In den ersten Wochen nach dem Übergriff erfüllten 17 % der Studienteilnehmer die Kriterien für die Diagnose einer PTBS. Im Verlauf von weiteren zwei bis sechs Monaten sank der Anteil der Betroffenen mit einer PTBS-Diagnose auf 11 %. Noch 1,5 Jahre nach dem Übergriff wurde bei 3 % der Befragten noch das Vollbild einer PTBS festgestellt. Patientenübergriffe können demnach langwierige posttraumatische Belastungsstörungen bei Mitarbeitern psychiatrischer Einrichtungen auslösen. Einrichtungen, in denen solche Vorfälle geschehen, müssen eine adäquate Nachsorge für die betroffenen Mitarbeiter organisieren.

Mögliche Lösungsansätze für mehr Arbeitssicherheit

Es stellen sich also folgende Fragen: Wie kann ich dem begegnen? Wie kann ich regieren, als Betroffener, aber auch als Arbeitgeber? Hier gibt es vorbeugende Maßnahmen, die grundsätzlich zu unterscheiden sind in:

- technische Vorkehrungen: Videoüberwachung, Schutzscheiben oder entsprechende Ausrüstung des Personals (z. B. Elektroschocker),

- personenbezogene Maßnahmen: Anti-Gewalt-Trainings, Schulungen, Mediation, Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungskurse sowie

- organisatorische Maßnahmen: bessere Personalausstattung bzw. mehr Personal einsetzen oder, je nach Örtlichkeit (Bahnhof, Behörde usw.), eine engere Zusammenarbeit zwischen Personal, Polizei und Wachdiensten sowie, wenn möglich, helle, übersichtliche Büroräume mit Blickkontakt zu Kollegen, damit im Falle eines Falles schnell jemand eingreifen/helfen kann.

Sicherheitskonzepte erarbeiten

Oft ist eine Kombination aus technischen und menschlichen Maßnahmen sinnvoll. Ein sich daraus ergebenes Sicherheitskonzept berücksichtigt dann nicht nur alle Arbeitsabläufe, sondern auch die Sicherheit der Mitarbeiter. So kann man z.B. Videokameras und ein Alarmsystem installieren, die Mitarbeiter in Deeskalationstechniken schulen und (notfalls) einen Wachdienst engagieren. Zur Vermeidung von Arbeitsunfällen, zu denen versicherungstechnisch auch die tätlichen Angriffe gehören, haben technische Schutzeinrichtungen meist Vorrang vor organisatorischen oder personellen Maßnahmen. Erfahrungsgemäß sind sie wirksamer, weil ihre Anwendung nicht vom »Faktor Mensch« abhängt, sondern sie automatisch funktionieren.

Hat ein Übergriff stattgefunden, sollte der Arbeitgeber sofort nach dem Vorfall den Betroffenen begleiten und sich um ihn kümmern. Dies gilt selbstverständlich bei körperlichen Verletzungen, aber viel mehr bei einem psychischen Schock. Dessen Schäden sitzen oft viel tiefer und sind längerfristiger als »oberflächliche« Verletzungen. Dazu sollte man sich schon im Vorfeld überlegen, ob innerbetrieblich geschulte Ersthelfer zur Verfügung stehen oder man sich an ein externes Kriseninterventionsteam wendet.

Autor: Guido Matthes

Dies ist eine Kurzfassung: Den vollständigen Artikel finden Sie im arbeitsicherheit.journal (8/2010). Sie interessiert der ganze Artikel? Hier in der Bibliothek anmelden und weiterlesen >>

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