Anhang 2 - Ermittlung des Mindestabstandes zu Hochfrequenzsendern
Zu den Sendern, die mit Hochfrequenzenergien auf elektrische Zündanlagen einwirken können, gehören z.B.
ortsfeste Antennenanlagen von Rundfunk- und Fernsehsendern, Mobilfunk- sowie Basisstationen, Amateurfunksender,
mobile Funkanlagen, wie Sendestationen in oder auf Fahrzeugen und Schiffen, in der Regel mit Antennen mit hohem Antennengewinn,
tragbare Sender, wie Handfunkgeräte, Mobiltelefone (Handys).
Eine ungewollte Zündung durch Hochfrequenzsender ist grundsätzlich ausgeschlossen:
- a.
bei Sendern ohne gefährlichen Einfluss auf Zündanlagen,
- b.
durch ausreichenden Sicherheitsabstand zwischen Sender und Zündanlage.
- zu a.
Bei Verwendung von Zündern der Klasse II bzw. Zündern der Klasse IV (U- Zünder bzw. HU- Zünder) und der Einhaltung eines Mindestabstandes von 1 m sind folgende Sender als ungefährlich anzusehen:
Schnurlose Telefone (DECT),
Garagentoröffner,
Pkw-Schließsysteme,
Funkfernsteuerungen mit einer Sendeleistung P < 0,5 W.
Wenn von den folgenden Geräten nur ein Gerät eingesetzt wird, ist dieses ebenfalls bei einem Mindestabstand von 1 m als ungefährlich einzustufen:
Sprechfunkgeräte mit einer Sendeleistung P < 2 W,
Mobiltelefone (GSM-Handys) mit einer Nutzfrequenz f > 500 MHz und einer Sendeleistung P < 2 W.
Sollten bei einer Bauwerksprengung Sprechfunkgeräte und/oder Mobiltelefone räumlich verteilt im oder um das Bauwerk eingesetzt werden und die einzelnen Geräte überschreiten die Sendeleistung von 2 W nicht, sind diese bei einem Sicherheitsabstand von 2 m zu den Bestandteilen der Zündanlage als ungefährlich einzustufen.1
Sind in dem Bereich der Zündanlage bei einer Bauwerkssprengung mehrere Sender mit einer Einzelleistung von mehr als 2 W vorhanden, sind die Ausführungen zu mehreren Sendern (Ziffer 1.2) zu beachten.
Hinweis: Die Sendeleistung kann im Regelfall der technischen Beschreibung entnommen werden. - zu b.
Sind Sender vorhanden, bei denen ein gefährlicher Einfluss auf Zündanlagen nicht ausgeschlossen werden kann, ist ein bestimmter Abstand aS zwischen der Sprenganlage und dem Sender oder den Sendern einzuhalten. Der Abstand der Sprenganlage aS zu einem Sender darf den Mindestabstand aM nicht unterschreiten. Die Berechnung des Mindestabstandes aM ist entsprechend Ziffer 1 bzw. Ziffer 2 durchzuführen. Der Mindestabstand aM darf grundsätzlich 1 m nicht unterschreiten.
Auf eine Berechnung kann bei den zurzeit bekannten Sendern in der Bundesrepublik Deutschland verzichtet werden, wenn folgende Mindestabstände eingehalten sind:
bei Verwendung von Zündern der Klasse II (U-Zündern) Einhaltung eines Mindestabstandes aM von 5.500 m (Maximalwert entsprechend der Tabelle 1 (Ziffer 1.4))
bei Verwendung von Zündern der Klasse IV (HU-Zündern) Einhaltung eines Mindestabstandes aM von 1.815 m (1/3 des Wertes von Zündern der Klasse II, (Ziffer 2))
Sollten die Betrachtungen nicht zu einer eindeutigen Aussage führen, so ist ein Sachverständiger für die Beeinflussung von elektrischen Zündern durch elektromagnetische Wellen einzuschalten.
Ermittlung des Mindestabstandes aM
Die Ermittlung des Mindestabstandes aM kann in Abhängigkeit von der Art der verwendeten Zünder (Klasse II oder IV) mit Hilfe der Tabelle 1 (Ziffer 1.4), mit Hilfe der Formel aus Ziffer 1.5 oder über die zulässige Feldstärke erfolgen.
Bei der Ermittlung des Mindestabstandes aM werden folgende Annahmen zugrunde gelegt:
Verwendung von elektrischen Zündern,
erdbodennahe Verlegung (< 1 m) der Zünder und Zünderdrähte.
Bei Sprengarbeiten unter Tage (z.B. Tunnelvortrieb) sind die Ausbreitungsverhältnisse der elektromagnetischen Wellen und die notwendigen Sicherheitsabstände durch Sachverständige für die Beeinflussung von elektrischen Zündern durch elektromagnetische Wellen zu ermitteln. Alternativ kann bei Sprengarbeiten in diesen Bereichen die Berechnung des Mindestabstandes aM über die zulässige Feldstärke erfolgen (siehe Ziffer 3).
- 1
Ermittlung des Mindestabstandes aMbei Verwendung von Zündern der Klasse II
- 1.1
Vorhandensein eines Senders:
- 1.1.1
Es wird die wirksame Strahlungsleistung EIRP des Senders bestimmt (siehe Ziffer 1.3).
- 1.1.2
Die Bestimmung des Mindestabstandes aM erfolgt mit der Tabelle 1 (siehe Ziffer 1.4). Wenn der ermittelte Mindestabstand aM kleiner ist als der Abstand des Senders aS zu der Sprenganlage, sind keine weiteren Schritte erforderlich.
- 1.1.3
Die Bestimmung des Mindestabstandes aM erfolgt mit der Berechnungsformel aus Ziffer 1.5. Wenn der ermittelte Mindestabstand aM kleiner ist als der Abstand des Senders aS zu der Sprenganlage, sind keine weiteren Schritte erforderlich.
- 1.1.4
Es ist die Einschaltung eines Sachverständigen für die Beeinflussung von elektrischen Zündern durch elektromagnetische Wellen erforderlich.
- 1.2
Vorhandensein mehrerer Sender:
Zuerst werden alle betroffenen Sender erfasst. Sind mehrere gleichstarke Sender (Sender mit Leistungen größer 50 W) vorhanden, bei denen ein gefährlicher Einfluss auf die Zündanlage bzw. Zündanlagen nicht ausgeschlossen werden kann, ist der Mindestabstand dieser Sender zu der Zündanlage auf folgende Weise zu bestimmen:
- 1.2.1
Es wird die wirksame Strahlungsleistung EIRP jedes Senders bestimmt (siehe Ziffer 1.3).
- 1.2.2
Die Bestimmung des Mindestabstandes aM jedes Senders erfolgt mit der Tabelle 1 (siehe Ziffer 1.4). Die Bestimmung des Gesamtmindestabstandes aMST erfolgt mit Hilfe der nachfolgenden Formel:
Wenn der so ermittelte Mindestabstand aMST kleiner ist als jeder Abstand aS zu den einzelnen Sendern, sind keine weiteren Schritte erforderlich.
- 1.2.3
Die Bestimmung des Mindestabstandes aM jedes Senders erfolgt mit der Berechnungsformel aus Ziffer 1.5.
Die Bestimmung des Gesamtmindestabstand aMSR erfolgt dann mit Hilfe der nachfolgenden Formel:
Wenn der so ermittelte Mindestabstand aMSR kleiner ist als jeder Abstand zu den einzelnen Sendern aS, sind keine weiteren Schritte erforderlich.
- 1.2.4
Es ist ein Sachverständiger für die Beeinflussung von elektrischen Zündern durch elektromagnetische Wellen einzuschalten.
- 1.3
Ermittlung der wirksamen Strahlungsleistung EIRP
Bei der Beurteilung der Einwirkung von Hochfrequenzsendern auf elektrische Zündanlagen muss grundsätzlich die wirksame Strahlungsleistung EIRP zu Grunde gelegt werden. Diese errechnet sich aus der Senderausgangsleistung P multipliziert mit dem Antennengewinnfaktor G.
Die Berechnung der wirksamen Strahlungsleistung EIRP ist abhängig von den Sendern, d. h. ob ortsfeste Antennenanlagen oder batteriebetriebene Sendeanlagen bzw. portable Sender vorliegen.
- 1.3.1
Ortsfeste Antennenanlagen/Sender
Die wirksame Strahlungsleistung EIRP errechnet sich aus der Senderausgangsleistung P multipliziert mit dem Antennengewinnfaktor G. Der Antennengewinnfaktor ist abhängig von der Art des Senders, der Form und Ausführung der Sendeantenne und errechnet sich aus dem Antennengewinn g.
EIRP = P × G in Watt (W) P = Ausgangsleistung in Watt (W) G = Antennengewinnfaktor G = 100,1g g = Antennengewinn in Dezibel (dB) Beispiel: Amateurfunksender Frequenz f = 28 MHz Ausgangsleistung P = 750 Watt Antennengewinn g = 3 dB Antennengewinnfaktor G = 2 Wirksame Strahlungsleistung EIRP = 1.500 W - 1.3.2
Mobile Funkanlagen
Die wirksame Strahlungsleistung EIRP errechnet sich aus der Senderausgangsleistung P multipliziert mit dem Antennengewinnfaktor G. Der Antennengewinnfaktor ist abhängig von der Art des Senders, der Form und Ausführung der Sendeantenne und errechnet sich aus dem Antennengewinn g.
EIRP = P × G in Watt (W) P = Ausgangsleistung in Watt (W) G = Antennengewinnfaktor G = 100,1g g = Antennengewinn in Dezibel (dB) Beispiel: LKW-Funkstation Frequenz f = 568 MHz Ausgangsleistung P = 6 Watt Antennengewinn g = 4 dB Antennengewinnfaktor G = 2,5 Wirksame Strahlungsleistung EIRP = 15 W - 1.3.3
Tragbare Sendeanlagen
Für batteriebetriebene handgeführte Sendegeräte (z. B. Sprechfunkgeräte, GSM-Portables) kann die wirksame Strahlungsleistung EIRP i. d. R. gleich der Ausgangsleistung P gesetzt werden. Im Zweifelsfall sollten die Daten des Senders beim Hersteller erfragt werden.
EIRP ≈ P
Beispiel: Hand-Sprechfunkgeräte Frequenz f = 140 MHz Ausgangsleistung P = 4 W Antennengewinn g = 0 Antennengewinnfaktor G = 1 Wirksame Strahlungsleistung EIRP = 4 W - 1.4
Mindestabstand aM als Tabellenwert bei Verwendung von Zündern der Klasse II
Aus der nachfolgenden Tabelle kann der Mindestabstand aM in m in Abhängigkeit von der wirksamen Strahlungsleistung EIRP und der Sendefrequenz f ermittelt werden.
EIRP f > 0,1 - 1,5 MHz > 1,5 - 10 MHz > 10 - 30 MHz > 30 - 100 MHz > 100 - 500 MHz > 500 - 1.000 MHz > 1,0 GHz > 0,1 W bis 0,5 W 2 2 3 2 1 1 1 > 0,5 W bis 1 W 3 3 4 3 1 1 1 > 1 W bis 5 W 6 3 8 5 2 1 1 > 5 W bis 20 W 15 6 15 10 4 1 1 > 20 W bis 100 W 30 15 35 25 8 2 1 > 100 W bis 1 kW 85 40 100 70 30 6 3 > 1 kW bis 10 kW 270 120 330 210 80 20 10 > 10 kW bis 100 kW 850 400 1.000 660 260 60 30 > 100 kW bis 400 kW 1.700 750 2.000 1.320 510 120 60 > 400 kW bis 1 MW 2.600 1.200 3.200 2.100 800 180 95 > 1 MW bis 3 MW 4.500 2.000 5.500 3.610 1.400 310 160 Tabelle 1: Mindestabstand in Abhängigkeit von wirksamer Strahlungsleistung und SendefrequenzBeispiel: Strahlungsleistung EIRP = 500 kW, Sendefrequenz f = 20 MHz. Daraus ergibt sich ein Mindestabstand aM = 3.200 m aus der Tabelle. - 1.5
Berechnung des Mindestabstandes aManhand einer Formel
- 1.5.1
Berechnung des Mindestabstandes aM bei Frequenzen ≤ 30 MHz
Der Mindestabstand aM kann aus folgender Formel berechnet werden
EIRP = Strahlungsleistung in Watt (W)
Beispiel: Strahlungsleistung EIRP = 500 kW.
Daraus ergibt sich ein Mindestabstand aM = 2.121 m.Ist der errechnete Wert geringer als der Tabellenwert, so kann der geringere Wert als Mindestabstand verwendet werden.
- 1.5.2
Berechnung des Mindestabstandes aM bei Frequenzen > 30 MHz
Hat der Sender eine Sendefrequenz von mehr als 30 MHz, kann der Mindestabstand wie folgt berechnet werden:
EIRP = Strahlungsleistung in Watt (W) f = Frequenz in MHz Beispiel: Strahlungsleistung EIRP = 500 kW, Sendefrequenz f = 45 MHz. Daraus ergibt sich ein Mindestabstand aM = 1.414 m. Ist der errechnete Wert geringer als der Tabellenwert, so kann der geringere Wert als Mindestabstand verwendet werden.
- 2
Ermittlung des Mindestabstandes bei Verwendung von Zündern der Klasse IV
Der Mindestabstand für Zünder der Klasse IV kann durch die Multiplikation von aM für Zünder der Klasse II mit 0,33 ermittelt werden.
aM(IV) = 0,33 · aM(II)
- 3
Ermittlung des Mindestabstandes aMüber die zulässige Feldstärke
Sollte die Ermittlung des Sicherheitsabstandes auf elektrische Zündanlagen wegen fehlender oder unsicherer Daten oder aufgrund der Einwirkung von mehreren Hochfrequenzsendern nicht möglich oder schwierig sein, so muss alternativ die Ermittlung des Sicherheitsabstandes über die zünderabhängige zulässige Feldstärke erfolgen.
Bei Sprengarbeiten unter Tage (z.B. Tunnelvortrieb) sind die Ausbreitungsverhältnisse der elektromagnetischen Felder zu berücksichtigen und mit diesem Wissen sind dann die angepassten Sicherheitsabstände durch einen Sachverständigen für die Beeinflussung von elektrischen Zündern durch elektromagnetische Wellen zu bestimmen. Alternativ kann bei Sprengarbeiten unter Tage die Berechnung des Mindestabstandes aM über die zulässige Feldstärke erfolgen.
Die ermittelte elektrische Feldstärke darf in keinem Fall den Wert von 2 V/m bei Zündern der Klasse II und von 5 V/m bei Zündern der Klasse IV überschreiten.
Die Feldstärke kann im Rahmen einer breitbandigen Messung der elektrischen Feldstärke im Bereich der Zündanlage oder durch eine andere geeignete Abschätzung bestimmt werden. Wird bei dieser breitbandigen Messung oder bei der durchgeführten Abschätzung die für die Sprengzünder zulässige Feldstärke überschritten, muss eine frequenzabhängige Messung durchgeführt werden.
Für die frequenzabhängige Messung und die Bewertung der Messergebnisse ist ein Sachverständiger für die Beeinflussung von elektrischen Zündern durch elektromagnetische Wellen einzuschalten. Bei vergleichbaren Randbedingungen kann auf ein exemplarisches Gutachten Bezug genommen werden.
Elektronische Zündsysteme
Bei der Verwendung von elektronischen Zündern sind die für Zünder der Klasse IV erforderlichen Mindestabstände einzuhalten, sofern vom Hersteller keine anderen Angaben zur zulässigen Feldstärke gemacht werden.
Anmerkung: Diese Sonderregelung ergibt sich aus den Randbedingungen aus dem Technical Report, der diesem Anhang zugrunde liegt. In diesem Report sind bestimmte Geometrien für einen Zündkreis vorgegeben, die bei Bauwerksprengungen nicht eingehalten werden können, aber aus sicherheitstechnischer Sicht auch nicht eingehalten werden müssen.