Die Biostoffverordnung ist zum 23. Juli 2013 in Kraft getreten. Arbeitssicherheit.de hat sich die Änderungen noch einmal ausführlich angesehen.
Die Biostoffverordnung gilt für Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffen). Ziel der Verordnung ist der Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten vor Gefährdungen durch diese Tätigkeiten. Zudem regelt sie auch Maßnahmen zum Schutz anderer Personen, soweit diese aufgrund des Verwendens von Biostoffen durch Beschäftigte oder durch Unternehmer ohne Beschäftigte gefährdet werden können.
Die Biostoffverordnung gilt auch für Tätigkeiten, die dem Gentechnikrecht unterliegen, sofern es im Gentechnikrecht keine gleichwertigen oder strengeren Regelungen zum Schutz der Beschäftigten gibt.
Mit der Neufassung der Biostoffverordnung wurde die Richtlinie 2010/32/EU des Rates vom 10. Mai 2010 zur Durchführung der von HOSPEEM (Europäischen Arbeitgebervereinigung für Kliniken und Gesundheitswesen) und EGÖD (Europäischer Gewerkschaftsverband für den öffentlichen Dienst) geschlossenen Rahmenvereinbarung zur Vermeidung von Verletzungen durch scharfe und spitze Instrumente im Krankenhaus- und Gesundheitssektor in nationales Recht umgesetzt. Diese Richtlinie ist auch als sogenannte Nadelstich-Richtlinie gekannt geworden. Zudem wurde die Verordnung an wissenschaftliche und technische Entwicklungen angepasst.
Ziel der Neufassung
Vornehmliches Ziel der Nadelstich-Richtlinie ist es, die Beschäftigten im Gesundheitsdienst vor Infektionen zu schützen, die durch Verletzungen durch gebrauchte spitze oder scharfe medizinische Instrumente entstehen.
Deshalb sieht die neue Biostoffverordnung für Einrichtungen des Gesundheitsdienstes vor, dass scharfe und spitze medizinische Instrumente durch Instrumente zu ersetzen sind, von denen keine oder nur eine geringe Gefahr von Stich- und Schnittverletzungen ausgehen. Diese Vorgabe besteht jedoch nur, sofern dies technisch möglich und zur Infektionsvermeidung erforderlich ist. Diese Abwägung hat im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung (§ 4 Biostoffverordnung) zu erfolgen.
Weitere Arbeitsschutzregelungen betreffen nicht nur Tätigkeiten im Gesundheitsdienst, sondern sollen auch andere Beschäftigte mit vergleichbarer Gefährdung schützen. Darunter fallen zum Beispiel Regelungen zu psychischen Belastungen, zur Arbeitsorganisation oder zur Schaffung eines Sicherheitsbewusstseins (§§ 8 Abs. 2, 14 Biostoffverordnung).
Auch die Definition der Biostoffe (§ 2 Biostoffverordnung) wurde erweitert.
Biostoffe sind Mikroorganismen, Zellkulturen und Endoparasiten einschließlich ihrer gentechnisch veränderten Formen sowie mit Transmissibler Spongiformer Enzephalopathie (TSE) assoziierte Agenzien, die den Menschen durch Infektionen, übertragbare Krankheiten, Toxinbildung, sensibilisierende oder sonstige, die Gesundheit schädigende Wirkungen gefährden können.
Gleichgestellt sind den Biostoffen Ektoparasiten, die beim Menschen eigenständige Erkrankungen verursachen oder sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können sowie technisch hergestellte biologische Einheiten mit neuen Eigenschaften, die den Menschen in gleicher Weise gefährden können wie Biostoffe.
Aufnahme weiterer Gefährdungsarten
Damit wurden zusätzlich zu den bisherigen Gefährdungsarten der Biostoffe (infektiös, sensibilisierend und toxisch) auch sonstige, die Gesundheit schädigende Wirkungen neu aufgenommen. Seine Grundlage hat dies darin, dass Biostoffe auch krebserzeugende und fruchtschädigende Eigenschaften haben können, die die Verordnung auch erfasst soll.
Neu ist auch, dass Ektoparasiten mit schädigenden Wirkungen auf den Menschen sowie technisch hergestellte biologische Stoffe mit ähnlich gefährlichen Eigenschaften den Biostoffen gleichgestellt werden. Aufgenommen wurden sie, da es inzwischen bei der sogenannten synthetischen Biologie solche wissenschaftliche Fortschritte gibt, dass es für erforderlich gehalten wurde.
Mit der neuen Biostoffverordnung wurden nicht gezielte Tätigkeiten außerhalb von Laboratorien, der Versuchstierhaltung, der Biotechnologie oder des Gesundheitsdienstes von der formalen Anforderung der Schutzstufenzuordnung befreit (§§ 5, 6 Biostoffverordnung). In der Vergangenheit hat sich die Schutzstufenzuordnung bei diversen Tätigkeiten mit Biostoffen (z. B. Reinigungs- und Sanierungsarbeiten, Tätigkeiten in der Veterinärmedizin, der Land-, Forst-, Abwasser- und Abfallwirtschaft sowie in Biogasanlagen und Schlachtbetrieben) als wenig praktikabel erwiesen, da hierbei nur Infektionsgefährdungen, nicht aber das sensibilisierende bzw. toxische Potenzial der Biostoffe berücksichtigt wurde, welches bei diesen Tätigkeiten die Gefährdung oft maßgeblich bestimmt.
Fachkundige Erstellung der Gefährdungsbeurteilung
Wie schon bisher muss der Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung fachkundig erstellen (lassen). Gegebenenfalls muss er sich fachkundig beraten lassen.
Die neu aufgenommene Definition zur Fachkunde ermöglicht es, Fachkunde-Anforderungen gemäß der durchzuführenden Aufgabe und der Höhe der Gefährdung festzulegen, so dass es bei einer geringen Gefährdung zu Entlastung kommen kann und bei hohen Gefährdungen diese auch besonders berücksichtig wird.
In die Biostoffverordnung neu aufgenommen wurde, dass der Arbeitgeber bei Tätigkeiten der Schutzstufe 3 oder 4 in Laboratorien, in der Biotechnologie oder in der Versuchstierhaltung sowie bei Tätigkeiten der Schutzstufe 4 im Gesundheitsdienst eine fachkundige Person benennen muss. Ihre Ausgabe ist es, den Arbeitgeber vor allem bei der Gefährdungsbeurteilung, der Kontrolle der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen sowie bei der Unterweisung der Beschäftigten (§ 14 Biostoffverordnung) zu unterstützen.
Neu ist ebenfalls, dass bei Tätigkeiten mit hochpathogenen (potenziell krankmachenden) Biostoffen das Erlaubnisverfahren das Anzeigeverfahren ersetzt.
Aufgrund der Änderungen der Biostoffverordnung wurden auch die Technische Regeln TRBA 400 zur Gefährdungsbeurteilung, TRBA 100 zu Laboratorien und TRBA 250 zum Gesundheitsdienst aktualisiert. Außerdem ist eine neue TRBA zur Fachkunde geplant.
Quelle/Text: arbeitssicherheit.de (AL)
Foto: © Eisenhans - Fotolia.com
Veröffentlichung: Januar 2014
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